[Ohne Titel]
Yvonne Gallus, RAin
Der Gesetzgeber ist bisher der Notwendigkeit Neuerungen im Gemeinnützigkeitsrecht voranzutreiben, die sich in rechtlicher Hinsicht aus den Vorgaben auf europäischer Ebene und der BFH-Rspr. ergeben, nicht umfassend nachgekommen. Insbesondere steht die Ampel-Koalition noch im Wort aufgrund ihres Koalitionsvertrags aus dem Jahr 2021, der Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht versprach. Dieses offene Versprechen hat die EU-Kommission in ihrem Bericht zu Rechtsstaatlichkeit der Mitgliedsstaaten vom 5.7.2023 angemahnt, nachdem sie bereits mit ihrem Bericht aus dem Jahr 2022 selbiges eingefordert hatte. Einen "Neustart Gemeinnützigkeit" fordert auch der Bundesverband Deutscher Stiftungen mit seiner Pressemitteilung vom 16.1.2024. Der Beitrag setzt die Betrachtung der laufenden Veränderungen im Gemeinnützigkeitsrecht (vgl. Gallus, ErbStB 2022, 23) fort und stellt die Entwicklungen des vergangenen Zeitraums dar.
I. Einleitung
Dieser Beitrag setzt die Betrachtung der laufenden Veränderungen im Gemeinnützigkeitsrecht fort, vgl. Gallus, ErbStB 2022, 23. Der Gesetzgeber ist gehalten, notwendige Neuerungen voranzutreiben. Diese Notwendigkeit ergibt sich in rechtlicher Hinsicht aus den Vorgaben auf europäischer Ebene und der BFH-Rspr. Leider ist zu konstatieren, dass der Gesetzgeber bislang i.Erg. weit hinter seinen eigens gesetzten Zielen zurückbleibt. Insbesondere steht die Ampel-Koalition noch im Wort aufgrund ihres Koalitionsvertrags aus dem Jahr 2021, der Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht versprach:
"Wir modernisieren das Gemeinnützigkeitsrecht, um der entstandenen Unsicherheit nach der Gemeinnützigkeitsrechtsprechung des Bundesfinanzhofes entgegenzuwirken und konkretisieren und ergänzen gegebenenfalls hierzu auch die einzelnen Gemeinnützigkeitszwecke", vgl. S. 93 des Koalitionsvertrags "Mehr Fortschritt wagen".
Dieses offene Versprechen hat die EU-Kommission in ihrem Bericht zu Rechtsstaatlichkeit der Mitgliedsstaaten vom 5.7.2023 angemahnt, nachdem sie bereits mit ihrem Bericht aus dem Jahr 2022 selbiges eingefordert hatte. Hervorgehoben wird das Risiko des Verlusts des Status der Gemeinnützigkeit, das sich aufgrund des Gebots der politischen Neutralität ergibt. Die Einhaltung politischer Grenzen hatte der BFH bereits mit Urt. v. 20.3.2017 konturiert, vgl. BFH v. 20.3.2017 – X R 13/15, BStBl. II 2017, 1110 = ErbStB 2017, 338 [Günther].
Einen "Neustart Gemeinnützigkeit" fordert auch der Bundesverband Deutscher Stiftungen mit seiner Pressemitteilung vom 16.1.2024 (abrufbar unter Pressemitteilungen | Neustart Gemeinnützigkeit – Für mehr Rechtssicherheit und Bürokratieabbau im Dritten Sektor | Bundesverband Deutscher Stiftungen [Abrufdatum: 14.6.2024]). Kernforderungen beziehen sich auf die Entlastung von Bürokratie und Haftungsrisiken sowie den Abbau steuerlicher Hürden für Sachspenden.
II. Relevante aktuelle Gesetzgebungsverfahren
Einen großen Aufschlag versuchte der Gesetzgeber mittels des JStG 2023, das aber nicht vor der Jahresgrenze realisiert werden konnte. Das Wachstumschancengesetz (WtCG) bezweckt nach seinem Titel die Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovationen sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness. Es wurde im Jahr 2023 viel diskutiert und erst nach Einschaltung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat verabschiedet und am 28.3.2024 verkündet, BGBl. I 2024, 108. Ursprünglich wurden im RegE bspw. auch eine Klimaschutz-Investitionsprämie vorgesehen, die der Kritik, des Finanzausschusses des Bundesrats nicht standhielten. Die Entscheidung des BVerfG v. 15.11.2023 – 2 BvF 1/22, WM 2023, 2236 über die Nichtigkeit des zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021, mit dem die Bundesregierung Corona-Mittel zugunsten des Klimafonds umwidmen wollte, führte u.a. auch zur Verschlankung des WtCG.
Diverse Änderungen, die im Jahr 2023 umgesetzt werden mussten, die sich aber aufgrund der Anrufung des Vermittlungsausschusses verzögerten, verlagerte der Gesetzgeber vom WtCG in das Kreditzweitmarktförderungsgesetz v. 29.12.2023, BGBl. I 2023, 411, so dass diese Änderungen ab dem 1.1.2024 in Kraft getreten sind. Grund hierfür waren die notwendigen Änderungen, die sich im Zuge des am 10.8.2021 verkündeten Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), BGBl. I 2023, 3436, ergaben (s. hierzu unten IV.). Die Reform des Rechts der Personengesellschaften ist somit ab dem Jahr 2024 umzusetzen.
III. Wachstumschancengesetz (WtCG)
Von dem RegE zum WtCG (BR-Drucks. 433/23 v. 8.9.2023), wurden nur Teilbereiche auch kodifiziert. Das Gesetz ist am 28.3.2024 in Kraft getreten (BGBl. I 2024, 108).
Für das Gemeinnützigkeitsrecht relevant sind vor allem
Ergänzend werden weitere Regelungen im neuen WtCG aufgeführt.
1. Gleichbehandlung ausländischer gemeinnütziger Organisationen im KStG
Der Gesetzgeber entlastet ausländische gemeinnützige Organisationen. Die Befr...