Dass eine Heilung in missglückten Dreiecksgeschäften trotzdem möglich sein sollte, ergibt sich meines Erachtens aus den Schlussanträgen der Generalanwältin.

So führte die Generalanwältin aus, dass die MwStSystRL keine Frist dafür vorsieht, bis wann die Dreiecksgeschäft-Vereinfachungsregelung durch den Zwischenhändler in Anspruch genommen werden kann und dies daher auch noch nachträglich erfolgen könne. Es könne also auch später eine entsprechende korrigierte bzw. ergänzende Rechnung erstellt werden, mit der dann sowohl für den Endkunden als auch für die Finanzverwaltung(en) ersichtlich die Dreiecksgeschäftsregel angewandt werden soll. Etwaige zeitliche Grenzen können sich jedoch aus dem nationalen – lokalen – Verfahrensrecht des EU-Warenbestimmungslandes ergeben, nicht aber aus der MwStSystRL selbst. Dementsprechend könnte mit einer entsprechenden Rechnung, die dem Empfänger immer tatsächlich und nachweislich zugehen muss, die Rechtsfolgen der Vereinfachungsregelung ex nunc ausgelöst werden (Nr. 59 bis 61 der Schlussanträge der Generalanwältin, auf die der EuGH in Rz. 61 Bezug nimmt). Bevor eine nachträgliche Abwicklung der bereits erfolgten Transaktion als Dreiecksgeschäft in die Tat umgesetzt wird, sind unbedingt die lokalen Gesetze der involvierten EU-Mitgliedstaaten zu analysieren – vielleicht scheitert die gewünschte Umsetzung an lokalen Restriktionen.

Beraterhinweis Bei einem Dreiecksgeschäft handelt es sich nach dem Wortlaut des Art. 42 der MwStSystRL um eine Ausnahme und die Anwendung dieser Ausnahme hängt zwingend vom kumulativen Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 42 lit. a und b MwStSystRL ab. D.h. der mittlere Unternehmer entscheidet selbst durch sein aktives Tun über die von ihm gewünschte Anwendung des Dreiecksgeschäftes. Eine fehlerhafte Umsetzung muss sich der Zwischenhändler anrechnen lassen.

Insoweit hat der mittlere Unternehmer auch sämtliche Voraussetzungen einzuhalten und muss demnach gegenüber dem Rechnungsadressaten das Dreiecksgeschäft eindeutig kommunizieren, insbesondere durch Aufdruck der Rechnungshinweise "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" und "innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft" (oder inhaltsgleiche Formulierungen). Andernfalls wäre der Rechnungsadressat aus einer umsatzsteuerlichen Perspektive über die rechtliche Bewertung des Umsatzes nicht korrekt und umfassend informiert, und die Abführung der entstandenen Umsatzsteuer wäre dann nicht gewährleistet.

Die letzte an ihn gerichtete Frage brauchte der EuGH aufgrund der bereits erteilten Antworten nicht mehr beantworten.

Der EuGH kommt, wie bereits erörtert, zu dem Schluss, dass die bloße Angabe "steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft" in einer Rechnung nicht ausreicht, um eine Steuerschuldverlagerung i.S.d. Art. 197 MwStSystRL zu kommunizieren. Für die geforderte Kommunikation gegenüber dem Endkunden über die Steuerschuldverlagerung im EU-Warenbestimmungsland ist die entsprechende Angabe nach Art. 226 Nr. 11a MwStSystRL ("Steuerschuldverlagerung") zwingend. Außerdem kann eine Rechnung, bei der diese Angabe fehlt, nicht später durch Ergänzung dieser mit Rückwirkung berichtigt werden.

Konkret resultieren für den Zwischenhändler bei "verunglückten Dreiecksgeschäften" die u.a. Folgen in dem EU-Mitgliedstaat, dessen USt-IdNr. der Zwischenhändler verwendet hatte:

  1. Der Zwischenhändler hat die Erwerbsteuer in dem EU-Staat abzuführen, mit dessen USt-IdNr. er aufgetreten ist, sofern diese USt-IdNr. nicht vom EU-Staat des Warenbestimmungslandes vergeben wurde.
  2. Diese abgeführte Erwerbsteuer darf durch den Zwischenhändler nicht als Vorsteuer geltend gemacht werden.

(Weitere) Folgen für den Zwischenhändler im EU-Warenbestimmungsland:

  3. Der Zwischenhändler hat sich trotz o.a. Folgen (Punkte 1. und 2.) gemäß den gesetzlichen Vorgaben im EU-Warenbestimmungsland für umsatzsteuerliche Zwecke zu registrieren.
  4. Nach erfolgter Registrierung des Zwischenhändlers hat dieser im Warenbestimmungsland Erwerbsteuer anzumelden und kann in der Regel korrespondierend Vorsteuer in gleicher Höhe geltend machen.
  5. Hinsichtlich der lokalen Lieferung des Zwischenhändlers an den Endkunden ist vom Zwischenhändler lokale Umsatzsteuer abzuführen, sofern für diese Lieferung das Reverse Charge-Verfahren laut lokalem UStG nicht vorgesehen ist.

Mögliche "Heilung" – vorbehaltlich des nachfolgenden Beraterhinweises

  6. Die "Heilung" eines verunglückten Dreiecksgeschäfts ist grundsätzlich möglich.
 

7. Bei einer ordnungsgemäß durchgeführten "Heilung" aufgrund nachweisbarer Maßnahmen (Punkte 3. bis 5.), können die Regelungen des dann (grundsätzlich) vorliegenden Dreiecksgeschäftes ex nun Anwendung finden.

  • Umsatzsteuerliche Registrierung im EU-Warenbestimmungsland
  • Abführung der Erwerbsteuer im EU-Warenbestimmungsland
  • Korrekte Besteuerung der lokalen Lieferung (Zwischenhändler an Endkunden)
  8. Der EU-Mitgliedstaat, dessen USt-IdNr. der Zwischenhändler (zunächst) fälschlicherweise verwendet hatte, hat dem Zwischenhändler die abgeführt...

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