Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1992
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 28.05.1998; Aktenzeichen III R 3/96) |
Tenor
Die Klage wird auf Kosten der Kläger abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist der nach Ruffassung der Kläger (Kl.) zu niedrige Pauschbetrag für Körperbehinderung nach § 33 b Einkommensteuergesetz (EStG) streitig.
Die Kl. sind Eheleute und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Sie haben zwei Kinder. Ihr am 16. November 1978 geborener Sohn Daniel ist aufgrund einer mehrfachen Schwerstbehinderung vollständig hilflos und auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit beträgt 100 v. H. Aufgrund der Nachweise des Versorgungsamtes gewährte das Finanzamt (FR) für den Sohn Daniel im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1992 einen Pauschbetrag für Körperbehinderung i.H.v. 7.200 DM gem. § 33 b Abs. 3 Satz 3 EStG. Gegen den Einkommensteuerbescheid legten die Kl. Einspruch ein und rügten, der Pauschbetrag sei zu gering bemessen. Gemessen am Lebenshaltungskostenindex müßte der Pauschbetrag für Körperbehinderte im Streitjahr 1992 zumindest 11.448 DM betragen. Der Beklagte (Bekl.) wies den Einspruch mit der Begründung zurück, die Einkommensteuerveranlagung entspreche dem geltenden § 33 b EStG. Das FR habe nicht das Recht, bei der Einkommensbesteuerung vom Gesetz abzuweichen (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz – GG –).
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Vorschrift des § 33 b EStG sei verfassungswidrig. Seit 01.01.1975 sei der Pauschbetrag von 7.200 DM nicht erhöht worden. Dieses sei realitätsfremd, so daß sich allein daraus die Verfassungswidrigkeit begründe. Unter Berücksichtigung des Preisindexes für die Lebenshaltung eines Vier-Personen-Haushalts von Arbeitnehmern und Angestellten ergebe sich für das Streitjahr 1992 auf der Basis von 1975 ein Index von 171,81. Somit sei ein wesentlich höherer Pauschbetrag für Körperbehinderte erforderlich, der bei einer Indexierung mit 12.300 DM zu bemessen sei. Unter Berücksichtigung, daß § 33 b EStG eine Maßnahme zur Verwaltungsvereinfachung und damit zur Erleichterung von Nachweisen für den Steuerpflichtigen darstelle, werde die Aushöhlung dieses Freibetrags auf einen Zeitraum von fast 20 Jahren nicht mehr den Anforderungen an die Steuergerechtigkeit aus Art. 3, 20 GG, gerecht. Mit dieser fortschreitenden und schleichenden Entwertung des Pauschbetrages werde den, Erfordernissen der Praxis nicht mehr genügt und würden die Steuerpflichtigen in unzumutbarer Weise auf den Nachweis der Aufwendungen verwiesen, um deren Abzug als außergewöhnliche Belastung im Rahmen des § 33 EStG zu erreichen. Es sei ferner auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995 (2 BvL 37/91) hinzuweisen, in dem insbesondere auch zum Ausdruck komme, daß durch fortschreitende wirtschaftliche Entwicklungen Wertungen des Gesetzgebers bei der Schaffung bestimmter Pauschbeträge oder Freibeträge ausgehöhlt werden können und dieses unter Umständen auch zu einer Verfassungswidrigkeit führen könne.
Es seien im übrigen auch zahlreiche Aufwendungen (monatlich 1.035 DM) aufgrund der Körperbehinderung des Kindes D. angefallen (wegen der Einzelheiten wird auf Anl. 4 zum Schriftsatz vom 04.05.1994 Bezug genommen, Bl. 33 der Gerichtsakte). Der Nachweis dieser einzelnen Aufwendungen sei für die Steuerpflichtigen mühevoll und kaum möglich, jedenfalls in der Regel auch unzumutbar. Der verfassungsmäßige Grundsatz der Verhältnismäßigkeit garantiere aber, daß nur die Maßnahmen zum Erreichen des angestrebten Zwecks durchgeführt würden, die erforderlich seien und die auch der jeweiligen Situation angemessen seien. Es dürfe dabei nicht übersehen werden, daß gerade wegen der schwierigen Abgrenzung der Aufwendungen die Pauschalierung geboten sei. Dabei dürften die Pauschbeträge nicht realitätsfremd festgesetzt werden. Wie Unterhaltsverpflichtungen stellten auch Aufwendungen aufgrund einer Körperbehinderung einen besonderen, die Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden Umstand dar. Um ihre niedrige Leistungsfähigkeit aber nicht im Einzelfall durch jeden kleinen Beleg begründen zu müssen, bedürfe es für den Personenkreis der Körperbehinderten auch einer besonderen Entlastungsregelung.
Wie § 33 b EStG, enthalte auch § 33 a EStG für die Berücksichtigung von Aufwendungen für den Unterhalt Freibeträge in Form von pauschalierten außergewöhnlichen Belastungen. Im Gegensatz zu § 33 b EStG sei § 33 a EStG zumindest in der Zeit zwischen den Kalenderjahren 1975 und 1992 regelmäßig der wirtschaftlichen Entwicklung angepaßt worden. Die zu geringe Höhe des Pauschbetrages gem. § 33 b EStG werde hierdurch noch deutlicher. Die Gruppe der Körperbehinderten werde durch den Gesetzgeber schlechter gestellt als z.B. die Gruppe der Unterhaltsverpflichteten. Es gebe keinen sachlichen Grund, den Pauschbetrag nicht zu erhöhen. Durch den zu niedrigen Pauschbetrag werde auch das Sozialstaatsgebot aus Art. 20 GG verletzt, da insbesondere bei diesem Personenkreis, der erheblich in ...