Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz sind die Anwendungsfälle zur Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger (Reverse-Charge-Verfahrens) ausgeweitet worden. Unter das Reverse-Charge-Verfahren fällt neben der Lieferung von Gas, Strom, Fernwärme und -kälte durch einen ausländischen Unternehmer jetzt auch die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz sowie von Elektrizität durch einen inländischen Unternehmer, wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind:
- Bei der Lieferung von Erdgas schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, der Lieferungen von Erdgas erbringt.
- Bei der Lieferung von Elektrizität schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn der liefernde Unternehmer und der Leistungsempfänger Wiederverkäufer von Elektrizität i. S. d. § 3g UStG sind.
Insbesondere die Lieferung von Strom durch einen inländischen Stromerzeuger (z. B. dem Betreiber einer Photovoltaikanlage) unterliegt nicht dem Reverse-Charge-Verfahren.
Die Neuregelung trat aber nicht schon mit Verkündung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes in Kraft, sondern erst zu Beginn des 2. Monats, der dem Tag der Veröffentlichung der Änderung der MwStSystRL folgte, mit der diese Regelung unionsrechtlich abgesichert wurde. Am 26.7.2013 ist eine entsprechende Änderung der MwStSystRL im Hinblick auf eine fakultative und zeitweilige Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens auf Lieferungen bestimmter betrugsanfälliger Gegenstände und Dienstleistungen veröffentlicht worden, sodass die Neuregelung zum Reverse-Charge-Verfahren zum 1.9.2013 in Kraft treten konnte.
Die Finanzverwaltung passt aus diesem Grund den Vordruck zur Voranmeldung für die Voranmeldungszeiträume ab September 2013 an. Folgende Anpassungen sind vorgenommen worden:
- Die vom Leistungsempfänger für Lieferungen von Gas, Elektrizität, Fernwärme oder Fernkälte eines im Ausland ansässigen Unternehmers geschuldete Umsatzsteuer ist in Zeile 49 zur Kennziffer 52 und 53 anzugeben.
- Die vom Leistungsempfänger für Lieferungen von Gas oder Elektrizität eines im Inland ansässigen Unternehmers geschuldete Umsatzsteuer ist in Zeile 52 zur Kennziffer 84 und 85 anzugeben.
- Der leistende Unternehmer (sowohl der inländische als auch der ausländische Unternehmer) muss die von ihm ausgeführte Lieferung in der Zeile 40 zur Kennziffer 60 angeben.
Konsequenzen für die Praxis
Für alle Voranmeldungen, die ab dem Voranmeldungszeitraum September 2013 bzw. dem 3. Quartal 2013 abzugeben sind, ist der neue Vordruck zu verwenden bzw. sind entsprechende Erfassungsmasken zu verwenden. Soweit die Voranmeldung über Elster abgegeben wird, wird die Finanzverwaltung rechtzeitig das entsprechende Formular einstellen.
Voranmeldungen sind elektronisch und seit 2013 auch authentifiziert zu übertragen. Im August 2013 ist eine Übergangsregelung ausgelaufen, nach der es nicht beanstandet wurde, dass die Voranmeldung nicht authentifiziert übertragen wurde.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 1.8.2013, IV D 3 – S 7344/12/10002, BStBl 2013 I S. 965