Entscheidungsstichwort (Thema)

Die Klasse „g” des Mietspiegels des Finanzamtes ist keine geeignete Schätzungsgrundlage für die nicht preisgebundene übliche Marktmiete nach § 79 Abs. 2 BewG. Einheitsbewertung auf den 1. Januar 1989

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.03.1999; Aktenzeichen II R 24/97)

 

Tenor

Unter Änderung des Einheitswertbescheides vom 16. Mai 1989 und Rufhebung des Einspruchsbescheides vom 10. August 1994 wird der Einheitswert auf den 1. Januar 1989 des Grundstücks U. auf 70.500,00 DM herabgesetzt.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragt der Kläger zu 44 v.H. und der Beklagte zu 56 v.H.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Geldbetrages in Höhe der an den Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, sofern dieser nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe Leistet. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Höhe des Einheitswertes. Dabei geht es um die Frage, ob die im Mietspiegel des Beklagten (Finanzamt, FA) ausgewiesene Miete für freifinanzierten nicht preisgebundenen Wohnraum den Marktverhältnissen des Hauptfeststellungszeitpunktes 1. Januar 1964 gerecht wird.

Das streitbefangene Grundstück Liegt in U. … Es ist mit einem Wohnhaus bebaut, das am 1. März 1973 bezugsfertig wurde. Damals gehörte das Grundstück dem Kläger (Kl.) zusammen mit seinem Vater. Bei der Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1974 kam es zu einem Klageverfahren. Durch Urteil vom 15. Oktober 1976 (I 5/75) setzte der I. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts den Einheitswert auf 72.500,00 DM fest. Bereits in diesem verfahren war die Frage umstritten, welcher Mietwert für das – damals noch grundsteuerbegünstigte – Grundstück anzusetzen sei. Der Senat hat damals Beweis erhoben über die bei der Rufstellung des Mietspiegels verwerteten Mieten. Insbesondere hat er festgestellt, daß nur ein einziges vergleichbares, freifinanziertes und nicht grundsteuerbegünstigtes Zweifamilienhaus bekannt war.

Am 1. Oktober 1980 erwarb der Kl. das Alleineigentum an dem Grundstück. Am 31. Dezember 1983 lief die Grundsteuervergünstigung aus. Ruf den 01.01.1984 führte das FR eine Wertfortschreibung durch, in der es den Einheitswert auf 62.900,00 DM herabsetzte. Dabei ging es von einer Miete von 2,55 DM/qm aus. Da das FR diese Bewertung später für unrichtig hielt, führte es auf den 01.01.1989 die in diesem Verfahren angefochtene fehlerberichtigende Wertfortschreibung durch. Es ging dabei von einem Mietwert von 3,20 DM/qm aus, den es seinem Mietspiegel entnommen hatte (Mietspiegelgruppe „IV g”, d. h. gute Ausstattung und freifinanziert).

Am 29. Oktober 1996 besichtigte der Berichterstatter das Grundstück. Es ist unstreitig und offensichtlich richtig, daß es sich um ein Zweifamilienhaus handelt; die Wohnfläche beträgt 173,92 qm. Die Ausstattung entspricht – worüber sich die Beteiligten gleichfalls einig sind – der Ausstattungsklasse „IV” (gute Ausstattung) des Mietspiegels des FA. Wegen der weiteren Ergebnisse der Augenscheinseinnahme wird auf das Protokoll vom 29. Oktober 1996 (Bl. 38–39 FG-Akte) Bezug genommen.

Es ist unstreitig, daß die im Mietspiegel in den Klassen „IV g” bzw. „V g” (gute bzw. sehr gute Ausstattung, freifinanziert) ausgewiesenen Mieten nicht auf dem Vergleich mit Vergleichsgrundstücken und tatsächlich gezahlten Mieten beruhen, weil zum Hauptfeststellungszeitpunkt nicht genügend vergleichbare Grundstücke existierten. Weiter ist unstreitig, daß die Mietspiegel seinerzeit bei allen Finanzämtern zumindest im Bereich der Steuerabteilung Hannover der OFD Hannover nach dem gleichen Verfahren unter Beteiligung der OFD aufgestellt worden sind.

Der Kl. trägt vor, der vom FR angesetzte Mietwert von 3,20 DM/qm sei überhöht. Eine solche Miete sei seinerzeit nicht erzielbar gewesen. Die Gruppe „g” des Mietspiegels sei insofern unrichtig. Es sei offensichtlich, daß die in der Gruppe „g” des Mietspiegels ausgewiesenen Mieten seinerzeit durch Hochrechnung ermittelt worden seien. Das sei damals ohne besondere Bedeutung gewesen, weil es einerseits kaum freifinanzierte Grundstücke gegeben habe und zudem nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) nach sechs Jahren eine neue Hauptfeststellung hätte erfolgen sollen. Diese sei aber bis heute weder erfolgt noch absehbar. Die extreme tatsächliche Länge des Hauptfeststellungszeitraumes hätte dazu geführt, daß heute ein ganz erheblicher Teil aller Grundstücke als freifinanziert eingestuft würden. Die Anwendung der Mietspiegelgruppe „g” auf diese Grundstücke würde zu einer unrichtigen, nicht akzeptablen Bewertung führen.

Der Kl. beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

unter Änderung des Einheitswertbescheides vom 16.05.1989 und Rufhebung des Einspruchsbescheides vom 10.08.1994 den Einheitswert für das streitbefangene Grundstück auf den 01.01.1989 auf 62.900,00 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es trägt vor:

Es halte an seinem Mietspiegel fest. D...

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