vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer: Rücknahme von Flaschen und Verpackungen gegen Ausgabe von Losen keine Lotterie/kein Glücksspiel
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff des Glückspiels nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV.
- Ein Glücksspiel, bei dem einer Mehrzahl von Personen die Möglichkeit eröffnet wird, nach einem bestimmten Plan gegen ein bestimmtes Entgelt die Chance auf einen Geldgewinn zu erlangen, ist eine Lotterie.
- Ein Glücksspiel, bei dem einer Mehrzahl von Personen die Möglichkeit eröffnet wird, nach einem bestimmten Plan gegen ein bestimmtes Entgelt die Chance auf einen Geldgewinn zu erlangen, ist eine Lotterie.
- Die Rücknahme von bepfandeten und unbepfandeten Flaschen und Verpackungen gegen Ausgabe von Losen unterliegt nicht als Lotterie dem Rennwett- und Lotteriegesetz.
Normenkette
GlSpielWStVtr § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2; UStG § 4 Nr. 9 Buchst. b, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; RennwLottG § 17 Abs. 1 S. 1; StGB § 284
Streitjahr(e)
2013
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin durch ihr geplantes Rücknahmesystem für bepfandete und unbepfandete Einwegverpackungen gegen Ausgabe von Losen eine Lotterie i. S. d. Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwettLottG) betreibt und deshalb gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG umsatzsteuerbefreite Umsätze tätigt, die einen Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausschließen würden.
Die Gesellschaft wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 8. März 2013 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist „die Sammlung und Verwertung von Verpackungen und Werkstoffen jeder Art.”
Zur Erläuterung des Gesellschaftszwecks führt die Klägerin aus, dass unbepfandete Verpackungen aus Kunststoff derzeit größtenteils auf Müllkippen und in den Müllverbrennungsanlagen landeten und nicht dem sortenreinen Wertstoffkreislauf zugeführt würden. Selbst bei bepfandeten Einwegverpackungen würden derzeit weniger als 90 % über das bestehende Pfandsystem in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt. Das Unternehmensziel bestehe darin, das Müllaufkommen zu verringern und einen sorgsameren Umgang mit Rohstoffen zu erreichen.
Das so beschriebene Unternehmensziel solle realisiert werden, indem für Verbraucher entsprechende Anreize geschaffen würden, sämtliche Einwegverpackungen aus Kunststoff, insbesondere auch unbepfandete Einwegverpackungen wie Getränke-, Shampoo-, Duschgel- und Speiseölflaschen etc. aus PET, PE Kunststoffen, sowie Glas und Metall dem sortenreinen Wertstoffkreislauf zuzuführen.
Dieser Anreiz bestehe vorliegend darin, dass keine Auszahlung des Pfandgeldes für die bepfandeten Einwegverpackungen erfolge, sondern die Erlöse aus dem Pfandaufkommen zu 50% im Rahmen eines Gewinnspiels an teilnehmende Verbraucher (40%) und gemeinnützige Vereinigung (10%) ausgeschüttet würden. Die Gesellschaft selbst erhalte als Rücknehmer der Pfandflaschen- und -dosen eine Pfanderstattung in Höhe von 0,25 € zzgl. MwSt pro angenommener bepfandeter Einwegverpackung.
Die über die unbepfandeten Einwegverpackungen gesammelten Rohstoffe würden von einem beauftragten Dienstleister an Sammelstellen abgeholt, sortenrein sortiert und über die Recyclingbörse veräußert. Derzeit liege der Marktpreis für 1 Tonne PET bei rund 170 €. Eine PET Flasche mit einem Fassungsvermögen von 1 Liter wiege etwa 28 Gramm.
Anstatt einer Pfandgutschrift erhalte der Kunde eine Los-Nr., mit der er an einer regelmäßigen Verlosung teilnehme. Diese Verlosungen sollen alle zwei Monate (6 x im Jahr) stattfinden. Die möglichen Gewinne seien bisher noch nicht definiert. Fest stehe bislang nur, dass Personen, die bepfandete Einwegverpackungen abgäben, in zehnfacher Weise gegenüber denen berücksichtigt würden, die unbepfandete Verpackung abgäben.
Im Januar 2014 wurde die Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Dezember 2013 mit Vorsteuern in Höhe von 3.693,29 € eingereicht. Nachfragen beim (damaligen) Steuerberater ergaben, dass der größte Posten bei der Vorsteuer (2.904,31 €) die Rechnung einer Anwaltskanzlei ausmache (Gutachten der Rechtsanwälte … vom 20.12.2013 - „zur Zulässigkeit einer Lotterieveranstaltung im Rahmen eines Rücknahmesystems für Einweggetränkeverpackungen”).
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Vorsteuerbeträge abzugsfähig seien, weil § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG nicht anwendbar sei.
Bei dem von ihr geplanten Rücknahmesystem für Einwegverpackungen gegen Ausgabe von Losen handele es sich um ein Gewinnspiel, welches nicht als Lotterie i. S. d. § 17 RennwettLottG anzusehen sei. Eine Lotterie liege vor, wenn der von den Teilnehmern für jedes Spiel zu leistende Einsatz vom Spielveranstalter in bestimmter, nicht beeinflussbar Höhe festgelegt werde. An dem Merkmal des „bestimmten Einsatzes” fehle es hier, da auch der Einsatz unbepfandeter Einwegverpackungen möglich sei. Gleiches gelte im Ergebnis für die bepfandeten Einwegverpackungen. Zwar hätten diese einen objektiven Wert von 0,25 €. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts habe aber bereits entschieden...