rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Vermögensteuerfestsetzung auf den 1.1.1993. Vermögensteuer auf den 01.01.1993

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten.

 

Tatbestand

Im Streit ist die Festsetzung von Vermögensteuer mit Bescheid auf den 01.01.1993, obwohl nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655, § 10 Nr. 1 Vermögensteuergesetz (VStG), in der auf den 01.01.1993 gültigen Fassung, nach dem die Vermögensteuer für natürliche Personen 0,5 v.H. des steuerpflichtigen Vermögens beträgt, mit dem Grundgesetz unvereinbar ist.

Nach der von der Klägerin (Kl'in) abgegebenen Vermögensteuererklärung auf den 1. Januar 1993 besteht das vermögen der Kl'in aus Kapitalforderungen, inländischen Zahlungsmitteln und Guthaben und Aktien. Das Finanzamt (FR) hat die Vermögensteuer nach dem Vermögensteuergesetz in der Fassung vom 14. November 1990 mit Bescheid auf den 01.01.1993 vom 20.07.1994 für 1993 und für 1994 auf jeweils 395 DM jährlich festgesetzt. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage, zu deren Begründung die Kl'in im wesentlichen ausführt:

Es sei für sie aus rechtsstaatlichen Gründen nicht hinnehmbar, daß das Bundesverfassungsgericht die Interessen eines in der Steuerpolitik unseriös geführten Staates über die Einzelinteressen an einer gerechten Besteuerung des Bürgers stelle. § 79 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) sehe grundsätzlich vor, daß alle noch nicht rechtskräftigen Verwaltungsakte zu korrigieren seien, wenn sie auf einer für nichtig erklärten Norm beruhten. Das Argument, daß eine zuverlässige Finanz- und Haushaltsplanung die Fortgeltung des verfassungswidrigen Gesetzes für eine Übergangszeit erfordere, könne nicht als Dauerbegründung dazu dienen, daß der Bürger eine verfassungswidrige Steuer begleichen müsse. Der Gesetzgeber habe kein Interesse an einer gerechten Besteuerung gezeigt. Die Verfassungswidrigkeit herrsche seit Jahrzehnten vor. Dies habe der Gesetzgeber bewußt in Kauf genommen. Es sei dann äußerst bedenklich, wenn das Bundesverfassungsgericht einen derart nachlässigen Gesetzgeber derart rücksichtsvoll behandele und damit die Rechtsinteressen und den Rechtsschutz des Bürgers ausschalte. Eine verläßliche Haushalts- und Finanzlage des Staates sei wohl ein gewichtiges Argument. Es könne aber dann nicht gelten, wenn der Gesetzgeber in grob fahrlässiger weise bewußt verfassungswidrige Gesetze in Kauf nehme. Mit dem angefochtenen Bescheid habe das FR auch Vorauszahlungen festgesetzt, die über das Kalenderjahr 1996 hinausgehen würden. Da aber nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995 das Vermögensteuergesetz in der jetzigen Fassung auf 01.01.1997 nicht mehr angewandt werden dürfe, benötige die Kl'in die Chance des vorläufigen Rechtsschutzes, den sie nur erreichen könne, wenn der Vermögensteuerbescheid angefochten werde. Das Gericht sei, – auch nach § 31 BVerfGG – gehalten, eine verfassungswidrige Norm rückwirkend als aufgehoben anzusehen. Deshalb habe der Senat zu prüfen, ob wegen § 79 Abs. 2 BVerfGG ein Vorlagebeschluß gem. Art. 100 Grundgesetz zulässig sei. Komme ein Vorlagebeschluß nicht in Betracht, so bedeute dies, daß dem Grunde nach jeder Steuerbürger schutzlos den Widrigkeiten des deutschen Rechtsstaates ausgesetzt sei. Es bestehe dann die tatsächliche Möglichkeit, daß der Gesetzgeber verfassungswidrige Tatbestände bewußt Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte in Kauf nehmen könne. Unter diesen Voraussetzungen sei auch zu prüfen, ob eine Möglichkeit bestehe, den Europäischen Gerichtshof anzurufen und überprüfen zu Lassen, ob eine derartige Rechtsschutzsituation mit den Konventionen zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Einklang stehe.

Die Kl'in beantragt,

den Bescheid auf den 01.01.1993 über Vermögensteuer vom 20. Juli 1994 und den Einspruchsbescheid vom 4. Juli 1996 aufzuheben und die Vermögensteuer ab 1993 auf 0 DM herabzusetzen,

hilfsweise,

einen Vorlagebeschluß nach Art. 100 Grundgesetz an das Bundesverfassungsgericht oder alternativ an den Europäischen Gerichtshof zu erlassen,

weiterhin hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte (Bekl.) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bekl. trägt vor: Das FR habe mit der Veranlagung zur Vermögensteuer auf den 01.01.1993 nicht gegen das zur Zeit geltende Vermögensteuerrecht verstoßen. Das FR sei an die geltenden Gesetze gebunden und habe entsprechend der Anweisung der Oberfinanzdirektion Hannover gehandelt. Rufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 bestehe keine Veranlassung mehr, Rechtsbehelfe gegen Vermögensteuerbescheide ruhen zu Lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei das bisher geltende Recht bis zum 31. Dezember 1996 anzuwenden.

Im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Vermögensteuerakten des FR Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Das beklagte FR hat die Vermögensteuer nach dem am St...

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