vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VII R 35/09)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Steuersatz für Nahrungsergänzungsmittel
Leitsatz (redaktionell)
Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen für Nahrungsergänzungsmittel der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. der Anlage zum UStG anzuwenden ist, insbesondere hinsichtlich sog. Fläschchen „Q 10 Vital!” und Aloe-Vera-Säften.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1
Streitjahr(e)
2001, 2002, 2003
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin handelt mit biologischen Kur- und Heilmitteln, Kosmetika und Körperpflegeprodukten. Darüber hinaus stellte sie in den Streitjahren so genannte Nahrungsergänzungsmittel her und veräußerte diese. Letzt genannte Ausgangsumsätze unterwarf sie dem begünstigen Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. der Anlage zum UStG. Dementsprechend erklärte sie die Umsätze in ihren Steuererklärungen.
Nach einer Außenprüfung nahm der Beklagte an, dass der ermäßigte Steuersatz nur auf Umsätze angewendet werden könne, die dem in der Anlage genannten Zolltarifnummern zuzuordnen seien. Für die einzelnen Produkte könnten unverbindliche Zolltarifauskünfte eingeholt werden. Während der Außenprüfung holte die Klägerin für verschiedene Produkte verbindliche Zolltarifauskünfte ein. Danach ergab sich, dass für die Nahrungsergänzungsmittel in nicht flüssiger Form eine Einordnung in die Zollnomenklatur 2106 mit der Folge des begünstigten Steuersatzes angenommen werden könne, hingegen für die Nahrungsergänzungsmittel in flüssiger Form eine Einstufung als Getränk und damit unter den Zollnomenklatur 2202 zu erfolgen habe. Soweit die Klägerin Kombinationspackungen veräußere, die sowohl Ergänzungsmittel in fester als auch in flüssiger Form beinhalteten, teilte die Außenprüfung – insoweit einvernehmlich mit der Klägerin – die Umsätze zu je ein Halb zu den begünstigten bzw. nicht begünstigten Umsätzen auf. Dementsprechend setzte der Beklagte die Umsatzsteuer mit Änderungsbescheiden vom 24. Oktober 2005 fest.
Im sich anschließenden Einspruchsverfahren setzte der Beklagte die Umsatzsteuer insoweit herab, als er nunmehr annahm, dass die Lieferung von Lachsölkapseln steuerbegünstigt sei. Im Übrigen wurde der Einspruch abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin möchte den begünstigten Steuersatz für sämtliche Nahrungsergänzungsmittel erreichen. Sie trägt vor, dass sämtliche Produkte lebensmittelrechtlich zwingend als Nahrungsergänzungsmittel zu qualifizieren seien und damit den restriktiven Ordnungsvorschriften des Lebensmittelrechts unterlägen. Insbesondere seien die in Rede stehenden Produkte lebensmittelrechtlich nicht als Getränke einzuordnen. Soweit während der Außenprüfung verbindliche Zolltarifauskünfte auf Anregung des Außenprüfers eingeholt und erteilt worden seien, seien diese ersatzlos aufgehoben worden. Im Kern gehe es darum, ob es rechtens sei, dass sämtliche in flüssiger Form dargereichten Produkte als Getränke unter Position 2202 der kombinierten Nomenklatur zu fassen seien. Dies werde bestritten.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer 2001 auf 98.078,90 €, die Umsatzsteuer 2002 auf 55.836,73 € und die Umsatzsteuer 2003 auf 32.897,99 € herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung verweist er auf die Rechtsprechung des EUGH Urteil vom 26. März 1981, wonach der zolltarifliche Begriff Getränk nach objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen sei. Danach seien Getränke alle Flüssigkeiten, die zum menschlichen Genuss geeignet und bestimmt seien, ohne dass es auf die eingenommene Menge und die besonderen Zwecke ankomme, denen die verschiedenen Arten genießbarer Flüssigkeiten dienen könnten. Der Bundesfinanzhof habe im nachfolgenden Urteil vom 22.01.1985 entschieden, dass eine Flüssigkeit nur dann nicht trinkbar sei, wenn es jedem Durchschnittsverbraucher unmöglich sei das Erzeugnis unmittelbar, ohne Verdünnung oder sonstige Beigaben zu trinken. Soweit die Klägerin in Einzelprodukten oder Kombinationsprodukten Nahrungsergänzungsmittel in flüssiger Form vertreibe, erfüllten diese Produkte den Begriff des Getränks.
Die Klägerin hat dem Gericht in der mündlichen Verhandlung eine Packung der Kur „4-Jahreszeiten” übergeben und den Inhalt erläutert. Gleiches gilt für die Produkte Aloe-Vera-Drink. Außerdem ist dem Gericht die Umverpackung zu dem Produkt Q 10 Vital überreicht worden. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf das Protokoll vom heutigen Tage Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ermäßigt sich die Umsatzsteuer auf 7 v.H. für die Lieferungen der in der Anlage zu dieser Norm bezeichneten Gegenstände. In der laufenden Nummer 33 dieser Anlage sind verschiedene Lebensmittelzubereitungen genannt, die unter dem Zolltarif in Kapitel 21 einzuordnen sind.
Damit verweist die Anlage zu § 12 Abs. 2 UStG in Abgrenzungsfragen auf den gemeinsamen Zolltarif...