vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [II R 74/05)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungsbegriff nach der älteren Rechtsprechung des BFH
Leitsatz (redaktionell)
- Was eine Wohnung ist, bestimmt sich bei der Bedarfsbewertung nach dem Wohnungsbegriff des Bewertungsrechts.
- Der Wohnungsbegriff ist im Gesetz nicht erläutert, es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung von der Verkehrsanschauung und den tatsächlichen Gegebenheiten im Wohnungswesen abhängt.
- Für Häuser, die z.B. vor 1990 errichtet worden sind, gelten andere Maßstäbe als für Neubauten. Auch bei Gebäuden, die nach dem 2. Weltkrieg errichtet worden sind, muss differenziert werden.
- Die neuere Rechtsprechung des BFH, die nur solche Räume als Wohnungen akzeptiert, die eine baulich getrennte, in sich abgeschlossene Wohneinheit mit eigenem Zugang bilden, gilt nur für die Bewertung von Wohngrundstücken, die 1973 oder später bezugsfertig errichtet, aus- oder umgebaut worden sind.
Normenkette
BewG § 146 Abs. 5
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Umstritten ist bei der Bedarfsbewertung auf den 13. August 2001, wie viele Wohnungen das Grundstück der Klägerin enthält.
Durch Vertrag vom 13. August 2001 erwarb die Klägerin (Kl) durch Schenkung das Grundstück A. Es ist mit einem Wohnhaus gebaut, das wie folgt gestaltet ist:
Durch die Haustür gelangt man in eine kleine Diele (Erdgeschoss). Am Ende der Diele befindet sich eine verschließbare Tür. Hinter dieser Tür liegen mehrere Räumen, die unstreitig den Wohnungsbegriff erfüllen.
Auf der rechten Seite der Diele führt eine Treppe in das obere Stockwerk. Sie mündet auf einen Flur, von dem drei Türen abgehen:
Die erste Tür liegt am Beginn des Flures gegenüber dem Treppenaufgang. Hinter dieser Tür ist ein ca. 17,5 qm großer Wohn-/Schlafraum mit einer benutzungsfähigen Küche sowie einem gut 3 qm großen Balkon.
Vom oberen Ende der Treppe aus gesehen führt der Flur im Übrigen nach rechts. Geht man ihn entlang, so befindet sich auf seiner rechten Seite eine zweite – verschließbare - Tür, hinter der ein 3,09 qm großes Duschbad/WC liegt.
Etwas weiter hinten, knapp hinter dem Zugang zu Duschbad/WC, ist der Flur durch eine dritte, querstehende Tür verschlossen. Dahinter liegen verschiedene Räume: Schlafzimmer, Wohnzimmer, eingerichtete Küche und Bad.
Die Klägerin geht davon aus, dass die beiden ersten der vorstehend genannten Räume, nämlich der Wohn-/Schlafraum + Duschbad/WC, eine eigene Wohnung bilden. Diese Räume sind gemeinsam vermietet, haben eigene Zähler und an der Haustür eine eigene Klingel. Unstreitig muss der Mieter dieser „Wohneinheit” den Flur überqueren, um aus seinem Wohn-/Schlafraum in das Duschbad/WC zu kommen.
Die Klägerin geht weiter davon aus, dass die hinter der dritten Tür des Flures liegenden Räume ebenfalls eine Wohnung darstellen. Ihres Erachtens besitzt das Grundstück somit 3 Wohnungen.
Durch den angefochtenen Feststellungsbescheid vom 21. Februar 2002 stellt der Beklagte (Finanzamt – FA -) den Grundstückwert für das Grundstück auf 308.000 DM (entsprechend 157.477 €) fest. Dabei machte das FA gemäß § 146 Abs. 5 Bewertungsgesetz (BewG) einen Zuschlag i.H.v. 20 v. H, weil das Grundstück nicht mehr als 2 Wohnungen enthalte.
Hiergegen wendet sich die Klägerin – nach erfolglosem Vorverfahren – mit der Klage. Während die übrigen Besteuerungsmerkmale nicht umstritten sind, meint die Klägerin, der Zuschlag gemäß § 146 Abs. 5 BewG dürfe nicht erfolgen, weil ihr Grundstück mehr als zwei (nämlich drei) Wohnungen enthalte: Das Erdgeschoss besitze eine Wohnung, das Obergeschoss zwei weitere: Einerseits den Wohn-/Schlafraum + Duschbad/WC, andererseits die Räume hinter der dritten Tür.
Die Klägerin trägt vor:
Die bauliche Gestaltung des Hauses bestehe in dieser Form unverändert seit 1960. Damit sei der sogenannte „ältere Wohnungsbegriff” der BFH-Rechtsprechung anzuwenden; danach enthalte das obere Stockwerk zwei Wohnungen. Dies sei übrigens sogar nach dem neuen Wohnungsbegriff des BFH der Fall.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückwerts zum Besteuerungszeitpunkt 13. August 2001 vom 21. Februar 2002 in der Form des Einspruchsbescheides vom 29. Oktober 2002 dahingehend zu ändern, dass der Grundstückwert von 308.000 DM auf 257.000 DM herabgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es meint, der im oberen Stockwerk gelegene Wohn-/Schlafraum nebst Duschbad/WC stelle keine Wohnung dar. Abgesehen von der unzureichenden Größe scheitere dies daran, dass beide Räume auf verschiedenen Seiten eines Flures lägen, den man durchqueren müsse, um zu den Wohnräumen hinter der dritten Tür zu gelangen.
Im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet. Das FA hat bei der Ermittlung des Grundstückwertes zu Recht einen Zuschlag i.H.v. 20 Prozent gemäß § 146 Abs. ...