Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine verfassungswidrige Verletzung schutzwürdigen Vertrauens durch die rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 S. 5 bis 7 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Keine verfassungswidrige Verletzung schutzwürdigen Vertrauens durch die rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 S. 5 bis 7 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der Entlastung von Abzugssteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer (AbzStEntModG) vom 02.06.2021 (BGBl. I 2021, 1259) gemäß § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG.
Normenkette
EStG § 5a Abs. 4 S. 5, § 6 Abs. 3, § 52 Abs. 10 S. 4; GG Art. 20 Abs. 3
Streitjahr(e)
2016
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Beteiligungseinkünfte des Klägers an der L-KG (Schifffahrtsgesellschaft) im Veranlagungszeitraum (VZ) 2016.
Ursprünglich war der im Jahr 2004 verstorbene Vater des Klägers mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 300.000 € an der Schifffahrtsgesellschaft beteiligt. Im Wege der Gesamtrechtsnachfolge traten an seiner Stelle der Kläger mit einer Einlage von 75.000 €, dessen Bruder mit einer Einlage von 75.000 € sowie die Mutter des Klägers mit einer Einlage von 150.000 € in die Schifffahrtsgesellschaft ein. Die Mutter des Klägers übertrug ihre Kommanditeinlage im Wege der Schenkung mit Wirkung zum 31.12.2007 je zur Hälfte auf den Kläger und dessen Bruder, sodass sich die Kommanditeinlage des Klägers im Streitzeitraum auf 150.000 € belief.
Die Schifffahrtsgesellschaft ermittelte ihren Gewinn von 2005 bis 2015 gemäß § 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ihren Antrag auf Gewinnermittlung nach § 5a EStG nahm die Schifffahrtsgesellschaft mit Wirkung vom 01.01.2016 zurück. Die in der Vergangenheit festgestellten Unterschiedsbeträge rechnete sie im Jahr 2016 anteilig (zu 20%) dem Gewinn nach § 5a Abs. 1 EStG hinzu. Der Beklagte führte die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2016 mit gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid erklärungsgemäß durch. Dementsprechend stellte der Beklagte für den Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 13.000 € fest, die sich aus einem hinzugerechneten Unterschiedsbetrag in Höhe von 2.500 € sowie laufenden Einkünften in Höhe von ./. 15.500 € zusammensetzten. In der Folgezeit ergingen Änderungsbescheide gemäß § 164 Abs. 2 AO aus nicht streitbefangenen Gründen ohne Auswirkung auf die Einkünfte des Klägers.
Im November 2018 stellte der Kläger einen Antrag auf Änderung des Feststellungsbescheides für 2016 mit dem Ziel, ihm den aufgelösten Unterschiedsbetrag in Höhe von 2.500 € nicht zuzurechnen. Zur Begründung führte er aus, dass der Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 EStG ausweislich des Urteils des Finanzgerichts Hamburg vom 19.12.2017, 2 K 277/16, EFG 2018, 655 in einem sehr viel früheren Veranlagungszeitraum hätte versteuert werden müssen, nämlich im Zeitpunkt der Übertragung der Mitunternehmeranteile durch den Vater im VZ 2004 bzw. durch die Mutter im VZ 2007. Es könne nicht zu einer Hinzurechnung des auf den Erblasser bzw. des auf die Schenkerin entfallenden Anteils in einem späteren, auf das Erbe bzw. die Schenkung folgenden VZ kommen. Eine Berücksichtigung des Unterschiedsbetrages in einem sehr viel späteren Veranlagungsjahr sei nicht mehr möglich.
Mit Bescheid vom…01.2019 lehnte der Beklagte die Änderung des Feststellungsbescheides für 2016 ab. Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und beantragte das Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zur höchstrichterlichen Entscheidung in dem unter dem Aktenzeichen IV R 4/18 vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Revisionsverfahren.
Im Februar 2020 beantragte der Kläger die Wiederaufnahme des Einspruchsverfahrens, da der BFH mit Urteil vom 28.11.2019, IV R 28/19 entschieden hatte, dass der Begriff des Ausscheidens in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG jedes Ausscheiden eines Gesellschafters umfasse, unabhängig davon, ob der Gesellschafter unentgeltlich oder entgeltlich, im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge ausscheide. Demzufolge könnten in einem Gewinnfeststellungsbescheid nur solchen Mitunternehmern aufgelöste Unterschiedsbeträge zugerechnet werden, für die in dem Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG auch entsprechende Unterschiedsbeträge festgestellt worden seien. Wenn für einen Mitunternehmer -wie vorliegend dem Kläger- in diesem Bescheid kein Unterschiedsbetrag festgestellt worden sei, könne ihm in einem späteren Gewinnfeststellungsbescheid kein Betrag aus der Auflösung eines Unterschiedsbetrages zugerechnet werden. Im Falle des Ausscheidens eines Mitunternehmers aus der Gesellschaft, ohne dass im Jahr seines Ausscheidens der für ihn im Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG festgestellte Anteil am Unterschiedsbetrag aufgelöst und seinem Gewinn hinzugerechnet worden sei, könne die unterbliebene Auflösung und Zurechnung nicht in einem späteren Jahr nachgeholt werden.
Über den Einspruch de...