rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Streitwertberechnung, wenn mit der Anfechtung des Einkommensteuerbescheides neben der Herabsetzung der Einkommensteuer auf 0 eine für eine Verlustfeststellung nach dem JStG 2010 bindende Feststellung eines negativen Gesamtbetrages der Einkünfte erreicht werden soll
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Streitwertfestsetzung bei Anfechtung eines ESt-Bescheides.
- Haben die in einem ESt-Bescheid ermittelten negativen Besteuerungsgrundlagen inhaltliche Bindungswirkung für die gesondert vorzunehmende Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrages, muss das kostenrechtlich mit Blick auf die sog. Bedeutung der Sache streitwerterhöhend berücksichtigt werden.
- Die für die Berechnung des Streitwerts bei der Anfechtung von Verlustfeststellungsbescheiden i. S. des § 10d EStG entwickelten Grundsätze sind sinngemäß anzuwenden.
Normenkette
GKG § 52 Abs. 3, 1; EStG § 10d Abs. 4 S. 4, § 52 Abs. 25 S. 5
Gründe
1. Bei der Anfechtung eines Einkommensteuerbescheides ergibt sich der Streitwert grundsätzlich aus dem Unterschied zwischen der beantragten und der festgesetzten Steuer als einen auf Geldleistung bezifferten Verwaltungsakt (§ 52 Abs. 3 GKG, vgl. Ratschow in Gräber, FGO, 7. Aufl., Rz. 75f. vor § 135). Da im Einspruchsbescheid die Steuer auf x € festgesetzt wurde und die Kläger eine dahingehende Abänderung dieses Bescheides beantragt haben, dass die Steuer unter Berücksichtigung von Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. .. € und damit eines negativen Gesamtbetrages der Einkünfte festgesetzt wird, ist zunächst von einer beantragten Steuerherabsetzung auf 0 € und damit von einem anfänglichen Streitwert von x € auszugehen.
2. Es ist aber darüber hinaus zu berücksichtigen, dass im Streitfall nach der eigentümlichen Übergangsregelung des § 52 Abs. 25 S. 5 EStG bereits § 10d Abs. 4 S. 4 EStG i. d. F. des JStG 2010 anzuwenden ist. Danach haben die in einem Einkommenssteuerbescheid ermittelten negativen Besteuerungsgrundlagen inhaltliche Bindungswirkung für die gesondert vorzunehmende Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrages. Mithin wirkt der Einkommensteuerbescheid - auch prozessual - insoweit wie ein Grundlagenbescheid. Bei Versagung der Feststellung eines verbleibenden Verlusts oder bei aus Sicht des Steuerpflichtigen zu geringer Höhe des festgestellten Verlusts ist grundsätzlich nicht mehr der gemäß § 10d EStG ergangene Verlustfeststellungsbescheid anzufechten, sondern der Einkommensteuerbescheid des jeweiligen Veranlagungszeitraums (vgl. Lindberg in Frotscher, EStG-Praxiskommentar, Rz. 89c zu § 10d).
Kostenrechtlich kann daher die im Klageverfahren über die Steuerherabsetzung auf 0 begehrte Feststellung negativer Besteuerungsgrundlagen nicht unberücksichtigt bleiben, sondern muss im Hinblick auf die so erhöhte Bedeutung der Sache für die Kläger streitwerterhöhend berücksichtigt werden (§ 52 Abs. 1 GKG).
Der Senat hält es insoweit für angemessen, die für die Berechnung des Streitwerts bei der Anfechtung von Verlustfeststellungsbescheiden im Sinne des § 10d EStG entwickelten Grundsätze auf die nunmehr erforderliche Anfechtung von Steuerbescheiden zur Feststellung negativer Besteuerungsgrundlagen zu übertragen.
Demnach war auch im Verfahren der gesonderten Feststellung des Verlusts nach § 10d EStG der Streitwert nach der vermutlichen einkommensteuerlichen Auswirkung zu schätzen. Nur wenn die konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht erkennbar sind, ist ein Pauschalwert von 10 v. H. der streitigen Verluste anzusetzen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. Januar 2006, VIII E 6/05, BFH/NV 2006, 1112 und vom 31. März 2008, IX E 1/08, BFH/NV 2008, 1336; Ratschow, a. a. O, Rz. 110, Stichwort „gesonderte Feststellung - Verlustabzug”).
Bei einem Verlust des Klägers in der beantragten Höhe von .. € hätte der Gesamtbetrag der Einkünfte der Kläger ./. y € betragen. Nach § 10d Abs. 1 EStG wäre dann vorrangig ein Verlustrücktrag in das Vorjahr (2007) erfolgt. Dessen Auswirkungen lassen sich auf Grundlage des Einkommensteuerbescheides dieses Jahres berechnen. [..]
Die steuerliche Auswirkung der entsprechenden Feststellung negativer Besteuerungsgrundlagen entspricht daher der Differenz dieser Steuerbeträge = z €.
3. Insgesamt ist der anfängliche Streitwert daher auf x+z € festzusetzen.
Da sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 15. November 2012 verpflichtet hat, den angefochtenen Steuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung teilweise zu Gunsten des Klägers zu ändern und die Beteiligten insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist für die Folgezeit der Streitwert auf die nunmehr noch streitigen Steuern zu reduzieren.
[..]
4. Diese Festsetzung erfolgt im Hinblick auf die unter 2) dargelegten kostenrechtlichen Besonderheiten der Sache und die hierauf gründende Kostenentscheidung des Senats in dem heute gefällten Urteil von Amts wegen (§ 63 Abs. 2 S. 2 GKG).
Fundstellen