rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchbrechung der Sperrwirkung einer bestandskräftigen Wertfortschreibung
Leitsatz (redaktionell)
- Die Sperrwirkung bestandskräftiger Wertfortschreibungen auf den 1.1.2003 und den 1.1.2004 steht einer Fortschreibung auf den 1.1.1998 nicht entgegen, sofern die bestandskräftigen Fortschreibungen von der Annahme getragen waren, dass der Grundstückseigentümer als gemeinnützig anerkannt worden ist, die Gemeinnützigkeit indes rückwirkend aberkannt worden ist.
- Das gilt insbesondere dann, wenn die Gemeinnützigkeit nur mit Widerrufsvorbehalt zuerkannt worden ist und der Grundstückseigentümer mit der Ausübung des Widerrufs rechnen musste.
Normenkette
GrStG § 3 Abs. 1 Nr. 4; AO § 181 Abs. 5; FGO § 69
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Hauptsache über die Reichweite der Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 Grundsteuergesetz (GrStG).
Der Antragsteller ist ein bundesweit operierender islamischer Dachverband. Nach § 3 seiner Satzung bietet er den in Europa lebenden Menschen islamischen Glaubens die Möglichkeit an, ihre Religion auszuüben. Er unterhält u. a. Gemeinden im Rahmen religiöser und kultureller Aktivitäten, unterweist im islamischen Glauben und Lehre und in der Wahrung islamischer kultureller Werte, fördert muslimische Jugendliche und widmet sich dem moralischen Schutz der Menschen islamischen Glaubens. Eigenen Bekundungen zufolge hat er etwa 10.000 Mitglieder und ist damit der zweitgrößte islamische Dachverband in Deutschland.
Der Antragsteller war zunächst durch Bescheid des Finanzamts Köln-Nord vom ................ unter Widerruf als gemeinnützig anerkannt. Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen schätzt ihn als Religionsgemeinschaft nach den Art. 140 Grundgesetz (GG), 137 WRV ein.
Im Jahre 1990 erwarb der Antragsteller das bebaute Grundstück S. Str. 3 in D. Zu der Zeit belief sich der für den Rechtsvorgänger bestandskräftig festgestellte Einheitswert auf 76.400 DM. Nach dem Übergang des Grundstücks auf den Antragsteller führte das Finanzamt zunächst nur eine Art- und eine Zurechnungsfortschreibung jeweils auf den 1. Januar 1991 durch. Wertfortschreibungen nahm es erstmals mit Bescheid vom 11. Juni 2003 auf den 1. Januar 2003 (Wert: 95.900 DM, Fortschreibungsgrund: Fehlerbeseitigung) und mit weiterem Bescheid vom 4. September 2003 auf den 1. Januar 2004 (Wert: 107.800 DM, Fortschreibungsgrund: bauliche Veränderungen) vor. Beide Fortschreibungen wurden bestandskräftig.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt Köln-Nord die Gemeinnützigkeit rückwirkend ab 1997 ab. Als der Antragsgegner davon erfuhr, führte er mit Bescheid vom 14. Dezember 2006 eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1998 durch und erhöhte darin den Einheitswert auf 110.400 DM. Der Bescheid enthält einen Hinweis nach § 181 Abs. 5 AO. Zur Begründung für die Erhöhung führte das Finanzamt an, dass Räume, die bislang wegen angenommener Gemeinnützigkeit nicht berücksichtigt worden seien, nunmehr bei der Einheitsbewertung hätten erfasst werden müssen.
Gegen die Fortschreibung hat der Antragsteller nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben, mit der er deren Aufhebung beantragt. Er ist der Auffassung, dass die der Religionsausübung dienenden Räume weiterhin von der Grundsteuer befreit sei. Nachdem ihm der gemeinnützige Status aberkannt worden sei, liege der Befreiungsgrund des § 3 Abs. 1 Nr. 4 GrStG vor. Nach dieser Norm sei Grundbesitz einer Religionsgesellschaft, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes sei, von der Grundsteuer befreit. Nach Satz 2 der Norm stünden diesen Religionsgesellschaften jüdische Kultusgemeinden gleich, auch wenn sie nicht Körperschaften des öffentlichen Rechtes seien. Die Erweiterung der Steuerbefreiung auf jüdische Kultusgemeinden sei verfassungskonform in der Weise auszulegen, dass sie auch auf ihn, den Antragsteller, anzuwenden sei. Eine Beschränkung der Steuerbefreiung lediglich auf jüdische Kultusgemeinden verstoße gegen das Gleichheitsgrundrecht aus Art. 3 GG. Erst unlängst habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss zur Erbschaft- und Schenkungsteuer erkannt, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Steuertatbestandes die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne dieser Belastungsgleichheit umzusetzen habe. Daran fehle es, wenn nur jüdische Kultusgemeinden von der Grundsteuer verschont blieben, vergleichbare Einrichtungen islamischer Gläubiger jedoch nicht. Außerdem sei der Staat zu weltanschaulich-religiöser Neutralität verpflichtet. Es sei ihm untersagt, bestimmte Bekenntnisse zu privilegieren und andere auszugrenzen. Die benachteiligende Ungleichbehandlung einer Glaubensgemeinschaft im Vergleich zu einer anderen verletzte zudem sein Grundrecht aus Art. 4 GG.
Die Klage ist unter dem Aktenzeichen 1 K 130/07 vor dem Senat anhängig. Zeitgleich mit der Klage hat der Antragsteller darüber hinaus die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des angefochtenen Bescheides beantragt, nachdem ein entsprechender A...