vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachholung der Gewerbesteuerzerlegung bei Änderung eines gem. § 173 Abs. 2 AO erhöht bestandskräftigen Steuermessbescheides
Leitsatz (redaktionell)
Die Jahresfrist nach § 189 Satz 3 AO beginnt mit jedem Änderungsbescheid erneut zu laufen. Die Nachholung einer unterbliebenen Zerlegung ist auch bei Änderung eines gem. § 173 Abs. 2 AO erhöht bestandskräftigen Gewerbesteuermessbescheides nicht auf den Änderungsbetrag begrenzt.
Normenkette
AO § 189 S. 3, § 173 Abs. 2; GewStG § 28
Tatbestand
Streitig ist die Zerlegung von Gewerbesteuermessbeträgen.
Die Klägerin ist zum 31. Mai 2016 im Wege der Verschmelzung aus den in den Jahren 1995/1996 gegründeten rechtlich selbständigen Firmen A GmbH (A) und B GmbH (B) hervorgegangen. Gesellschafter zu je 50% und jeweils alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der A wie auch der B waren in den Streitjahren KS sowie CK.
Das Stammhaus des Unternehmens der Klägerin und der Vorgängerfirmen befindet sich in X. Eigentümer der Immobilie war bis Oktober 2005 CK, danach und auch in den Streitjahren eine KG mit CK als Komplementär und Familienangehörigen als Kommanditisten.
In den Streitjahren lag das operative Geschäft (Betrieb der Fachmärkte an den einzelnen Standorten) bei der A. Diese beschäftigte an den verschiedenen Standorten rd. 1.000 Mitarbeiter.
Die B beschäftigte in den Streitjahren einen ebenfalls alleinvertretungsberechtigten dritten Geschäftsführer (W), außerdem einen weiteren Arbeitnehmer (S).
Im Prüfungszeitraum befanden sich im Eigentum der B an die A vermietete Grundstücke, auf denen diese ihre Fachmärkte betrieb. Die B erbrachte zudem Dienstleistungen an die A im Rahmen eines Franchise-Vertrages vom 1. Mai 1996 (GA I Bl. 193ff). Die Vergütung der verschiedenen Dienstleistungen richtet sich nach der Dienstleistungsliste DL 2 (GA I Bl. 207f.).
Die B erzielte Erlöse in zweistelliger Millionenhöhe, insbesondere aus der Vermietung der Grundstücke sowie aus dem Franchisevertrag (Übersicht Erträge GA I Bl. 166f.). In den Erlösen ist zudem ein monatlicher Betrag von 13.500 €/netto (jährlich 162.000 €) enthalten, den die B der A für Arbeiten in der Finanzbuchhaltung/Rechnungswesen pauschal in Rechnung stellte (vgl. Abrechnung für Dezember 2009, GA II Bl. 96).
Die B zahlte in den Streitjahren Geschäftsführergehälter an KS und CK i.H.v. zusammen rd. 603.000 € (2009 und 2010) bzw. 463.000 € (2011). W erhielt in den Streitjahren ein Gehalt i.H.v. jährlich rd. 110.000 €, S i.H.v. rd. 70.000 €. Von der A bezog CK nur in 2011 ein Gehalt i.H.v. rd. 247.000€, KS erhielt ein Gehalt von jährlich rd. 214.000 bis rd. 248.000 €. W und S bezogen von der A kein Gehalt (Aufstellung Gehaltszahlen Ermittlungsakte KS Band I Bl. 231).
Die B hatte ihren eingetragenen Sitz bis 2007 in X.
Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 8. Januar 2008 verlegte die B ihren Sitz von X in die 50 km entfernte Gemeinde Y. Der dort erhobene Gewerbesteuersatz lag um 150 Prozentpunkte unter dem der Gemeinde X.
Der B standen in Y angemietete Räumlichkeiten im Betriebsgebäude eines langjährigen Geschäftspartners zur Verfügung, konkret ein Büroraum von 12 qm, den die B mit Vertrag vom 18. Dezember 2007 für eine monatliche Miete von 94 €/netto angemietet hatte.
Infolge der Sitzverlegung gab der Beklagte die Bearbeitung an das örtlich zuständige FA Z ab. Auf Rückfrage erteilte die B dem FA die Auskunft, dass die bisherige Betriebsstätte in X mit der Sitzverlegung aufgegeben worden sei. Die B wurde für die Veranlagungszeiträume 2008 bis 2013 dementsprechend beim FA Z geführt. Die Beteiligten gingen von einer alleinigen Hebeberechtigung der Gemeinde Y aus, die die Gewerbesteuer auf Grundlage der Gewerbesteuermessbescheide festsetzte.
Für 2009 erließ das seinerzeit zuständige FA Z einen Gewerbesteuermessbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vom 20. September 2010. Nach einer Betriebsprüfung des Prüfungszeitraums 2006 bis 2009 erging ein Änderungsbescheid vom 3. April 2012, mit dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Für 2010 und 2011 ergingen ebenfalls Erstbescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung. In den Bescheiden war jeweils die Gemeinde Y als hebeberechtigte Gemeinde ausgewiesen.
Durch Gesellschafterbeschluss vom 6. August 2015 gab die Klägerin die Betriebsstätte in Y auf und verlegte den Sitz der B nach X zurück.
Zuvor hatte das örtlich zuständige Finanzamt für Fahndung und Strafsachen (FAFuSt) am 25. März 2015 gegen KS sowie am 14. April 2015 gegen CK steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet wegen des Verdachts der Hinterziehung von Gewerbesteuer 2008 bis 2013 zugunsten der B durch unzutreffende Angaben bezüglich der tatsächlich unterhaltenen Betriebsstätten der B. Das Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Im Zuge der Ermittlungen wie auch der Ermittlungen im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung gelangte der Beklagte zu der Einschätzung, dass die B seit 2008 zwei Be...