Entscheidungsstichwort (Thema)
Sprachheilpädagoge nicht freiberuflich tätig
Leitsatz (redaktionell)
- Die Tätigkeit eines Sprachheilpädagogen zählt weder zu einem Katalogberuf noch zu einer den Katalogberufen ähnlichen Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.
- Die Tätigkeit eines Sprachheilpädagogen ist mit einem in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Heilberuf nicht vergleichbar, weil es dazu keiner Erlaubnis bedarf.
- Die von den Krankenkassen erteilte Zulassung kann die staatliche Erlaubnis nicht ersetzen.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 Sätze 1-2; EStG § 15 Abs. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
1994
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Gewinn aus der Tätigkeit als Sprachheilpädagogin der Gewerbesteuer unterliegt.
Die Klägerin ist als selbständige Diplom-Pädagogin tätig. Sie betreibt eine Praxis für Sprachtherapie, in der sie Sprachheilbehandlungen auf ärztliche Verordnung durchführt. Die Tätigkeit ist von den Krankenkassen anerkannt worden. Entsprechende Zulassungen gem. § 124 Abs. 5 Sozialgesetzbuch 5. Buch - SGB-V - zur Durchführung von Sprachtherapien wurden von der AOK X und vom Verband der Angestellten Krankenkassen Y 1993 erteilt. Die Klägerin rechnet ihre Honorare mit den Kassen ab. Am 1. Februar 1999 wurde ihr mit Wirkung ab diesem Zeitpunkt aufgrund des Gesetzes über die Berufsbezeichnung der Med. Sprachheilpädagoginnen und -pädagogen vom 2. März 1998 die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „med. Sprachheilpädagogin” erteilt. Eine Gewerbesteuererklärung gab die Klägerin für das Streitjahr nicht ab. Der Beklagte setzte für die Klägerin einen Gewerbesteuermeßbetrag für 1994 mit Bescheid vom 3. Mai 1996 in Höhe von … DM fest. Als Grundlage diente der von der Klägerin ermittelte Gewinn laut Gewinn- und Verlustrechnung in Höhe von … DM. Gegen den Gewerbesteuermeßbescheid legte die Klägerin am 7. Mai 1996 Einspruch ein, der jedoch erfolglos blieb. Mit Einspruchsbescheid vom 27. Oktober 1998 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen erhob die Klägerin am 25. November 1998 Klage.
Die Klägerin trägt vor, es handele sich bei der von ihr ausgeübten Tätigkeit um eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz – EStG -. Es sei insoweit ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig (Az. XI R 12/98). In Nordrhein-Westfalen sei diese Tätigkeit als Heilberuf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG anerkannt. Es läge ein Urteil vor, wonach Sprachheilpädagogen mit entsprechender Rückwirkung umsatzsteuerbefreit seien. Auch sei zu beachten, daß durch § 27 Abs. 1 a Umsatzsteuergesetz – UStG – die Umsatzsteuerbefreiung geregelt worden sei. Wegen der Vergleichbarkeit der Sprachheilpädagogen mit „ähnlich heilberuflichen Tätigkeiten” i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei dies auch bei der Gewerbesteuerpflicht einzubeziehen. Auch nach dem Urteil des FG Hamburg vom 14. September 2000 (EFG 2001, 221) ergebe sich die Einordnung als freiberufliche Tätigkeit. Gegen das Urteil sei aber Revision eingelegt worden (BFH Az. IV R 69/00).
Die Klägerin beantragt,
1. den Gewerbesteuermeßbescheid vom 3. Mai 1996 und den Einspruchsbescheid vom 27. Oktober 1998 aufzuheben,
2. das Verfahren solange auszusetzen, bis der BFH über die Revision (Az. IV R 69/00) entschieden hat.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, ein Ruhenlassen des Verfahrens wegen des BFH-Verfahrens (Az. XI R 12/98) komme nicht in Betracht, da es in dem dortigen Verfahren, um die Abfärberegelung im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gehe. Ein Zusammenhang zum Klageverfahren sei nicht erkennbar. Zwar gebe es ein Gesetz über die Berufsbezeichnung der Medizinischen Sprachheilpädagoginnen und –pädagogen vom 2. März 1998. Dieses Gesetz gelte aber nicht für Veranlagungszeiträume vor dem 1. Januar 1998. Sofern der Gesetzgeber die Umsatzsteuerbefreiung rückwirkend seit dem 01.01.1994 in § 27 Abs. 1 a UStG geregelt habe, könnten daraus keine Rückschlüsse für die gewerbesteuerliche Behandlung der Einkünfte hergeleitet werden. Denn der Wille des Gesetzgebers sei allein darauf gerichtet gewesen, eine Umsatzsteuerbefreiung wegen der Entlastung der Sozialversicherungsträger von der Umsatzsteuer herbeizuführen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
I. Die Tätigkeit der Klägerin unterliegt der Gewerbesteuerpflicht. Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 EStG und nicht aus einer freiberuflichen Tätigkeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
1. Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 Gewerbesteuergesetz – GewStG - ist jeder inländische Gewerbebetrieb im Sinne des EStG gewerbesteuerpflichtig. Gem. § 15 Abs. 2 EStG ist ein Gewerbebetrieb jede selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine and...