Entscheidungsstichwort (Thema)
Teileinkünfteverfahren – Ansatz des Auflösungsverlustes gemäß § 17 Abs. 4 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Die Bedingung für den nur teilweisen Abzug von Verlusten gemäß § 17 EStG tritt nicht ein, wenn der Stpfl. mit seiner Beteiligung keine Einnahmen erzielt hat.
- Zur Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG i.d.F. des JStG 2010.
- Das Teileinkünfteverfahren kommt ab VZ 2011 auch dann zur Anwendung, wenn zu diesem Zeitpunkt schon feststeht, dass aus der Beteiligung an einer KapG keine Einnahmen mehr erzielt werden.
- Maßgebend für den Anwendungszeitraum des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG ist der maßgebende Besteuerungstatbestand, d. h. der VZ, in dem der zu berücksichtigende Auflösungsverlust gemäß § 17 Abs. 4 EStG entstanden ist.
- Im Zurückgreifen auf ein subjektives Tatbestandsmerkmal, das vor Inkrafttreten des Gesetzes erfüllt wurde, liegt keine verfassungsrechtliche unzulässige Rückwirkung.
Normenkette
EStG § 3c; EStG § 17 Abs. 4
Streitjahr(e)
2011
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob der nach § 17 EStG zu berücksichtigende Verlust nach Maßgabe des Teileinkünfteverfahrens zum Ansatz kommt und inwieweit ein Arbeitgeberzuschuss zu der Krankenversicherung auf die Basisabsicherung oder auf Wahlleistungen entfällt.
Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.
Der Kläger war zu 20 % am Kapital der D GmbH (im Folgenden: D) beteiligt, deren Geschäftsführer er war. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 25.000,- €. Der Kläger erwarb seine Anteile zum Nominalbetrag.
Mit notariell beurkundetem Gesellschafterbeschluss vom 2. März 2011 wurde die Auflösung der D beschlossen und der Kläger zum Liquidator bestellt. Ausweislich der Bilanz auf den 31. Dezember 2011 lag eine bilanzielle Überschuldung der D in Höhe von 1.675.864,28 € vor.
Die Kläger zahlten im Streitjahr 2011 Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 6.597,- €, wovon 5.697,12 € auf die Basisabsicherung und 899,88 € auf die Wahlleistungen entfallen. Außerdem erhielt der Kläger einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 3.436,- €.
In seiner Einkommensteuererklärung für 2011 machte der Kläger einen Verlust gem. § 17 EStG in Höhe von 25.000,- €. Dabei handelt es sich um 20% des Stammkapitals von 25.000,- € sowie um 20% der in der Bilanz auf den 31. Dezember 2011 ausgewiesenen Kapitalrücklage von 100.000,- €, auf die der Kläger am 20. und 22. Februar 2008 insgesamt 20.000,- € eingezahlt hatte.
Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid 2011 vom 5. Dezember 2012 den Verlust gem. § 17 EStG zwar dem Grunde nach, wandte auf ihn aber das Teileinkünfteverfahren gem. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG an, so dass sich der Verlust auf 60 % von 25.000,- € = 15.000,- € minderte. Bei den Sonderausgaben verrechnete der Beklagte den Arbeitgeberzuschuss vollständig mit den Beiträgen zur Basisabsicherung.
Der dagegen eingelegte Einspruch, der ausschließlich mit der Kürzung des Verlustes nach § 17 EStG begründet wurde, hatte keinen Erfolg.
Die Kläger machen geltend, dass § 3c Abs. 2 EStG bei den Verlusten nach § 17 EStG keine Anwendung finde. Nach der Rechtsprechung des BFH sei diese Rechtsnorm nicht einschlägig, wenn der Steuerpflichtige aus der Beteiligung keine dem Teileinkünfteverfahren unterliegenden Einkünfte erzielt habe. Das sei hier der Fall. Etwas anderes gelte auch nicht im Hinblick auf den durch das Jahressteuergesetz 2010 eingefügten § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG. Diese Regelung und die damit einhergehende Änderung der Rechtslage gelte erst ab dem Veranlagungszeitraum 2011, d.h. nur dann, wenn der Steuerpflichtige nach dem 1. Januar 2011 die Absicht habe, nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerfreie Einnahmen zu erzielen. Da sich die D seit geraumer Zeit in der Krise befunden habe, habe schon lange vor dem 1. Januar 2011 unumstößlich festgestanden, dass die Inhaber der Geschäftsanteile keine nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Erträge erzielen würden. Somit hätte in 2011 zu keinem Zeitpunkt die Absicht bestanden, nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreie Einnahmen zu erzielen.
Darüber hinaus verstoße § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die vollständige oder teilweise Nichtabzugsfähigkeit von Veräußerungs- und Aufgabeverlusten bedeute eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips. Für dessen Durchbrechung müssten stets besondere sachlich rechtfertigende Gründe bestehen. Eine solche Rechtfertigung bestehe allein insoweit, als § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG sicherstelle, dass Verluste aus Kapitalanlagen nur insoweit steuerlich zu berücksichtigen seien, wie auch Gewinne besteuert werden. Die Kürzung der Ausgaben und Verluste nach § 3c Abs. 2 EStG setze allerdings begrifflich voraus, dass überhaupt Einnahmen und/oder Gewinne erzielt und unter Inanspruchnahme der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 40 EStG der Besteuerung unterworfen würden. Denn nur dann trete die für die Kürzung der Aufwendungen notwendige Bedingung ein.
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