vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Der Inkasso-Service der Familienkasse (Recklinghausen) als richtiger Antragsgegner im Anordnungsverfahren wegen (vorläufiger) Einstellung der Vollstreckung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bevor der Inkasso-Service der Familienkasse dem zuständigen Hauptzollamt als Vollstreckungsbehörde eine Rückstandsanzeige übermittelt hat, kann der Schuldner eines Anspruchs auf Erstattung zu viel gezahlten Kindergeldes beim Inkasso-Service die (vorläufige) Einstellung der Vollstreckung beantragen mit dem Ziel, dass kein Vollstreckungsersuchen an das Hauptzollamt gerichtet wird.
  2. Begehrt der Schuldner im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 114 FGO), dass kein Vollstreckungsersuchen an das Hauptzollamt als Vollstreckungsbehörde gerichtet wird, ist der Inkasso-Service der Familienkasse der richtige Antragsgegner.
  3. Zweifel daran, ob der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit in zulässiger Weise durch einen Beschluss die Zuständigkeit für Entscheidungen im Erhebungsverfahren betreffend den Familienleistungsausgleich dem Inkasso-Service übertragen hat, begründen in einem auf (vorläufige) Einstellung der Vollstreckung gerichteten Anordnungsverfahren (§ 114 FGO) nicht ohne Weiteres einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund.
 

Normenkette

AO 1977 § 249 Abs. 1 S. 3, §§ 257-258; FGO § 114; FVG § 5 Abs. 1 Nr. 11

 

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt, die Antragsgegnerin (die Agentur für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse – den Inkasso-Service –) im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die Vollstreckung aus einem Rückforderungsbescheid einzustellen.

Die Antragstellerin und Herr L.A. (im Folgenden: V) sind die Eltern ihrer am (…) 1991 geborenen Tochter M.A (im Folgenden: T). Ausweislich einer von der Stadt O auf ein Ersuchen des Inkasso-Services erteilten Behördenauskunft trug die Antragstellerin jedenfalls bis zum 20. April 2017 ebenfalls den Familiennamen A.

Am 30. September 2009 beantragte die Antragstellerin bei der Familienkasse O auf amtlichem Vordruck, für T auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres Kindergeld festzusetzen. T sei beim Kindergeld weiterhin berücksichtigungsfähig, weil sie sich in der Zeit vom 6. August 2009 bis 31. Juli 2010 in einer (Hoch) Schul- oder Berufsausbildung befinde. Das Antragsformular, dem eine Aufnahmebescheinigung der E-Schule beigefügt war, ist von der Antragstellerin unterschrieben.

Am 24. August 2010 beantragte V bei der Familienkasse P Kindergeld. Er sei für T vorrangig kindergeldberechtigt. Nach entsprechender Anhörung hob die Familienkasse O die Kindergeldfestsetzung gegenüber der Antragstellerin mit Bescheid vom 2. November 2010 unter Hinweis auf § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab August 2010 auf.

Nachdem die Familienkasse O einen am 30. Dezember 2011 gestellten Kindergeldantrag der Antragstellerin abgelehnt hatte, stellte die Antragstellerin am 30. Januar und am 6. Juli 2012 jeweils einen weiteren Antrag auf Kindergeld für T. Diese beiden Anträge weisen ebenso die Unterschrift der Antragstellerin auf wie die dem Antrag vom 30. Januar 2012 beigefügten amtlichen Vordrucke “Erklärung zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes“ und “Mitteilung über ein Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz“. Auf dem letztgenannten Formular gab die Antragstellerin als Wohnanschrift ihrer Tochter die damalige eigene Adresse (Q-Straße in O) an. T suche seit Oktober 2010 einen Ausbildungsplatz für eine schulische oder betriebliche Ausbildung. Dem Antrag vom 6. Juli 2012, in dem eine Bankverbindung der T angegeben ist, war ein von dieser und vom Ausbildungsbetrieb F im April 2012 abgeschlossener Berufsausbildungsvertrag beigefügt. Als Anlage eines am 21. September 2012 vorgelegten Schreibens legte die Antragstellerin der Familienkasse O eine Bescheinigung der E-Schule vor, wonach T von der Schule am 3. September 2012 zum Besuch des Bildungsganges “Berufsschule (Ausbildungsberuf: Hauswirtschafterin)“ aufgenommen worden war. Der Bildungsgang ende am 31. Juli 2015. Auf Nachfrage teilte die Antragstellerin der Familienkasse O im Oktober 2012 mit, ihrer Tochter – die inzwischen in einen eigenen Haushalt in O, Ortsteil R, umgezogen sei – keinen Unterhalt zu zahlen. V erklärte gegenüber der Familienkasse, seiner Tochter seit 1. Juni 2012 keinen Kindesunterhalt in Höhe von 330,00 € mehr zu zahlen.

Mit Bescheid vom 10. Januar 2013 lehnte die Familienkasse O gegenüber der Antragstellerin den Antrag auf Kindergeld vom 6. Juli 2012 für den Zeitraum “bis Juni 2012“ ab. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage – welcher an die Antragstellerin unter Verwendung der Anschrift Q-Straße in O adressiert ist – setzte sie für T Kindergeld ab Juni 2012 fest.

Mit Beschluss vom 4. Juni 2013 (…) eröffnete das Amtsgericht (AG) O über das Vermögen der Antragstellerin das Verbraucherinsolvenzverfahren. Das Insolvenzgericht kündigte der Antragstellerin mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss vom 17. Oktobe...

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