Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeld für türkische Staatsangehörige mit bloßer Aufenthaltsbefugnis
Leitsatz (redaktionell)
- Der Anspruch eines Ausländers auf Kindergeld setzt gem. § 62 Abs. 2 EStG voraus, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist.
- Besitzt der ausländische Anspruchsteller lediglich eine Aufenthaltsbefugnis, besteht kein Anspruch auf Kindergeld, da dieses nur den Ausländern gewährt werden soll, die erwartungsgemäß auf Dauer in Deutschland bleiben.
- Der Gesetzgeber hat diese Fälle typisierend auf die Fälle der Aufenthaltsberechtigung und Aufenthaltserlaubnis beschränkt.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Kindergeld für die Kinder ... und ... für den Zeitraum ... .
Die Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Mit Bescheid vom ... hob das beklagte Arbeitsamt die Festsetzung des Kindergeldes für die Kinder ... und ... mit Ablauf des Monats ... auf. Zur Begründung führte es aus, die Kinder könnten ab ... nicht mehr berücksichtigt werden, weil die Klägerin weder im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis noch einer Aufenthaltsberechtigung sei (§ 62 Abs. 2 EStG), sondern lediglich über eine Aufenthaltsbefugnis verfüge. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, es sei entsprechend der jüngsten Entscheidung des europäischen Gerichtshofes zu den Anspruchsvoraussetzungen von Ausländern auf Erziehungsgeld rechtswidrig, den Anspruch von Ausländern auf Kindergeld von der zusätzlichen Voraussetzung einer Aufenthaltsgenehmigung in Form einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung abhängig zu machen.
Im Verlauf des Klageverfahrens, am ... , ist der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Daraufhin hat das Arbeitsamt ab ... die Kindergeldzahlung wieder aufgenommen. Die Klägerin hat den Rechtsstreit insoweit, als Kindergeld ab ... geltend gemacht wurde, für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid des Beklagten vom ... i.d.F. des Einspruchsbescheides ... vom ... aufzuheben und der Klägerin für die Zeit von ... Kindergeld in gesetzlicher Höhe für die Kinder ... und ... zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auch er hat den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt, als Kindergeld für die Zeit ab ... beantragt worden ist.
Die Klägerin könne sich nicht auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EUGH) vom 04.05.1999 C 262/96 berufen, wonach sich türkische Staatsangehörige, die sich im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung befinden, auf Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 (ARB 3/80) stützen können, um Kindergeld zu erhalten. Denn im vorliegenden Fall sei der Klägerin zunächst eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz und anschließend eine Aufenthaltsbefugnis erteilt worden. Personen, die als Asylbewerber nach Deutschland eingereist seien, zunächst eine Aufenthaltsgestattung und anschließend eine Aufenthaltsbefugnis erhalten haben, seien durch das Assoziationsabkommen EWG/Türkei und die auf seiner Grundlage ergangenen Beschlüsse nicht begünstigt. Ziel bzw. Gegenstand des Assoziationsabkommens EWG/Türkei sei die Errichtung einer Assoziation zur Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen und einer schrittweisen Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zwischen den Vertragsparteien. Das Abkommen und die entsprechenden Beschlüsse sollen danach Personen begünstigen, die zur Arbeitssuche bzw. Arbeitsaufnahme nach Deutschland kommen, nicht hingegen Personen, die aus anderen, insbesondere politischen Gründen ihr Herkunftsland verlassen und als Asylbewerber nach Deutschland eingereist seien. Der Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 15.10.1998 B 14 EG 7/97 R.
Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet und sich mit der Entscheidung durch den/die Berichterstatter/in einverstanden erklärt (§ 79a Abs. 3, 4 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Gemäß § 62 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) hat ein Ausländer Anspruch auf Kindergeld, wenn er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist.
Im Streitfall war die Klägerin während des Zeitraumes ... unstreitig nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Aufenthaltserlaubnis, sondern besaß lediglich eine Aufenthaltsbefugnis. Diese Aufenthaltsbefugnis steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 62 Abs. 2 EStG der weitergehenden Aufenthaltsberechtigung bzw. Aufenthaltserlaubnis nicht gleich (vgl. BFH-Beschluss vom 01.12.1997 VI B 147/97, BFH/NV 1998, 696; vom 14.08.1997 VI B 43/97, BFH/NV 1998, 169). Eine erweiternde über den Wortlaut hinausgehende Auslegung des § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG dahingehend, dass Kindergeld auch Ausländern mit Aufenthaltsbefugnis gewährt werden müsse, kommt nach Auffassung des Gerichtes nicht in Betracht. Denn dies würde dem Willen des Gesetzgebers widerspr...