Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen eines landwirtschaftlichen Betriebshelfers
Leitsatz (redaktionell)
- Die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 27b zweite Alternative bzw. § 4 Nr. 27 erste Alternative für Umsätze aus der Herstellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Regeln der Sozialversicherung bzw. für die Gestellung von LuF-Arbeitskräften gegenüber LuF-Betrieben mit höchstens drei Vollarbeitskräften setzt voraus, die Gestellung der Kräfte unmittelbar gegenüber dem LuF-Unternehmen bzw. den gesetzlichen Regeln der Sozialversicherung.
- Soweit in der deutschen Regelung der Kreis der der Begünstigten auf juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts beschränkt wird, ist diese Regelung mit dem EU-Recht nicht vereinbar.
- Der Einzelunternehmer kann sich insoweit direkt auf die vorteilhaftere Regelung des EU-Rechts berufen.
- Sofern der Betriebshelfer mit dem örtlichen Maschinenring lediglich ein Vermittlungsverhältnis begründet, kommen als Vertragspartner entweder die notleidenden landwirtschaftlichen Betriebe oder der landwirtschaftliche Sozialversicherungsträger in Betracht.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 27b
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger als landwirtschaftlicher Betriebshelfer steuerfreie Leistungen im Streitjahr 2009 nach § 4 Nr. 27 b Umsatzsteuergesetz (UStG) erzielt hat.
Der Kläger ist seit 2008 als nebenberuflicher landwirtschaftlicher Betriebshelfer tätig. In seiner am 5. Oktober 2009 beim Beklagten eingegangenen Umsatzsteuerjahreserklärung für das Kalenderjahr 2008 gab er an, als Kleinunternehmer i. S. d. § 19 Abs. 1 UStG im Kalenderjahr 2007 einen Umsatz in Höhe von 13.133 € und im folgenden Jahr einen in Höhe von 3.978 € erzielt zu haben.
Mit Schreiben vom 1. November 2011 bat der Beklagte das Finanzamt W um die Durchführung einer Außenprüfung. Der Kläger sei als landwirtschaftlicher Betriebshelfer tätig und rechne mit dem Maschinenring N (Maschinenring) ab. Fraglich sei, ob die erbrachten Umsätze des Klägers tatsächlich steuerfrei seien.
In der Zeit von Mai bis Juni 2012 führte das Finanzamt W beim Kläger eine Außenprüfung durch, die die Jahre 2008 bis 2010 umfasste. Dabei stellte der Außenprüfer folgende vertraglichen Beziehungen fest:
1. Dem Außenprüfer wurde zunächst ein Vertrag vom 12. September 2006 zwischen der Landwirtschaftlichen Alterskasse/Krankenkasse/Berufsgenossenschaft N (Landwirtschaftlicher Sozialversicherungsträger – LSV-Träger) und dem Landwirtschaftlichen Maschinenring N e. V. (LMR Nds.) über die Erbringung der Sozialleistung Betriebs- und Haushaltshilfe und die Prüfung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Dienstleistung vorgelegt.
In der Präambel zum Vertrag wird danach betont, dass die Betriebs- und Haushaltshilfe in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung eine der bedeutendsten Sozialleistungen sei. Sie habe den Zweck, die wegen Krankheit, Arbeitsunfall, Berufskrankheit, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Schwangerschaft oder Mutterschaft ausfallende Arbeitskraft des Landwirts oder Landwirtin so weit zu ersetzen, dass ein Einkommensverlust verhindert werde. Als Betriebs- oder Haushaltshilfe werde grundsätzlich von den Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung eine Ersatzkraft gestellt (Sachleistungsprinzip). Diese müsse über entsprechende Eignung und Ausbildung verfügen. Der Vertrag solle dazu dienen, den gesetzlichen Erfordernissen gerecht zu werden, dass genügend geeignete Ersatzkräfte zur Verfügung stünden und zum Einsatz kommen könnten, um dem Sachleistungsprinzip Rechnung zu tragen.
Nach § 1 des Vertrages verfügte der LMR Nds. über entsprechende Ersatzkräfte, die bei der Erbringung von Betriebs- oder Haushaltshilfe als Betriebs- und Haushaltshilfekräfte einsetzbar seien. Gegenstand des Vertrages sei der Inhalt, der Umfang, die Vergütung sowie die Prüfung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung, über deren Inhalt, Umfang und Dauer der LSV-Träger entscheide, sowie die Vermittlung der beim LSV-Träger fest angestellten Ersatzkräfte durch den LMR Nds.
Nach § 2 Abs. 2 des Vertrages unterstützte der LMR Nds. den LSV-Träger bei der Erbringung und Durchführung von Betriebs- oder Haushaltshilfe, indem er auf Anforderung der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung eine geeignete Ersatzkraft zur Verfügung stelle. Dies gelte auch bei einer notwendigen Verlängerung eines Einsatzes, bei einem Einsatzwechsel und bei einer erforderlichen Stundenänderung. § 2 Abs. 3 des Vertrages bestimmte, dass neben den eigenen Kräften des LMR Nds. als einsatzbezogenen Leistungen auch für die fest angestellten Kräfte des LSV-Trägers erbracht werden sollten, wobei deren Anstellungsverhältnis bestehen bleibe. Dabei seien die angestellten Kräfte des LSV-Trägers vorrangig vor allen anderen Einsatzkraftarten einzusetzen. Der Ablauf der Aufgaben, die durch den LMR Nds. zu erbringen waren, wurden in einem Ablaufdiagramm dargestellt, dass als Anlage 1 nach § 2 Abs. 4 des Vertrages Best...