rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Eigenheimzulage: Unentgeltliche Weiternutzung einer Immobilie durch die bisherige Eigentümerin

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Überlassung einer Wohnung bedeutet, dass der tatsächlich Nutzende die Nutzungsberechtigung unmittelbar vom Eigentümer ableitet. Das kann aufgrund eines obligatorischen oder dinglichen Rechts, oder auf bloßer Duldung beruhen.
  2. An einer Ableitung der Nutzungsberechtigung unmittelbar vom Eigentümer fehlt es, wenn der bisherige Eigentümer sich bei der Übertragung des Objekts ein schuldrechtliches/dingliches Nutzungsrecht vorbehält.
  3. Allein aus dem Umstand, dass der Erwerber das Objekt unter unveränderten Wohnverhältnissen dem Veräußerer unentgeltlich zur weiteren Nutzung zu eigenen Wohnzwecken überlässt, kann nicht auf ein (vereinbartes) faktisches Vorbehaltswohnrecht des Veräußerers geschlossen werden.
 

Normenkette

EigZulG § 4 S. 2

 

Streitjahr(e)

2006

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung der Eigenheimzulage ab 2006.

Mit notariellem Vertrag vom 14. Dezember 2005 erwarb der Kläger von seiner Mutter ein Einfamilienhaus in U. Bis zum Eigentumsübergang nutzte die Mutter des Klägers dieses Objekt aus ihrer Position als Eigentümerin. Gemäß § 6 des Vertrages betrug der Kaufpreis 128.000 EUR. Davon entfielen nach der Aufteilung im Vertrag auf den Grund und Boden 15.000 EUR und auf das aufstehende Gebäude 113.000 EUR. Nach dem Eigentumsübergang überließ der Kläger seiner Mutter das Objekt unentgeltlich zu Wohnzwecken. Im Kaufvertrag hatte sich die Mutter insoweit kein Nutzungsrecht vorbehalten.

Am 30. Mai 2007 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Eigenheimzulage ab dem Jahr 2006. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 12. November 2007 ab, weil aus seiner Sicht keine unentgeltliche Überlassung zu eigenen Wohnzwecken an einen Angehörigen vorliege und damit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Eigenheimzulagegesetz (EigZulG) nicht erfüllt seien. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiter. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Noch vor Erwerb habe er bei der Oberfinanzdirektion (OFD) angerufen und seinen Sachverhalt geschildert. Erst nachdem er von einem Mitarbeiter am Telefon eine positive Beurteilung seines Sachverhaltes hinsichtlich des Anspruchs und der Genehmigung der Eigenheimzulage erhalten habe, sei der Kaufvertrag abgeschlossen worden. Die Eigenheimzulage sei wesentlicher Bestandteil der Finanzierung. Nach dem Tod seines Vaters (4. Juni 2004) habe seine Mutter das Haus verkaufen müssen, da die aufgelaufenen Reparaturen nicht von ihr hätten finanziert werden können. Seit dem Verkauf der Immobilie nutze die Mutter sogar mehr Fläche als vor dem Verkauf der Immobilie, da der Kläger dringend notwendige Reparaturen und Instandhaltungen durchgeführt habe. Den Nachweis der tatsächlichen Kaufpreiszahlung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30. April 2009 durch Vorlage entsprechender Kontoauszüge erbracht.

Der Kläger beantragt,

die Eigenheimzulage ab dem Jahr 2006 in Höhe von jährlich 3.456 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Voraussetzung für eine unentgeltliche Überlassung der Wohnung an einen Angehörigen i.S.d. § 15 Abgabenordnung (AO) sei, dass der Nutzende seine Berechtigung unmittelbar vom Eigentümer ableite. Zwar habe sich die Mutter des Klägers bei der Veräußerung des Objektes im Kaufvertrag kein Nutzungsrecht vorbehalten, es könne jedoch aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse auf eine zwischen ihr und dem Kläger bestehende ausdrückliche – wenn auch nur mündliche – oder konkludente Vereinbarung über ein Nutzungsrecht geschlossen werden. Denn Nutzungsrechte könnten auch formlos begründet werden; auf eine gesicherte Rechtsposition der Mutter des Klägers komme es insoweit nicht an. Der Schluss auf eine mündliche oder konkludente Vereinbarung sei gerechtfertigt, weil die Mutter das Objekt vor und nach der Übergabe unverändert selbst nutze. Unbeachtlich sei hierbei die Nutzung von zwei Räumen des Objektes für Bürozwecke der Ehefrau des Klägers. Auch aus dem Sinn des Eigenheimzulagengesetzes ließe sich nicht die Notwendigkeit einer abweichenden Beurteilung herleiten. Indem das Gesetz in § 4 Satz 2 EigZulG das Überlassen von Wohnraum an Angehörige begünstige, wolle es als Nachfolgeregelung zu § 10h Einkommensteuergesetz (EStG) – wie diese Vorschrift – die Mobilisierung von Wohnreserven im Eigenheimbereich fördern, nicht aber durch Umverteilung des Eigentums innerhalb der Familie einen Anspruch auf Förderleistungen eröffnen, ohne dass tatsächlich für die Familie neuer Wohnraum hergestellt oder angeschafft worden sei.

Der Berichterstatter hat dem Beklagten mit Schreiben vom 16. September 2010 aufgegeben, zu prüfen, ob der vom Kläger gezahlte Kaufpreis von 128.000 EUR in etwa dem Verkehrswert der übertragenen Immobilie entspricht. Der Beklagte hat dies nach Prüfung durch den Bausachverständigen mit Schri...

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