Argumente gegen Auffassung d. Finanzverwaltung: Das BMF versagt die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung, wenn der meldepflichtige Unternehmer die ZM nicht fristgerecht abgegeben hat. Die nachfolgenden Argumente stehen dieser Auffassung entgegen.
a) Wortlaut von § 4 Nr. 1 Buchst. b Halbs. 2 UStG
Vergleicht man den Wortlaut von § 4 Nr. 1 Buchst. b S. 1 Halbs. 2 UStG mit dem des UStAE, fällt hier bereits auf, dass beide nicht deckungsgleich sind. Während das BMF die Steuerbefreiung versagen möchte, sobald der Unternehmer die ZM nicht fristgerecht abgegeben hat, spricht der neue Gesetzeswortlaut davon, dass der Unternehmer der Pflicht "nicht nachgekommen ist". Der Unterschied zwischen beiden Formulierungen wird deutlich, wenn man diese in einem zeitlichen Kontext betrachtet.
Die Abgabefrist der ZM ist der 25. Tag nach Ablauf des jeweiligen Meldezeitraums. Übermittelt ein Unternehmer eine ZM nicht fristgerecht, hat dieser – zunächst – selbstredend keine ZM abgegeben. Dies heißt aber nicht zwangsläufig, dass der Unternehmer auch seiner Pflicht zur Abgabe einer ZM abschließend nicht nachgekommen ist i.S.d. § 4 Nr. 1 Buchst. b S. 1 Halbs. 2 UStG. Die Abgabeverpflichtung der ZM besteht nämlich unabhängig davon fort, also auch dann, wenn der Unternehmer eigentlich die Frist hierfür versäumt hat. Sprich, selbst nach Ablauf der Abgabefrist muss der Unternehmer trotzdem eine ordnungsgemäße ZM übermitteln, sofern er grundsätzlich meldepflichtig ist. Der genannte zeitliche Unterschied zwischen einer verfristeten ZM und einer nicht nachgekommenen Pflicht wird auch in § 26a Abs. 2 Nr. 5 UStG deutlich.
Differenzierung zwischen "nicht abgegeben" und "nicht nachgekommen": Sofern der Unternehmer seiner Abgabepflicht nicht nachgekommen ist, erfüllt dies grundsätzlich den objektiven Tatbestand des § 26a Abs. 2 Nr. 5 UStG. Hierbei differenziert die genannte Bußgeldnorm ebenfalls zwischen einer nicht abgegebenen ZM (1. Variante) – man könnte auch von einer nicht nachgekommenen Pflicht sprechen – und einer nicht fristgerechten ZM (4. Variante). Diese Differenzierung muss m.E. auch im Zusammenhang mit § 4 Nr. 1 Buchst. b S. 1 Halbs. 2 UStG berücksichtigt werden, da der Gesetzgeber auch die Bußgeldnormen mit der Implementierung der Quick Fixes neu gefasst hat.
Entsprechend ist bereits nach dem Wortlaut von § 4 Nr. 1 Buchst. b S. 1 Halbs. 2 UStG ersichtlich, dass eine verfristete ZM nicht deckungsgleich mit einer nicht nachgekommenen Abgabeverpflichtung ist. Im Ergebnis interpretiert das BMF den Wortlaut des § 4 Nr. 1 Buchst. b S. 1 UStG und die damit verbundene Versagung der Steuerbefreiung – zu Lasten des Unternehmers – weiter.
b) Richtlinienwortlaut von Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL
Neben dem deutschen Wortlaut ist auch auf den Richtlinienwortlaut von Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL einzugehen. Nach dem Richtlinienwortlaut wird die Steuerbefreiung versagt, wenn der Lieferer
Die Verweise auf die Art. 262, 263 und 264 MwStSystRL lassen sich m.E. wie folgt i.R.v. Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL umschreiben:
Im Richtlinienwortlaut befindet sich allerdings noch der Zusatz, dass der Lieferer das "Versäumnis zur Zufriedenheit der zuständigen Behörden ordnungsgemäß begründen" kann. Bezogen auf die genannten drei Fallkonstellationen sieht also auch der Richtlinienwortlaut konkret vor, dass die ZM im Einzelfall, bei entsprechender Begründung, sogar entbehrlich sein kann und die Steuerbefreiung dennoch Anwendung findet. Entsprechend sieht auch der Richtlinienwortlaut Konstellationen vor, in denen die verfristete Abgabe der ZM nicht automatisch zum Entfallen der Steuerbefreiung führt.
c) Die ZM als bloße formelle Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer ig. Lieferung
Seit der Aufwertung der ZM durch die Quick Fixes wird nahezu einhellig vertreten, dass die ZM nun eine materielle Voraussetzung für die Steuerbefreiung sei. In Abgrenzung hierzu sprechen sich Connemann / Meyer-Burow mit Verweis auf den Richtlinienwortlaut von Ar...