vorläufig nicht rechtskräftig

Beschwerde eingelegt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung und Rechtsschutzbedürfnis

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen der Aussetzung der Vollziehung.
  2. Das Rechtschutzbedürfnis für einen zuvor gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entfällt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das gilt auch dann, wenn weiterhin Säumniszuschläge anfallen.
  3. Da ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Zwangsvollstreckung seitens der FinVerw unzulässig ist, kann eine Anordnung, die Vollziehung eines entsprechenden Bescheides auszusetzen, keinen Sinn mehr machen.
 

Normenkette

AO § 240; FGO § 69; InsO §§ 89, 176

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.02.2018; Aktenzeichen VII B 159/17)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Rechtsschutzbedürfnis für den von der jetzigen Insolvenzschuldnerin (A) gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Haftungsbescheides entfallen ist, nachdem im Laufe des anhängigen AdV-Verfahrens das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A eröffnet wurde.

Die A war bei der im Kfz-Bereich tätigen B GmbH (GmbH) als Finanzbuchhalterin beschäftigt. Der Antragsgegner nahm A im Anschluss an eine bei der GmbH durchgeführte Außenprüfung und Umsatzsteuer-Sonderprüfung neben anderen Haftungsschuldnern mit Haftungsbescheid für Umsatzsteuer der Jahre 2008 bis 2011 sowie Umsatzsteuer-Vorauszahlungszeiträume Januar 2012 bis Juli 2013 und Körperschaftssteuer nebst Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer des Jahres 2011 nach §§ 191, 71 Abgabenordnung (AO) mit einem Betrag in Höhe von insgesamt xxxxxx EUR in Haftung. Zur Begründung führte er aus, dass die A als Finanzbuchhalterin Beihilfe zur Steuerhinterziehung zugunsten der GmbH geleistet habe. Sie habe die Kassenaufzeichnungen geführt und die Bareinnahmen der GmbH, die aus der Veräußerung von Fahrzeugen herrührten, nicht vollständig erfasst und in den eingereichten Steuererklärungen falsche Angaben gemacht. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Antragsgegner durch Einspruchsbescheid vom … als unbegründet zurück. Die hiergegen noch von A erhobene Klage wird bei Gericht unter dem Aktenzeichen … geführt.

Im März 2017 ging bei Gericht der Antrag der A auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheides ein. Während des laufenden finanzgerichtlichen Verfahrens wurde ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A gestellt. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde von A nicht angefochten. Durch Beschluss des Amtsgerichts C wurde im Mai 2017 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die von A eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Insolvenzeröffnungsbeschluss wurde durch Beschluss des Landgerichts C im Juni 2017 als unzulässig verworfen.

Die Berichterstatterin wies die Beteiligten und den Insolvenzverwalter unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) darauf hin, dass mit dem rechtskräftigen Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nunmehr das Rechtsschutzbedürfnis fehle und sich das Verfahren damit in der Hauptsache erledigt habe.

Der Insolvenzverwalter hat mitgeteilt, dass er das Verfahren aufnimmt und fortsetzt. Seiner Ansicht nach bestehe das Rechtsschutzbedürfnis fort, weil die dem Aussetzungsantrag zugrundeliegende Steuerforderung die einzige Insolvenzforderung darstelle und A ein erhebliches Interesse und dementsprechend auch ein Rechtsschutzbedürfnis an einer Entscheidung habe. Eine stattgebende Aussetzungsentscheidung ließe den Insolvenzgrund entfallen, da weitere Gläubiger nicht ersichtlich seien. Es bestünden unverändert ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der festgesetzten Haftungsschuld. Ferner sei zu berücksichtigen, dass ohne Aussetzung der Haftungsschuld gemäß § 240 AO Säumniszuschläge in Höhe von 1 Prozent pro Monat zu Lasten der Insolvenzmasse anfielen.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheides … bis zum Abschluss des Klageverfahrens auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsgegner ist in der Sache selbst der Auffassung, dass der Haftungsbescheid rechtmäßig sei. Er hat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und auf eine weitergehende Stellungnahme verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist unzulässig.

Der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufrechterhaltene und vom Insolvenzverwalter durch erklärte Aufnahme des Verfahrens weiterverfolgte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides ist unzulässig, weil mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag entfallen ist.

Nach § 69 Abs. 2 FGO soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte...

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