Entscheidungsstichwort (Thema)
Befangenheitsantrag gegen Einzelrichter
Leitsatz (redaktionell)
- Wird der Einzelrichter, dem der Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen worden ist, als befangen abgelehnt, so hat grds. der FG-Senat, dem der abgelehnte Richter angehört, als Kollegialgericht über das Ablehnungsgesuch zu entscheiden.
- Ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters kann nicht daraus hergeleitet werden, dass sich dieser eine Meinung über die Rechtslage und den Verfahrensausgang gebildet hat. Denn aus der Pflicht des Gerichts zur Prozessförderung ergibt sich ein Recht des Richters, gegenüber den Beteiligten eine vorläufige Meinung über den zu erwartenden Prozessausgang zu äußern.
- Hat sich ein Richter als Berichterstatter vor dem Abschluss der mündlichen Verhandlung eine vorläufige Meinung über den – für den Kl. ungünstigen – Ausgang des Klageverfahrens gebildet, diese dem Kl. bekannt gegeben und damit die Bitte verbunden, eine Klagerücknahme zu erwägen, so reicht das für eine Ablehnung nicht aus. Nämliches gilt für die Anforderung von Unterlagen.
Normenkette
FGO § 51 Abs. 1; ZPO § 42 Abs. 2
Tatbestand
Die als Rechtsanwältin tätige Klägerin wendet sich im vorliegenden Klageverfahren gegen die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung. Zur Begründung machte sie insbesondere geltend, bei Berufsgeheimnisträgern sei eine Außenprüfung nicht möglich, da ansonsten Mandantengeheimnisse verletzt würden. Sie führte weiter an, die Prüfungsanordnung sei nur aufgrund einer zuvor von der Mutter der Klägerin beim Beklagten eingereichten Beschwerde erlassen worden. Die Klägerin legte dabei dar, dass die Beschwerde in Zusammenhang mit einer vom Beklagten versagten Stundung und angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen in Zusammenhang stehe.
Nach Eingang der Klageerwiderung wurde die Klägerin durch den Berichterstatter auf die neueste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2009, VII R 78/08, BFH/NV 2010, 705) hingewiesen, wonach die bisherige Rechtsprechung zur Ermessensausübung bei Prüfungsanordnungen bestätigt wurde. Sie wurde ferner darauf hingewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen Prüfungsanordnung und Beschwerde nicht erkennbar sei, zumal im Finanzamt unterschiedliche Stellen zuständig seien.
Mit Beschluss vom 21. Juni 2010 hat der Senat die Sache auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Nach Eingang der Steuerakten wurde der Klägerin mit Verfügung vom 13. Juli 2010 aufgegeben, spätestens im Termin am 4. August 2010 das Original der Prüfungsanordnung (mit Eingangsstempel) vorzulegen, da im Einspruchsverfahren zunächst über die Fristversäumung gestritten wurde. Im weiteren Verlauf des Verfahrens legte die Klägerin dar, die Beschwerdeschrift befinde sich laut Auskunft der Oberfinanzdirektion nicht in den Akten. Es wurde ihr durch den Einzelrichter daher anheim gestellt, die Schrift vorzulegen, soweit sie für entscheidungserheblich gehalten würde. Tatsächlich befindet sich eine Kopie der Beschwerdeschrift in den vom Beklagten vorgelegten Akten.
Des weiteren stellte die Klägerin unter dem 14. Juli 2010 einen Terminsverlegungsantrag für den auf den 4. August 2010 um 10:45 Uhr anberaumten Termin, welche Sie auf die entsprechende Hinweise des Einzelrichters mit Schriftsätzen vom 15., 22. und 26. Juli weiter konkretisierte. Demnach wurde ein Termin vor dem Amtgericht X auf den 4. August 2010 um 9:10 Uhr verlegt. Die Klägerin führte insbesondere aus: „Die Verlegung war bereits nur unter großen Schwierigkeiten für den Mandanten möglich”, da dieser im Krankenhaus tätig sei. Der Einzelrichter teilte daraufhin mit, es sei, sollte der Terminskonflikt selbst geschaffen worden sein, nicht möglich, diesen durch eine Terminsverlegung zu beheben. Danach teilte die Klägerin mit, die Verlegung sei auf Initiative der gegnerischen Rechtsanwältin erfolgt und der Mandant habe sich sogleich um die entsprechenden Veranlassungen im Krankenhaus gekümmert. Eine Terminsverlegung wurde jeweils abgelehnt, insbesondere weil die Ladung des Finanzgerichts vor der Ladung des Amtsgerichts zugestellt worden war.
Die zuständige Richterin am Amtsgericht X teilte auf telefonische Anfrage mit, es seien am 4. August 2010 Scheidungstermine anberaumt worden, die zeitlich jeweils ca. zehn Minuten in Anspruch nehmen werden. Der Klägerin wurde daher mit Verfügung vom 27. Juli 2010 in Aussicht gestellt, den Termin in Absprache mit dem Beklagten zeitlich nach hinten verlegen zu können. Angesichts der Nähe zum Termin wurde eine telefonische Kontaktaufnahme angeregt, nachdem die Klägerin selbst nicht zu erreichen war.
Mit ihrem Ablehnungsgesuch vom 30. Juli 2010 lehnt die Klägerin den Einzelrichter A wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
Sie führt aus, bereits vor Ausermittlung der Sache sei die Rücknahme der Klage anheim gestellt worden. Der Einzelrichter habe Misstrauen allein gegenüber der Klägerin geäußert und entsprechende Sachaufklärungsmaßnahmen in Zusammenhang mit der Beschwerdeschrift gingen allein zu ...