Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafbefreiende Erklärung als Steueranmeldung ohne Nachprüfungsvorbehalt nur mit amtlich vorgeschriebenem Vordruck, Abgrenzung zur Selbstanzeige
Leitsatz (redaktionell)
- Die strafbefreiende Erklärung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 StraBEG ist eine Steueranmeldung mit der Besonderheit, dass der Vorbehalt der Nachprüfung nicht besteht.
- Da die strafbefreiende Erklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben ist, macht der Erklärende zugleich deutlich, dass er Strafbefreiung und Abgeltungswirkung nach § 1 StraBEG begehrt. Die Verwendung des Vordrucks grenzt die strafbefreiende Erklärung zur Selbstanzeige ab.
- Entspricht ein formloses Schreiben des Stpfl. nicht dem amtlichen Vordruck, ist darin keine wirksame strafbefreiende Erklärung zu sehen.
- Liegt für den gleichen Sachverhalt bereits eine Selbstanzeige vor, ist die Abgabe der strafbefreienden Erklärung nicht mehr möglich.
Normenkette
StraBEG § 3 Abs. 1 S. 2, §§ 7, 10 Abs. 2 S. 1; AO §§ 168, 371, 378
Streitjahr(e)
1996, 1997, 1998, 1999, 2000, 2001, 2002
Tatbestand
Die Parteien streiten im Hauptsacheverfahren, ob die Antragsteller für die Streitjahre eine wirksame strafbefreiende Erklärung abgegeben haben.
Der Antragsteller war seit 1996 Mitglied eines Verwaltungsbeirates, für die er in den Streitjahren einen pauschalen Aufwendungsersatz von DM xx jährlich erhielt..
In den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre gab er diesen erhaltenen Aufwendungsersatz zunächst nicht an.
Mit formlosen Schreiben vom 15.10.2004, eingegangen beim Finanzamt am 19.10.2004, teilten die Antragsteller diesen Sachverhalt dem Finanzamt mit.
Am 27.10.2004 erklärten die Antragsteller sodann auf dem nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) vorgeschriebenen amtlichen Vordruck die Einnahmen für die Jahre 1996 bis 2002. Sie errechneten dabei vorschriftsmäßig auch die nachzuentrichtenden Abgaben.
Das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen leitete aufgrund des Schreibens vom 15.10.2004 ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag gegen die Antragsteller ein. Es teilte weiter mit, dass das Schreiben vom 15.10.2004 als strafbefreiende Selbstanzeige gewertet werde. Für die danach eingereichte strafbefreiende Erklärung trete keine Strafbefreiung mehr ein, da die unterlassenen Angaben bereits durch die Selbstanzeige nachgeholt worden seien.
Die Antragsteller erklärten, das Schreiben vom 15.10.2004 sei nicht als Selbstanzeige zu werten, dieses ergebe sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang mit der Erklärung vom 27.10.2004.
Mit Schreiben vom 16.11.2004 haben die Antragsteller die Erklärung vom 15.10.2004 angefochten. Diese Erklärung gelte daher nach den allgemeinen Grundsätzen des § 119 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) als nicht abgegeben.
Der Antragsgegner allerdings ging weiter von einer Selbstanzeige aus und änderte die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre aufgrund der nacherklärten Aufwandsentschädigungen.
Die Antragsteller legten Einspruch ein und beantragten Aussetzung der Vollziehung.
Nach Ablehnung des Antrages begehren sie nunmehr gerichtlichen Rechtsschutz.
Die Erklärung vom 15.10.2004 dürfe nicht isoliert betrachtet werden, denn aufgrund des zeitlichen Zusammenhanges mit der strafbefreienden Erklärung vom 27.10.2004 hätten die Antragsteller den Lebenssachverhalt entsprechend ihren von Beginn an bestehenden Vorstellungen erklärt. Hätten sie die Erklärung vom 15.10.2004 als strafbefreiende Erklärung gekennzeichnet, lediglich die Form nicht eingehalten und innerhalb der zu beachtenden Frist eine formwirksame Erklärung nachgeholt, wäre dies anzuerkennen gewesen.
Die Antragsteller hätten von vornherein beabsichtigt, eine strafbefreiende Erklärung abzugeben. Sie hätten allerdings nicht gewusst, dass diese Erklärung auf einem gesonderten Formblatt abzugeben gewesen wäre. Sie seien vielmehr wie üblich davon ausgegangen, dass sie die nicht erklärten Beträge formlos erklären können.
Die Antragsteller beantragen, die streitigen Einkommensteuerbeträge für die Jahre 1996 bis 2002 von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
Er hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest.
Die Vorschriften des § 119 BGB über die Anfechtung von Willenserklärungen wegen Irrtums seien im Übrigen im öffentlichen Recht nicht sinngemäß anzuwenden. Vielmehr würden diese nur auf Willenserklärungen anzuwenden sein, die Bestandteil privater Rechtsgeschäfte seien. Eine Anwendung auf einseitige Erklärungen sei ausgeschlossen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist unbegründet.
1. Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes best...