Mit Urt. v. 16.11.2022 – X R 17/20, BStBl. II 2023, 484 = ErbStB 2023, 167 [Schwetlik], entschied der BFH in der Hauptsache zur Bewertung einer Sachspende in Gestalt eine stark disquotal ausgestalteten GmbH-Anteils. Für das Gemeinnützigkeitsrecht hervorzuheben ist an dieser Stelle aber der formale Aspekt der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen. In dem angegriffenen Urteil des FG fehlten maßgebliche Tatsachenfeststellungen. Hintergrund war die (Fehl-)Einschätzung des Klägers, das FA habe den Sachverhalt vorzutragen und über seine Motivation und Absprachen, auf die es im Streitfall ankam, müsse er sich nicht erklären. Der BFH entlastete insofern das FA, indem er konkretisierte, wie sich die Feststellungslast im Hinblick auf die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen verteilt. Danach ist folgendes zu beachten: Grundsätzlich trägt das FA die Feststellungslast für den Wegfall des Vertrauensschutzes. Dieser wird zunächst vermutet.
Der BFH unterstrich sodann, dass im finanzgerichtlichen Verfahren der Grundsatz der ordnungsgemäßen Sachaufklärung gilt. Ist der Sachverhalt aber deshalb nicht aufklärbar, weil ein Beteiligter seine Mitwirkungspflichten verletzt, ist eine Reduzierung des Beweismaßes zu Lasten des nicht Mitwirkenden vorzunehmen. Das FG braucht sich dann keine volle Überzeugung über Tatsachen – hier betreffend die Voraussetzungen über den Wegfall des Vertrauensschutzes – zu bilden, sondern darf auch Sachverhaltsunterstellungen vornehmen.
Geht es um Tatsachen, die sich ausschließlich in der Sphäre eines Beteiligten ereignet haben, zu denen der feststellungsbelastete Beteiligte keinen Zugang hat, ist dann auch der nicht feststellungsbelastete Beteiligte zur Mitwirkung verpflichtet. Der Standpunkt des Steuerpflichtigen, er müsse keine Tatsachen liefern, ist dann fatal. In dieser Konstellation gilt dieselbe sekundäre Darlegungslast wie im Zivilprozess.
Handelt es sich um eine tatsächlich nicht aufklärbare Sachverhaltskonstellation, in der keinem der Beteiligten eine Verletzung seiner Mitwirkungspflichten vorwerfbar ist, bleibt es bei den vor den FG sonst üblichen Regeln der Feststellungslast.
Beraterhinweis Für den Vertrauensschutz kommt es darauf an, dass dem Steuerpflichtigen keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Im entschiedenen Fall handelte es sich um einen erfolgreichen Unternehmer, der auch Steuerberater war. Der BFH zog dessen individuellen persönlichen Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten in Betracht und gab ihm auf, im Verlauf der Zurückweisung an das FG substantiiert vorzutreten, andernfalls müsse er die Absenkung des Beweismaßes hinnehmen.
Service: Gallus, Das BMF-Schreiben v. 6.8.2021 zur Gemeinnützigkeitsreform, ErbStB 2022, 23; Gallus, Neue Entwicklungen im Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrecht, ErbStB 2021, 285; Gallus, Überblick zum Gemeinnützigkeitsrecht und aktuelle Entwicklungen, ErbStB 2018, 120 abrufbar unter steuerberater-center.de