Leitsatz
Eine Werkzeugmaschine wird nicht bereits durch das Einschalten in Gebrauch genommen ("Leerlaufbetrieb"), sondern erst dadurch, dass mit ihr Gegenstände bearbeitet werden.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 S. 1 InvZulG 1999
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine metallverarbeitende GmbH, die für eine Ende 2002 gelieferte Drehmaschine InvZul beantragte. Bei einer Augenscheinseinnahme ermittelte das FA, dass die Maschine ein Typenschild des Jahres 2001 besaß und im Dezember 2002 bei 295 Betriebsstunden eine Ingangsetzung und Personaleinweisung protokolliert worden war. Die Zulage wurde daraufhin versagt. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das FG entschied, nach einem unschädlichen viertägigen Dauertest und einem ebenso unschädlichen Anfahren der Maschine zum Erhalt der Funktionsfähigkeit und für Probeläufe des Käufers verblieben etwa 175 Betriebsstunden (FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.12.2007, 1 K 379/05, Haufe-Index 1965870, EFG 2008, 882). Ob die Maschine mechanisch in Gang gesetzt worden sei, könne offen bleiben, denn bereits die Nutzung des elektronischen Teils bewirke eine zulagenschädliche Ingebrauchnahme. Die Neuheit werde durch eine Ingebrauchnahme bereits dann beseitigt, wenn diese nur Teilfunktionen des Wirtschaftsgutes betreffe.
Entscheidung
Der BFH zeigte sich großzügiger und widersprach dem FG. Im zweiten Rechtsgang hat das FG nun zu prüfen, ob die Maschine einen (nicht völlig unerheblichen) "Vollbetrieb" erreicht hat. Die Feststellungslast für die Voraussetzungen der Neuheit trägt die Klägerin.
Hinweis
1. Das InvZulG fördert Investitionen in neue bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Die Beschränkung auf neue Wirtschaftsgüter soll einerseits die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebsstätten im Fördergebiet verbessern und andererseits ausschließen, dass mehrere Personen die Fördervoraussetzungen erfüllen.
2. Eine Sache verliert ihre Neuheit, wenn sie benutzt oder sonst in Gebrauch genommen oder auf andere Weise verwendet wird. Unschädlich sind aber Erprobungen, Ingangsetzen zur Herstellung und zum Erhalt der Funktionsfähigkeit sowie (vereinzelte und kurze?) Vorführungen für potenzielle Kunden. In der Praxis wird vielfach ein "Graubereich" verbleiben, der nach wertender Betrachtung des Einzelfalls verlangt. Der Gesetzeszweck wird jedenfalls auch bei einer eher großzügigen Prüfung gewahrt. Grundsätzlich geklärt ist nun, dass die Nutzung von Teilfunktionen einer multifunktionalen Maschine deren Neuheit nur beseitigt, wenn damit wenigstens einer ihrer Zwecke erfüllt wird.
Andere Rechtsgebiete verwenden andere Kriterien, so wird z.B. die Fabrikneuheit eines Neuwagens im Kaufvertragsrecht bereits durch eine mehr als einjährige Lagerzeit beseitigt.
3. Die frühere Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Anlagevermögen eines anderen Betriebs steht der Neuheit ebenfalls entgegen. Insoweit ist noch nicht entschieden, ob es für die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen, z.B. des Herstellers oder Verkäufers, auf dessen Buchung oder auf die bilanziell richtige Beurteilung ankommt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 07.04.2011, III R 13/08BFH, Urteil vom 07.04.2011 – III R 13/08