rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kirchensteuererstattung und Erstattungsüberhang

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein sich aus einer Erstattung von nicht veranlagter Kirchensteuer zum Kapitalertrag ergebender Erstattungsüberhang ist nicht als Erstattungsüberhang i.S.d. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung steuererhöhend zu berücksichtigen.

 

Normenkette

AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4b, § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 32d Abs. 1 Sätze 1, 3, § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

2014, 2015

 

Tatbestand

Streitig ist, ob in den Streitjahren 2014 und 2015 erstattete Kirchensteuer als sog. Erstattungsüberhang nach § 10 Abs. 4b Einkommensteuergesetz (EStG) bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger steuererhöhend anzusetzen ist.

Die Kläger sind in den Streitjahren zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten.

Die Klägerin war an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) beteiligt. Aus dieser Beteiligung erhielt die Klägerin regelmäßig Ausschüttungen, die bei ihr zu - der Abgeltungsteuer unterliegenden – Einkünften aus Kapitalvermögen führten.

Die Klägerin war bereits im Jahr 2012 aus der Kirche ausgetreten. Dennoch behielt die GmbH bei der Gewinnausschüttung im Vorjahr 2013 neben der Kapitalertragsteuer auch Kirchensteuer ein. Dieser Vorgang wiederholte sich im Streitjahr 2014, indem die GmbH von der Gewinnausschüttung neben der Kapitalertragsteuer wiederum Kirchensteuer einbehielt.

Die zu Unrecht einbehaltene Kirchensteuer wurde der Klägerin für das Jahr 2013 im Jahr 2014 und für das Jahr 2014 im Jahr 2015 erstattet.

Die Kläger gaben ihre Einkommensteuererklärungen für das Streitjahr 2014 im Jahr 2015 ab. Bei der Veranlagung berücksichtigte der Beklagte die Kirchensteuererstattung für das Jahr 2013 als sog. Erstattungsüberhang steuererhöhend und erließ den entsprechenden Einkommensteuerbescheid. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Für das Streitjahr 2015 gaben die Kläger ihre Einkommensteuererklärung im Folgejahr 2016 ab. Hier berücksichtigte der Beklagte bei der Veranlagung wiederum die für 2014 erstattete Kirchensteuer steuererhöhend als sog. Erstattungsüberhang und erließ den entsprechenden Einkommensteuerbescheid. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Die Kläger legten gegen beide Einkommensteuerbescheide Einspruch ein. Sie waren der Auffassung, der Beklagte habe zu Unrecht bei der Einkommensteuerfestsetzung für die Streitjahre Erstattungsüberhänge steuererhöhend berücksichtigt. So sei nicht einzusehen, dass Kirchensteuer, die sich in den Veranlagungszeiträumen der Zahlung nicht steuermindernd ausgewirkt hätten, in den Veranlagungszeiträumen der Erstattung zu einer höheren Steuer führten.

Der Beklagte wies Einsprüche der Kläger durch Einspruchsbescheide als unbegründet zurück. Er hielt an seiner Auffassung fest, der steuererhöhende Ansatz der Erstattungsüberhänge in den Streitjahren sei rechtmäßig. Die Erstattung von Kirchensteuer führe nach der gesetzlichen Regelung des § 10 Abs. 4b EStG zu einem Erstattungsüberhang, wenn, wie im Streitfall, keine Verrechnungsmöglichkeit mit in demselben Veranlagungszeitraum gezahlter Kirchensteuer zur Verfügung steht. So werde das Ziel einer nach dem gesetzgeberischen Zweck zu vermeidenden Wiederaufrollung vergangener Veranlagungszeiträume erreicht. Inwieweit sich die als Erstattungsüberhang anzusetzende Kirchensteuererstattung in den Veranlagungszeiträumen der jeweiligen Zahlung steuermindernd ausgewirkt hätten, sei unerheblich. Dennoch sei darauf hinzuweisen, dass sich auch die als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer gezahlte Kirchensteuer steuermindernd auswirke, da die gezahlte Kirchensteuer die Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer mindere, so ergebe sich ein fiktiver Sonderausgabenabzug mit einer Steuerminderung in Höhe von 25% der gezahlten Kirchensteuer.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger sind weiterhin der Auffassung, der Ansatz von Erstattungsüberhängen nach § 10 Abs. 4b EStG sei nicht rechtmäßig. So sei ein Sonderausgabenabzug für Kirchensteuer, die als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer gezahlt worden sei, nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. EStG ausgeschlossen. Entsprechend sei die Erstattung einer solchen Kirchensteuer auch nicht als Erstattungsüberhang anzusetzen.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung der Einkommensteueränderungsbescheide in der Fassung der Einspruchsbescheide die Einkommensteuer ohne die Berücksichtigung der Erstattungsüberhänge festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO -).

1. Der Beklagte hat die den Klägern in den Streitjahren erstatteten Kirchensteuern zu Unrecht als Erstattungsüberhang i.S.d. § 10 Abs. 4b EStG behandelt und jeweils dem Gesamtbetrag der Einkünfte zugerechnet.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ...

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