Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung als Steuerberater
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen des Widerrufs der Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls.
- Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet oder dieser in das Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist.
- Allein die Möglichkeit, die wirtschaftliche Situation des in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu bereinigen, bedeutet nicht, dass dessen wirtschaftlichen Verhältnisse nunmehr als geordnet zu betrachten sind.
- Die Tatsache, dass ein Stpfl. in Teilzeit als angestellter Steuerberater tätig ist, schließt die Anwendung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG nicht aus.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Tatbestand
Streitig ist ein Widerruf der Bestellung als Steuerberater. Nachdem der Kläger nicht mehr in der Lage war, seine Verbindlichkeiten zu tilgen, gab er am … seine frühere selbständige Tätigkeit als Steuerberater auf. Seit … ist er bei der X-Steuerberatungsgesellschaft mbH mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von … Stunden und einer Bruttovergütung in Höhe von … € monatlich teilzeitbeschäftigt als Steuerberater nichtselbstständig tätig. Am … wurde auf Antrag des Klägers ein Verbraucherinsolvenzverfahren über dessen Vermögen eröffnet.
Mit Schreiben vom … wies der Beklagte den Kläger auf die Vorschrift des § 46 Steuer-beratungsgesetz (StBerG) hin und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme, da der Kläger am … vor dem Amtsgericht Y eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte.
Mit Schreiben vom … beantragte der Kläger, von einem Widerruf seiner Bestellung abzusehen, da keine Gefährdung von Interessen seiner Auftraggeber zu befürchten sei. Er, der Kläger, sei … nach einem ca. … Jahre dauernden Zivilrechtsstreit zur Zahlung eines Gesamtbetrages von…€ verurteilt worden. Eine Einkommensteuerschuld beim Finanzamt (FA) Z resultiere im Wesentlichen aus dem Ausscheiden des Klägers aus der ehemaligen Partnerschaft A zum…Diese sei ebenfalls eine Folge des Zivilrechtsstreits gewesen. Eine Begleichung der am … fälligen Einkommensteuerschuld habe nicht erfolgen können, da er zwar eine Darlehenszusage gehabt habe, diese aber an die aufschiebende Bedingung eines abgeschlossenen Zivilrechtsstreits geknüpft gewesen sei; seinerzeit sei der Zivilrechtsstreit aber noch anhängig gewesen. Daher habe er im … begonnen, seine damalige Einzelpraxis abzuwickeln und in ein Anstellungsverhältnis zu wechseln. Er habe alle laufenden Umsatzsteuer-, Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge beglichen.
Nach Abschluss des Zivilrechtsstreits habe er unverzüglich einen Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens gestellt, der jedoch vom zuständigen Amtsgericht B wegen der bereits beendeten Selbstständigkeit als unzulässig angesehen worden sei. Für einen Antrag auf Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens sei zunächst der erfolglose Versuch einer außergerichtlichen Schuldenregulierung erforderlich gewesen. Da er nicht in der Lage gewesen sei, alle Verbindlichkeiten zu tilgen, habe er keinerlei Zahlungen geleistet, um eine Benachteiligung einzelner Gläubiger zu vermeiden. Stattdessen habe er den Weg eines Insolvenzverfahrens beschritten.
Seinen eigenen steuerlichen Verpflichtungen sei er stets pünktlich nachgekommen. Die Einkommensteuererklärung 2008 habe er lediglich deshalb „leicht verspätet” Anfang Januar 2010 eingereicht, da er nicht informiert gewesen sei, wann die Steuererklärung für die Partnerschaft eingereicht worden sei und welcher Gewinnanteil darin berücksichtigt worden sei. Die Einkommensteuererklärung 2009 habe er im Februar 2010 eingereicht.
Zum … sei er, der Kläger, in ein abhängiges Teilzeitbeschäftigungsverhältnis bei der X-Steuerberatungsgesellschaft mbH eingetreten. An dieser Gesellschaft sei er nicht beteiligt; er sei kein Geschäftsführer und habe keine über ein „normales Beschäftigungsverhältnis” hinausgehenden Kompetenzen. Insbesondere sei er nicht berechtigt, Gelder in Empfang zu nehmen, habe keine Bankvollmacht oder sonstige Verfügungsmacht über Geldbeträge der Kanzlei. Die X-Steuerberatungsgesellschaft habe zwei Geschäftsführer, so dass eine tatsächliche Kontrolle gewährleistet sei, dass die arbeitsvertraglichen Bestimmungen eingehalten würden. Allein die Geschäftsführung dieser Gesellschaft entscheide, welche Aufträge er als Sachbearbeiter übernehme.
Aufgrund des Insolvenzverfahrens bestehe außerdem umfassender Vollstreckungsschutz. Das Insolvenzverfahren gebe ihm die Aussicht, seine Schulden in einem angemessenen Zeitraum in gesetzlich regulierter Weise zu beseitigen. Ob dies durch Restschuldbefreiung oder Tilgung erfolge, könne für die Frage des Widerrufs der Bestellung nicht von Bedeutung sein.
Der Kläger legte eine Bescheinigung seiner Arbeitgeber vom … und eine Kopie seines Arbeitsvertrages vom … vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bestätigung und den Arbeitsvertrag (Akte … des Beklagten) Bezug ge...