rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung eines Gewinns von „0 DM” trotz ständiger Verluste in den Vorjahren
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Schätzungsbescheid, der wegen unterlassener Abgabe einer Steuererklärung ergeht, erfordert keine über die Wertangaben hinausgehende Begründung der geschätzten Besteuerungsgrundlagen.
- Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. Lohnsteuer-Anmeldungen allein sind kein sicheres Schätzungskriterium für die Schätzung des Gewinns.
- Nichtigkeit ist selbst bei groben Schätzungsfehlern nicht anzunehmen, die auf einer Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten oder wirtschaftlichen Zusammenhänge beruhen.
Normenkette
AO §§ 162, 125 Abs. 1
Streitjahr(e)
1992
Tatbestand
Streitig ist, ob den Klägern Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist gewährt werden musste oder - hilfsweise - der Schätzungsbescheid nichtig ist.
Die Kläger betrieben im Streitjahr 1992 gemeinsam als „X GbR”, die inzwischen aufgelöst ist, ein Seniorenheim. Nach den Feststellungen einer Außenprüfung für die Jahre 1988 bis 1991 ergaben sich folgende Gewinne/ Verluste:
1988 |
./. 119.214 DM |
1989 |
./. 99.237 DM |
1990 |
./. 177.651 DM |
1991 |
./. 95.565 DM |
Für das Streitjahr 1992 gaben die Kläger - trotz Erinnerung durch das FA - keine Feststellungserklärung ab. Daraufhin schätzte das FA den Gewinn aus Gewerbebetrieb auf 0 DM. Den Feststellungsbescheid 1992 vom 2. Februar 1995 sandte das FA an den Kläger zu 1.), der für die Jahre 1988, 1989 und 1991 als Empfangsbevollmächtigter für die GbR von der Gesellschaft bestellt worden war.
Mit Schriftsatz vom 14. Juni 1995 legte der Prozessbevollmächtigte der Kläger Einspruch gegen den Feststellungsbescheid 1992 ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da der Schätzungsbescheid nicht ausreichend begründet worden sei. Ein Schätzungsbescheid sei hinsichtlich der geschätzten Besteuerungsgrundlagen so zu begründen, dass die Schätzung überprüfbar sei. Zugleich legten die Kläger eine Feststellungserklärung und die Gewinnermittlung für das Streitjahr vor, die einen Verlust i.H.v. 111.888 DM auswies.
Später machten die Kläger erstmals auch noch geltend, die Begründung des Schätzungsbescheid sei missverständlich oder unvollständig gewesen. Dort habe es geheißen: „Reichen Sie bitte Ihre Steuererklärung unverzüglich nach, denn die Schätzung befreit Sie nicht von Ihrer Erklärungspflicht”. Dem sei nicht zu entnehmen gewesen, dass eine Änderung des Bescheides zugunsten der Kläger nach Vorlage der Steuererklärung nur nach fristgerechter Einlegung eines Einspruchs möglich sein würde. Das FA verwarf den Einspruch als unzulässig, weil erst nach Ablauf der Einspruchsfrist erhoben. Dagegen richtet sich die Klage.
Die Kläger sind der Ansicht, der Feststellungsbescheid 1992 sei nicht zutreffend und ausreichend begründet gewesen. Daher sei den Klägern Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist zu gewähren. Sie wiederholen dazu ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren.
Im Übrigen sei der Bescheid nichtig. Das FA sei verpflichtet gewesen, einen angemessenen Verlust zu schätzen. Die GbR habe in den Vorjahren stets Verluste erwirtschaftet. Eine Ergebnisverbesserung um rund 100.000 DM gegenüber dem Vorjahr sei vollkommen unrealistisch gewesen, da u.a. die vorangemeldeten Umsätze und die Lohnsteueranmeldungen betragsmäßig dem Niveau des Vorjahres entsprochen hätten. Dies komme einer Strafschätzung gleich. Nach dem Inhalt der Steuerakten sei bei einer genauen Auseinandersetzung des Veranlagungsbeamten mit dem Akteninhalt tatsächlich abermals mit einem Verlust zu rechnen gewesen. Dies habe bereits der Betriebsprüfer bei der Prüfung der Vorjahre bis 1991 erkannt und in den Betriebsprüfungsbericht aufgenommen, dass sich weiterhin Verluste ergeben werden. Zudem sei die Umsatzsteuer für das Streitjahr 1992 bereits während einer Umsatzsteuerfachprüfung geprüft worden, auch wenn sich insoweit in dem vorgenannten gemeinsamen Betriebsprüfungsbericht für beide Prüfungen keine Angaben zum Jahr 1992 befänden. Die Umsätze des Streitjahres seien daher wenigstens der Betriebsprüferin schon bekannt gewesen. Daher habe sich eine Schätzung an den bekannten Umsatzzahlen orientieren müssen. Da das FA davon abgewichen sei, sei der Bescheid nichtig.
Die Kläger beantragen,
unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den Einspruchsbescheid zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 aufzuheben und das FA zu verpflichten, den Feststellungsbescheid erklärungsgemäß zu ändern,
hilfsweise, festzustellen, dass der Bescheid zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 für die X GbR in Gestalt des Einspruchsbescheides nichtig ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält daran fest, dass der Schätzungsbescheid nicht weiter begründet zu werden brauchte. Der Kläger zu 1), der auch Adressat der Bescheide für die Vorjahre gewesen sei, habe erkennen können und müssen, dass Rechtswirkungen durch den Bescheid ausgelöst würden. Nichtig sei der Besche...