rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerlegung des Vermögensverfalls trotz mehrfacher Schuldnerverzeichniseinträge nur bei umfassender Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse
Leitsatz (redaktionell)
- Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Steuerberater mit mehreren Haftbefehlen in das Schuldnerverzeichnis eingetragen ist.
- Diese Vermutung ist zwar widerlegbar, dazu bedarf es aber der genauen Angabe von Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass im Einzelfall trotz der bestehenden Eintragungen im Schuldnerverzeichnis tatsächlich kein Vermögensverfall gegeben ist.
- Die bloße Mitteilung des Klägers per Fax am Tag der Verhandlung, er könne den Gerichtstermin „krankheitsbedingt” nicht wahrnehmen, genügt den Anforderungen an eine aussagefähige Begründung seines Antrags auf Terminsverlegung nicht.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Streitjahr(e)
2006
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Widerruf des Klägers als Steuerberater.
Der 1961 geborene Kläger wurde 1995 zum Steuerberater bestellt. Nach seiner Bestellung war der Kläger zunächst selbstständig tätig und führte eine Kanzlei in W. in der Rechtsform eines Einzelunternehmens.
Auf Anfrage der Beklagten teilte das zuständige Amtsgericht A. mit, dass der Kläger dreimal mit Haftbefehlen, zuletzt vom 10. Oktober 2005, in die Schuldnerdatei eingetragen worden sei. Die Oberfinanzdirektion teilte der Beklagten am 20. Oktober 2005 mit, dass gegen den Kläger vollstreckbare Steuerrückstände in einer Größenordnung von ca. 15.000 EUR beständen.
Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 3. November 2005 zu einem möglichen Widerruf der Bestellung als Steuerberater an. Die Beklagte verwies dabei insbesondere darauf, dass der Vermögensverfall des Klägers aufgrund seiner Eintragungen in der Schuldnerkartei vermutet werde und aufgrund seiner Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen Nichtabführens von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung konkrete Anhaltspunkte für die Gefährdung von Mandanteninteressen bestünden. In einer schriftlichen Stellungnahme wandte der Kläger gegen den beabsichtigen Widerruf ein, er übe seine Tätigkeit als Steuerberater seit dem 1. Januar 2004 überwiegend als freier Mitarbeiter aus. Aus seiner vorherigen selbstständigen Tätigkeit als Steuerberater bestünden noch unbezahlte Verbindlichkeiten. Mit dem zuständigen Gerichtsvollzieher seien jedoch monatliche Teilzahlungsbeträge vereinbart worden. Auch bestehe eine Vereinbarung über die Rückführung der Steuerrückstände beim zuständigen Finanzamt (FA) A.. Insgesamt liege daher kein Vermögensverfall vor. Auch seien die Auftraggeberinteressen nicht gefährdet, da Mandatsverhältnisse nunmehr nur noch mit dem jeweiligen Kanzleiinhaber bestünden. Letztlich habe er auch auf die Verfehlung der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen mit der Aufgabe seiner Praxis reagiert. Es bestehe kein Zusammenhang mit der Nichtabführung der Beiträge und seinem nunmehr von der Beklagten in 2005 angenommenen Vermögensverfall. Auf eine weitere Anfrage der Beklagten, die entsprechenden Zahlungsvereinbarungen zur Rückführung der bestehenden Verbindlichkeiten vorzulegen, reagierte der Kläger nicht. Dagegen bestätigte die Oberfinanzdirektion mit Schreiben vom 2. Dezember 2005, dass konkrete Tilgungsvereinbarungen mit dem Kläger nicht bestünden. Zudem teilte das Amtsgericht A. mit Datum vom 17. Februar 2006 mit, dass nunmehr fünf Haftbefehle gegen den Kläger angeordnet worden seien, zuletzt mit Datum vom 13. Oktober 2005.
Mit Schreiben vom 13. November 2006 teilte die OFD gegenüber dem Gericht mit, dass ein im Januar 2006 gestellter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers nicht aufrecht erhalten worden sei, da mit dem Kläger eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen worden sei. Zugleich teilte die OFD mit, dass der Kläger die Umsatzsteuervoranmeldungen für die vier Voranmeldungszeiträume 2005 sowie für das I. und II. Quartal jeweils zu spät abgegeben habe.
Mit Bescheid vom 1. März 2006 widerrief die Beklagte die Bestellung des Klägers als Steuerberater gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz (StBerG). Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass der Vermögensverfall vermutet werde, da der Kläger inzwischen mit fünf Haftbefehlen im Schuldnerverzeichnis eingetragen sei. Auch habe der Kläger trotz Aufforderung keine Teilzahlungsvereinbarungen mit den Gläubigern vorgelegt. Daneben bestünden erhebliche Abgabenrückstände gegenüber dem FA, der C-Bank Filiale H. sowie gegenüber der D.-Krankenkasse aus Sozialversicherungsbeiträgen. Auch habe der Kläger nicht glaubhaft machen können, dass Auftraggeberinteressen nicht gefährdet seien. Vielmehr ergebe sich eine konkrete Gefährdung von Mandanteninteressen bereits daraus, dass der Kläger selber seine Steuererklärungen für die Jahre 2002 bis 2004 jeweils deutlich verspätet abgegeben und fällige Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt habe. Dies werde insbesondere dadurch bestätigt, dass der Kläger aufgrund der Nich...