rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zufluss einer Honorarforderung trotz Abtretung
Leitsatz (redaktionell)
- Einnahmen sind zugeflossen, sobald der Stpfl. wirtschaftlich über sie verfügen kann.
- Die Zahlung auf ein sog. „Fremdgeldkonto” hindert den Zufluss nicht, wenn der Kl. mit einer Gutschrift dazu in die Lage versetzt wurde, im Verhältnis zur Bank über den gutgeschriebenen Betrag zu verfügen.
- Ein Stpfl. mit Einkünften aus selbstständiger Arbeit kann sich der Erfassung von Einnahmen in seiner Person nicht dadurch entziehen, dass er den Anspruch auf die Einnahmen zivilrechtlich auf einen Dritten überträgt.
- Bei einer Forderungsabtretung sind dem Stpfl. die Einnahmen bei Zufluss an den Dritten zuzurechnen. Etwas anderes könnte sich allenfalls bei entgeltlicher Forderungsübertragung ergeben.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3, §§ 8, 11, 18
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlung der Zufluss einer abgetretenen Honorarzahlung zu berücksichtigen ist.
Die Kläger sind Eheleute, die in der Vergangenheit zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielt als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Er beriet A bei der Rückabwicklung eines Vertrags und machte nach Abschluss des Aufhebungsvertrags einen Honoraranspruch in Höhe von 3xx.xxx,xx € geltend. A zahlte einen Teilbetrag in Höhe von 7x.xxx,xx €. Weitere Zahlungen lehnte er unter Hinweis auf eine mit dem Kläger getroffene Honorarvereinbarung ab. Der von dem Kläger erhobenen Klage auf Zahlung weiterer 2xx.xxx € zuzüglich Zinsen gab das Landgericht Statt. Die von A eingelegte Berufung wurde von dem Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2008 teilte der Kläger dem Beklagten (dem Finanzamt – FA –) mit, dass er am 19. Mai 2008 einen Betrag in Höhe von 3xx.xxx,xx € vereinnahmt habe, bei dem es sich ursprünglich um Gebührenforderungen aus anwaltlicher Tätigkeit gehandelt habe. Allerdings sei der Anspruch durch Vertrag vom 22. Februar 2007 auf die X Ltd. (X) mit Sitz im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland übertragen worden. Die X, deren Anteile von ihm – dem Kläger – gehalten würden, habe als Special Purpose Vehicle fungieren und die Finanzierung des Prozesses gegen den betreffenden Mandanten sicherstellen sollen. Der Forderungskaufpreis habe gezahlt werden sollen, sobald Investoren gefunden worden seien, die das Prozesskostenrisiko hätten tragen sollen. Leider sei die Suche nach Investoren erfolglos verlaufen. Die X, die damit Inhaberin der Forderung sei, werde diese nach Zahlungseingang im Vereinigten Königreich versteuern. Für den Fall, dass das FA jedoch der Ansicht sei, die Zahlung sei von ihm zu versteuern, bitte er um einen entsprechenden Hinweis.
Dem Schreiben war eine Ablichtung des zwischen dem Kläger und der X geschlossenen
Forderungskaufvertrags beigefügt.
In § 1 des Vertrags heißt es, der Kläger (Anspruchsinhaber) gehe davon aus, Inhaber der in Anlage 1 näher bezeichneten streitigen Ansprüche zu sein, und wolle diese gerichtlich durchsetzen, ohne die damit verbundene Liquiditätsbelastung und das Prozesskostenrisiko zu tragen. Die X (Forderungskäuferin) erklärte sich zur Übernahme dieser Belastungen und Risiken gegen Erwerb der Forderung bereit und verpflichtete sich, dem Anspruchsinhaber einen Kaufpreis in Höhe von 5 Prozent des Bruttobetrags der Forderung in Höhe von 2xx.xxx,xx €, d.h. 1x.xxx,xx €, zu zahlen. Weiter heißt es, dass die Forderungskäuferin die Absicht habe, das übernommene Prozesskostenrisiko vollständig an Investoren zu verkaufen und diesen entsprechend den von ihnen übernommenen Anteilen Beteiligungen an ihrem Gewinnbezugsrecht einzuräumen. Der Forderungskaufpreis sollte fällig werden, sobald alle Investoren ihren Anteil am Forderungskaufpreis an die Forderungskäuferin gezahlt hatten.
Die Verteilung des Erlöses bei erfolgreicher Durchsetzung der streitigen Ansprüche wird in § 5 des Forderungskaufvertrages geregelt. Danach sollten aus dem Erlös zunächst die der Forderungskäuferin bzw. dem Anspruchsinhaber entstandenen Verfahrenskosten gedeckt werden. Der verbleibende Erlös sollte der Forderungskäuferin zustehen. Die „Fälligkeit des Anspruches auf Erfolgsbeteiligung” wird in § 5 Buchstabe c des Vertrags wie folgt geregelt:
„Der Erlös der Rechtsverfolgung ist unverzüglich an die Forderungskäuferin auszukehren, sobald er dem Anspruchsinhaber oder seinem Vertreter zufließt, im Fall der Befreiung von der Verbindlichkeit, sobald diese wirksam wird, und ansonsten, sobald ein erlangter Vermögensvorteil eintritt.
Im Gesellschafterinnenverhältnis zwischen Anspruchsinhaber und Forderungskäuferin ist Voraussetzung der Erfolgsbeteiligung die vorherige Zahlung der Prozesskosten sowie des Forderungskaufpreises. Da die Forderungskäuferin zur Zahlung von Prozesskosten bzw. Forderungskaufpreis erst verpflichtet ist, sobald sie Investoren gefunden hat, kann der Anspruchsinhaber de...