rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff des Trinkgeldes
Leitsatz (redaktionell)
- Das Tatbestandsmerkmal „für eine Beschäftigung” i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist erfüllt, wenn der Vorteil durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist und sich die Einnahme als Ertrag der nichtselbstständigen Arbeit darstellt.
- Leistet ein Dritter die Zuwendung, ist das Merkmal „für eine Beschäftigung” erfüllt, wenn sie für eine Arbeitsleistung erbracht wird, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt und der Arbeitnehmer sie als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber auffassen kann.
- Erhält ein Arbeitnehmer eine Sonderzahlung i.H.v. zwei Monatsgehältern als Dank für langjährige Mitarbeit, so ist keine Zahlung i.S. des § 3 Nr. 51 EStG gegeben, auch wenn die Zahlung nicht unmittelbar von der Arbeitgeber-GmbH, sondern von der Mehrheitsgesellschafterin der GmbH gezahlt wird. Der Mehrheitsgesellschafter der Arbeitgeber-GmbH ist wegen seiner wirtschaftlichen Verbundenheit mit diesen nicht „Dritter” i.S. des Trinkgeldbegriffs.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 51, § 19
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
BFH (Urteil vom 03.05.2007; Aktenzeichen VI R 38/05) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob zusätzliche Gehaltszahlungen eines Dritten einkommensteuerpflichtig sind und ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 51 EStG (Trinkgeld) vorliegen.
Die Klägerin ist bei der Firma X GmbH tätig und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Geschäftsanteile der X GmbH gehörten zunächst in Höhe von 90,01 % der Y Holding AG. Im Jahre 2002 veräußerte die Y Holding AG ihre Anteile an der X GmbH an Dritte, z. T. an die amerikanische FA. Z. Über den Anteilsverkauf informierte die X GmbH ihre Arbeitnehmer schriftlich mit Datum vom 7. März 2002. Im dem Schreiben setzte sie ihre Mitarbeiter auch darüber in Kenntnis, daß die Y Holding AG als Dank und Anerkennung jedem Mitarbeiter im X Konzern zwei zusätzliche Monatsgehälter zahle. Die Sonderzahlung werde nach Vertragsvollzug mit dem nächsten Monatsgehalt nach Steuerabzug ausgezahlt. Mit weiterem Schreiben vom 21. Mai 2002 unterrichtete die Fa. X ihre Mitarbeiter darüber, daß der Anteilsverkauf am 15. Mai 2002 vollzogen worden sei und dass die Anerkennungsprämie der Fa. Y Holding mit der Gehaltsabrechnung im Monat Juni 2002 erfolgen werde.
Auf diese Weise erhielt auch die Klägerin zusätzlich zu ihrem Jahreslohn eine Sonderzahlung in Höhe von brutto 4.232 €, von der ihr Arbeitgeber (X) Lohnsteuern einbehielt. Das Finanzamt unterwarf die Sonderzahlung der Besteuerung.
Dagegen hat die Klägerin nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben, mit der sie die Freistellung der Sonderzahlung von der Besteuerung erstrebt. Zur Begründung verweist sie auf § 3 Nr. 51 EStG. Nach dieser Norm seien Trinkgelder, die ein Dritter einem Arbeitnehmer freiwillig anlässlich einer Arbeitsleistung zahle, steuerfrei. Die Sonderzahlung des Y Konzern erfülle alle Anforderungen des Trinkgeldbegriffs im Sinne dieser Norm. Es liege eine freiwillige Zuwendung vor, auf die sie keinen Rechtsanspruch habe. Es handele sich um eine persönliche Schenkung für erwiesene Dienstleistungen. Die Y AG sei auch Dritter im Sinne der Norm, mit der sie in keinerlei vertraglichen Beziehungen stehe. Ein Arbeitsvertrag bestehe nur zwischen ihr und der Fa. X GmbH, die Schenkung stamme jedoch von der Konzernmutter Y AG. Der Umstand, daß ihr Arbeitgeber X in die Zahlung eingebunden gewesen sei, stehe der Anwendung der Norm nicht entgegen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Einspruchsbescheides vom 8. Dezember 2003 und des Bescheides vom 23. Oktober 2003 die Einkommensteuer für 2002 zu reduzieren und dabei den von der Fa. Y AG gezahlten Betrag von 4.232 € steuerfrei zu belassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, daß die Sonderzahlung der Fa. Y kein Trinkgeld im Sinne von § 3 Nr. 51 EStG sei. Es existiere zunächst eine betriebsinterne Vereinbarung zwischen der Fa. Y und der Arbeitgeberin X über die Sonderzahlungen. Daraus werde deutlich, dass es sich bei der Zahlung um eine nicht vom Dienstverhältnis lösgelöste und nicht auf privaten Motiven beruhende Schenkung handele. Es liege vielmehr ein Drittlohn vor, der im Rahmen eines Dienstverhältnisses üblicherweise für eine Arbeitsleistung erbracht werde.
Wegen des Vortrags der Parteien im Übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze im Klage- und im Vorverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die Sonderzuwendung der Fa. Y ist steuerpflichtiger Arbeitslohn der Klägerin.
Eine einkommensteuerlich irrelevante Schenkung liegt nicht vor.
Gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Nach S. 2 der Norm ist es gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Be...