Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft trotz fehlerhafter Rechnung möglich? Das österreichische Gericht wollte nun vom EuGH wissen, ob ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft trotz einer fehlerhaften Rechnung materiell vorliegen kann, und wenn nicht, ob eine nachträglich wirksame Korrektur möglich wäre. Falls eine entsprechende Korrektur möglich wäre, sollte weiterhin geklärt werden, ob es für eine wirksame Berichtigung wichtig ist, dass die korrigierte(n) Rechnung(en) dem Leistungsempfänger zugestellt wird (werden) und ob diese Berichtigung(en) dann eine rückwirkende Wirkung entfalten könnte(n). Der EuGH hat am 8.12.2022 sein Urteil im Fall Luxury Trust Automobil GmbH gegen das österreichische Finanzamt veröffentlicht (C-247/21). Laut EuGH ist für die Anwendung des Dreiecksgeschäftes u.a. Voraussetzung, dass der mittlere Unternehmer in seiner Rechnung auf die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger hinweist. Fehlt dieser Hinweis, liegt ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft und die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den letzten Empfänger nicht vor, was konsequenterweise dazu führt, dass die Transaktionen nach den "üblichen" Regeln eines "normalen" Reihengeschäfts abzuwickeln sind.
Beraterhinweis Laut EuGH ist die Formulierung "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" (oder eine inhaltsgleiche) auf der Rechnung zwingend erforderlich.
Die nach Art. 42 lit. a MwStSystRL erforderliche Rechnungsangabe hinsichtlich der Bestimmung des Leistungsempfängers als Steuerschuldner ist für die Lieferung des Zwischenhändlers (L) an den 3. Unternehmer (M) im EU-Warenbestimmungsland materielle Voraussetzung für die (ordnungsgemäße) Anwendung des Dreieckgeschäfts.
Die Meldung des Dreiecksgeschäfts in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) nach Art. 42 lit. a MwStSystRL hat hingegen nur formelle Wirkung (EuGH-Urt. v. 19.4.2018 – C-580/16 – Firma Hans Bühler, vergleiche insbesondere Rz. 50).
Beraterhinweis Ein Mitgliedstaat kann nicht, ohne über das für die Gewährleistung der korrekten Erhebung der Steuer unbedingt Erforderliche hinauszugehen, die Möglichkeit einer Berichtigung der Zusammenfassenden Meldungen über Dreiecksgeschäfte vorsehen und gleichzeitig dieser Berichtigung die Wirkung nehmen, indem dem Zwischenunternehmer die rückwirkende Anwendung von Art. 42 MwStSystRL versagt wird, wenn er den Nachweis erbringt, dass die materiellen Voraussetzungen erfüllt waren. Um die Nichtbefolgung formeller Anforderungen zu ahnden, können die Mitgliedstaaten jedoch andere Sanktionen als die Versagung der Anwendung von Art. 42 MwStSystRL vorsehen, etwa die Auferlegung einer Geldbuße oder einer finanziellen Sanktion, die in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Verstoßes steht.
Kein Dreiecksgeschäft bei Fehlen einer zwingenden Rechnungsangabe: Der EuGH stellte weiterhin fest, dass die fehlende Angabe auch nicht durch Ergänzung der Formulierung in der Rechnung an den Endkunden (= der dritte Unternehmer M in der Reihe) berichtigt werden könne. Fehlt eine der zwingenden Angaben in der ursprünglichen Rechnung, liegt bereits der Tatbestand eines Dreiecksgeschäftes erst gar nicht vor. Es kann also in Bezug auf erforderliche Rechnungshinweise überhaupt keine Korrektur der Rechnung durch den mittleren Unternehmer L vorgenommen werden.
Vielmehr handelt es sich nach einer erfolgten Korrektur bzw. Ergänzung um eine erstmalige Ausstellung der erforderlichen Rechnung, die aber keine Rückwirkung entfalten kann.