rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Finanzrechtsweg bei Antrag auf einstweilige Anordnung gegen Verwertung von Bankunterlagen durch Steuerfahndung
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, wenn im Hauptsacheverfahren der Rechtsweg zu den FG eröffnet und der Antragsteller antragsbefugt ist. Außerdem darf durch die einstweilige Anordnung die Hauptsache nicht unzulässigerweise vorweggenommen werden.
- Die Frage des Rechtsweges ist aufgrund des Sachvortrags des Antragstellers nach der Rechtsnatur des Antragsbegehrens zu entscheiden. Wendet sich der Rechtssuchende gegen eine Maßnahme bzw. eine drohende Maßnahme der Steuerfahndung, ist zu berücksichtigen, dass § 208 Abs. 1 AO der Steuerfahndung eine Doppelfunktion zuweist. Diese kann sowohl in Steuerstrafsachen als auch als Steuerermittlungsbehörde in Abgabenangelegenheiten tätig werden.
- Trotz Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ist der Finanzrechtsweg gegeben, wenn sich der Beschuldigte ausschließlich gegen die Weitergabe von Bankunterlagen an das Wohnsitz-FA zu Besteuerungszwecken wendet.
- Zum Umfang des Aufgabenbereichs der Steuerfahndung nach § 208 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 3 AO und den sich daraus ergebenden Befugnissen.
- Bei einer Beteiligung an anonymisierten Wertpapiertransfers ins Ausland ist der Anfangsverdacht der Steuerhinterziehung zu bejahen.
Normenkette
AO § 30a Abs. 3, § 208 Abs. 1 Nrn. 1-3; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Antragsgegner, der Steuerfahndung X, zu untersagen, die von der Steuerfahndung F bei der A-Bank beschlagnahmten und aufgrund eigener Ermittlungen erlangten Unterlagen zu verwerten, insbesondere diese an sein Wohnsitz-Finanzamt weiterzugeben.
Aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts G vom 30.09.1996 in der Ermittlungssache gegen Verantwortliche der A-Bank wegen Vergehens gegen die Abgabenordnung (AO) durchsuchte die Steuerfahndung F die Gebäude der A-Bank. Die Durchsuchung diente der Auffindung von Beweismitteln, insbesondere Unterlagen von 1992 bis 1995 im Zusammenhang mit der Transferierung von Geld- und Wertpapieren zur B-Bank in Luxemburg (B-Bank Lux), und von dieser zur A-Bank (Einzelheiten siehe Durchsuchungsbeschluss, Bl. 90 der Gerichtsakte – GA -). Gegenstand der Durchsuchung waren entsprechend dem genannten Beschluss im Einzelnen genannte Konten, zugunsten derer die Kunden Geldbeträge einzahlen konnten, ohne dass die Geld- und Wertpapierbewegungen auf deren eigenen inländischen Konten bei der A-Bank nachvollziehbar blieben.
In diesem Zusammenhang wurde die Steuerfahndung F auf Konten des Antragstellers aufmerksam, von denen anonym Wertpapiere bei der A-Bank zur Weiterleitung an die B-Bank Lux eingeliefert wurden; so hatte sich der Antragsteller u.a. am 04.11.1992 Wertpapiere in Form eines Tafelgeschäftes von seinem Depot bei der A-Bank ausliefern lassen. Diese anhand von Stücknummern zu identifizierenden Wertpapiere wurden am 08.02.1993 zusammen mit weiteren Tafelpapieren ohne Angabe eines Namens oder einer Luxemburger Kontonummer bei der A-Bank zur Weiterleitung an die B-Bank Lux eingeliefert (weitere Einzelheiten siehe Bl. 88 ff. der GA).
Die Steuerfahndung F fertigte entsprechendes Kontrollmaterial. Da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt seinen Hauptwohnsitz in X hatte, wurde das Kontrollmaterial im April 1999 an den Antragsgegner mit der Bitte um Prüfung und ggf. weitere Veranlassung übersandt (Bl. 2 ff. der Ermittlungsakten). Daraufhin nahm der Antragsgegner Einsicht in die Steuerakten des Antragstellers. Am 11.11.1999 leitete der Antragsgegner ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller ein; die Einleitung wurde am 19.11.1999 bekanntgegeben. Im Verlaufe des Ermittlungsverfahrens wurden aufgrund verschiedener Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Y (Bl. 53 ff. der Ermittlungsakten) Durchsuchungen in den Wohnungen des Antragstellers in X, N und F durchgeführt. Dabei wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt.
Der Antragsteller begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Einstellung der vom Antragsgegner betriebenen Verwertung bei der A-Bank sichergestellten Bankunterlagen und der aufgrund eigener Ermittlungen erlangten Beweismittel. Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Beschlüsse des BFH vom 06. Februar 2001 VII B 277/00 und vom 25. Juli 2000 VII B 28/99. Wie in den beschriebenen Beschlüssen habe auch die Steuerfahndung F eine unzulässige Rasterfahndung vorgenommen, die zu einem Verwertungsverbot führe. Insbesondere habe er keine anonymen Geld- und Wertpapiertransfers getätigt; nur diese seien aber Gegenstand des ursprünglichen Durchsuchungsbeschlusses gewesen. Im Übrigen habe er kein Konto bei der B-Bank Lux unterhalten; für Konten seiner Kinder bei der B-Bank Lux könne er nicht verantwortlich gemacht werden. Da die Maßnahmen der Steuerfahndung F rechtswidrig gewesen seien, gelte dies auch für die darauf ...