In der Rspr. ist die Abgrenzung des Zweckbetriebs ein Dauerthema, wie schon in den Jahren 2021 und 2022. Die BFH-Rspr. entwickelt sich nicht unbedingt zugunsten gemeinnütziger Körperschaften. Die schon an anderer Stelle erwähnte Konkurrentenklage fördert häufig Schwachstellen des Zweckbetriebs zutage und gefährdet die Steuervorteile der gemeinnützigen Körperschaften.
a) Beschäftigungsgesellschaft mit hohen Gewinnen (BFH v. 18.8.2022 – V R 49/19)
Dem Urteil des BFH v. 18.8.2022 – V R 49/19, BStBl. II 2023, 298 = AOStB 2023 64 [Marfels], lag eine Klage einer Dienstleistungsgesellschaft zugrunde, die textile Vollversorgung von Krankenhäusern und Seniorenheimen mit Mietwäsche betreibt. Beigeladene war die wegen Förderung des Wohlfahrtswesens gem. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 AO als gemeinnützig anerkannte GmbH, deren alleiniger Gesellschafter ein Verein ist. Die Beigeladene versteht sich als Inklusionsbetrieb und richtet sich an schwer vermittelbare Arbeitslose und spricht mit ihren Kontakt- und Betreuungsangeboten mit integrativem Charakter Jugendliche und Erwachsene mit Behinderung an. Als alleinige Gesellschafterin wird sowohl eine GmbH für die Bereitstellung von Miet-Textilien als auch eine gGmbH als Wäschereibetrieb von der Beigeladenen betrieben. In den Streitjahren 2012 und 2013 wurde u.a. eine Großwäscherei betrieben. Zusammen mit den Tochtergesellschaften wurden Leistungspakete angeboten. Die Gewinne der gewerblichen GmbH sollten den Wäschereibetrieb als Zweckbetrieb absichern. Die Wäscherei ihrerseits erwirtschaftete selbst erhebliche Gewinne.
Die nicht steuerlich begünstigte Klägerin griff als unmittelbare Konkurrentin die steuerliche Behandlung der Beigeladenen an mit der Begründung, die gGmbH nehme aufgrund ihrer Nichtbesteuerung eine marktverdrängende Position ein, was in der ersten Instanz Erfolg beim FG Düsseldorf hatte (FG Düsseldorf v. 3.9.2019 – 6 K 3315/17 K,G, EFG 2020, 65). Das Ausgangsgericht lehnte die Zweckbetriebseigenschaft gem. § 65 AO mit der Begründung ab, es sei nicht zu erkennen, dass Jahresüberschüsse in der erzielten Größenordnung zur Finanzierung der gemeinnützigen Tätigkeit benötigt würden. Außerdem führe das enge Zusammenwirken der Tochtergesellschaften, also der gewerblichen mit der gGmbH, dazu, dass die Gewerblichkeit auf die Muttergesellschaft abfärbe, was bereits der Gemeinnützigkeit entgegenstehe.
Der BFH bejahte zwar die Zulässigkeit der Konkurrentenklage, die Höhe der erzielten Gewinne des Zweckbetriebs der Wäscher hielt er jedoch für unschädlich. Er verwies auf § 66 Abs. 2 Satz 1 AO, wonach Einrichtungen der Wohlfahrtspflege nicht des Erwerbs wegen ausgeübt werden dürfen. Dieser Rechtsgedanke sei nicht ohne Weiteres übertragbar auf die Definition des allgemeinen Zweckbetriebs. Im Ergebnis sei nicht die Höhe der erzielten Gewinne, sondern die Art der Gewinnverwendung entscheidend. Werden Gewinne zur Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke eingesetzt, sei darin der erforderliche "Opferwille" zu erkennen.
Beraterhinweis Eine Gewinnlosigkeit des steuerbegünstigten Zweckbetriebs wird nicht verlangt. Im Gegenteil: das Wirtschaften nach dem Kostendeckungsprinzip an sich stelle eine vermeidbare Wettbewerbsbeeinträchtigung dar, sofern nicht ein vorrangiges Allgemeininteresse bestehe. Hieraus lässt sich ableiten, dass die Erhebung eines Gewinnaufschlags gerade ein Argument für die Zuordnung der jeweiligen Tätigkeit zum Zweckbetrieb sein kann und nicht dagegen, vgl. Strahl, npoR 2023, 303, 307.
b) Verkauf von Hilfsmitteln für Blinde (BFH v. 17.11.2022 – V R 12/20)
Mittels Konkurrentenklage wandte sich ein gewerblicher Mitbewerber gegen einen gemeinnützigen Verein, dessen Zweck die Erhaltung und Verbesserung der sozialen Stellung und der medizinischen Versorgung von blinden und sehbehinderten Menschen ist. Beide vertreiben Waren für blinde und sehbehinderte Menschen. Der Verein vertreibt die Waren i.R. eines Zweckbetriebs und verlangt den ermäßigten Umsatzsteuersatz. Der BFH entschied nicht in der Sache und verwies an das FG zurück (BFH v. 17.11.2022 – V R 12/20, BStBl. II 2023, 367 = UStB 2023, 103 [Fritsch]). Der Umfang des wirtschaftlichen Zweckbetriebs bzw. des Zweckbetriebs sei zu weit gezogen worden, indem nicht nur die entgeltliche Handelstätigkeit einbezogen wurde, sondern auch die unentgeltliche Erbringung von Beratungsleistungen an Blinde. Der Zweckbetrieb ist daher i.R. einer Gesamtschau dahingehend zu beurteilen, ob er dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen. Die neben dem Verkauf der Blindenhilfsmittel besondere fürsorgeorientierte Hilfestellung müsse im Vordergrund stehen. Auch die anlässlich eines unentgeltlichen Kursangebots des Vereins erfolgte Verkaufstätigkeit könne die Einstufung als Zweckbetrieb rechtfertigen.
Beraterhinweis Die Entscheidung beinhaltet auch Ausführungen speziell zur umsatzsteuerlichen Begünstigung des Vereins, die auch als Gegenstand des WtCG ihren Niederschlag bei den Änderungen zu § 12 Abs. 2 Nr. 8a UstG gefunden hat (s.o. unter III. 2.).
c) Transport von Blut, ermäßigter Umsatzsteuersatz (BFH v. 5.4.2023 – V R 14/22)
Die Versagung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes war auch Gegenstand des BFH-Urteils v. 5.4.2023 – V R 14/22, UR 20...