vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 4/23)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsfähigkeit von Stellplatzkosten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung
Leitsatz (redaktionell)
Stellplatzkosten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung gehören auch nach der gesetzlichen Neufassung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu den sonstigen (in voller Höhe abziehbaren) Mehraufwendungen (entgegen BMF-Schreiben vom 25. November 2020 IV C 5-S 2353/19/10011:006 zur steuerlichen Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern, BStBl. I 2020, 1228)
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 5
Streitjahr(e)
2020
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zuordnung der Aufwendungen für einen separat angemieteten Kfz-Stellplatz zu den Unterkunftskosten einer doppelten Haushaltsführung.
Der Kläger ist verheiratet und wird einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Er ist seit Oktober 2019 Gebietsverkaufsleiter eines in D-Stadt ansässigen Großhandels-Unternehmens und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sein Tätigkeitsbereich erstreckt sich auf den Einzugsbereich E-Stadts sowie Teile Schleswig-Holsteins, Niedersachsens und Mecklenburg-Vorpommerns. Ihm steht für seine Tätigkeit ein Büro in E-Stadt sowie ein durch den Arbeitgeber überlassener Firmenwagen zur Verfügung.
Neben seiner Hauptwohnung in A-Stadt unterhält der Kläger seit August 2019 eine angemietete Zweitwohnung in E-Stadt; im Untergeschoss des Mehrfamilienhauses befindet sich eine zu diesem Objekt gehörende Tiefgarage. In dem vom Kläger für die Zweitwohnung abgeschlossenen Wohnungsmietvertrag heißt es unter § 1 Ziff. 2 u.a.:
„Der Mieter ist berechtigt, […] folgende Einrichtungen […] 1 TG-Platz wird mit sep. Vereinbarung vermietet […] mitzubenutzen.”
und unter § 30:
„Das separat abgeschlossene Mietverhältnis für den Stellplatz ist an diesen Wohnungsmietvertrag bzgl. Laufzeit und Kündigungsfrist gebunden. Die monatliche Zahlung für Wohnung, Nebenkostenvorauszahlung und Stellplatz soll in einer Summe per Dauerauftrag zum 01. eines Monats gezahlt werden.”
Entsprechend dieser Vereinbarung schloss der Kläger zugleich mit dem Wohnungsmietvertrag einen gesonderten Garagen-/Stellplatz-Mietvertrag ab. Die monatliche Stellplatzmiete beträgt X €. Anfallende Nebenkosten werden – so wurde unter § 8 vereinbart – jährlich mit den Nebenkosten der Wohnung abgerechnet. Zudem wurde auch in diesem Vertrag festgehalten, dass die Vermietung des Stellplatzes an den Wohnungsmietvertrag gebunden ist.
Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 (Streitjahr) machte der Kläger die jährlichen Stellplatzkosten von X € neben – nicht im Streit stehenden – Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung als sonstige Werbungskosten geltend. Der Beklagte versagte dem mit Bescheid vom 22. Februar 2022 unter Verweis auf den – im Streitfall ausgeschöpften – gesetzlichen Höchstbetrag der Mehraufwendungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 Einkommensteuergesetz -EStG- von 12.000 € jährlich die Anerkennung. Nach dem einschlägigen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 25. November 2020 (BStBl. I 2020, 1228) seien die Aufwendungen für den Stellplatz Teil der (gedeckelten) Unterkunftskosten und deshalb nicht zusätzlich abziehbar. Der hiergegen eingelegte Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. Soweit die finanzgerichtliche Rechtsprechung – wie vom Kläger geltend gemacht – Abweichendes vertrete, sei dem aus Sicht des Beklagten nicht zu folgen.
Im Klageverfahren verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Auffassung des Beklagten stehe im Widerspruch zur früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- (Urteil vom 13. November 2012 VI R 50/11, BStBl. II 2013, 286) sowie zu den rechtskräftigen Entscheidungen des Finanzgerichts Saarland (Urteil vom 20. Mai 2020 2 K 1251/17, EFG 2020, 1408) und des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 21. September 2022 3 K 48/22, EFG 2023, 114).
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 22. Februar 2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2022 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten i.H.v. X € berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner bisherigen Auffassung fest.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 22. Februar 2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2022 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat die Aufwendungen des Klägers für den Stellplatz unzutreffend den Unterkunftskosten der Zweitwohnung zugeordnet und deshalb unter Bezugnahme auf den gesetzlichen Höchstbetrag vom Werbungskostenabzug ausgenommen.
1. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlass...