Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Berücksichtigung von Einkünften des Kindes nach Abschluss der Berufsausbildung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Ermittlung der Höhe der Kindeseinkünfte im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind nur die Einkünfte anzurechnen, die das Kind bis zum Abschluss seiner Berufsausbildung erzielt hat.
  2. Das Gesetz regelt nicht, welche Kindeseinkünfte anzurechnen sind, wenn die Berufsausbildung oder Arbeitslosigkeit während eines Kalendermonats endet und das Kind im Anschluss daran in dem selben Monat Einkünfte aus einer normalen Berufstätigkeit erzielt.
  3. Diese Regelungslücke ist unter Berücksichtigung von Systematik und Sinn und Zweck der Kindergeldregelung dergestalt zu schließen, dass nach Abschluss der Arbeitslosigkeit erwirtschaftete Einkünfte des Kindes nicht anzurechnen sind.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2, 6-7

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob die Klägerin (Kl.) Kindergeld zurückzahlen muss.Die Kl. - sie ist geschieden - hat vier Kinder, für sie in der Zeit vom 01.02. bis 30.09.1996 Kindergeld in folgender Höhe monatlich erhielt:

F

geb. 1977

200 DM

X

geb.

200 DM

Y

geb.

300 DM

Z

geb.

350 DM

1.050 DM

Bereits seit September 1992 hatte die Kl. Kindergeld für die 4 Kinder erhalten. Seit dem 01.08.1993 erlernte der älteste Sohn F den Beruf eines Lackierers. Mit Verfügung vom 23.08.1994 widerrief der Beklagte (Arbeitsamt AA) das Kindergeld für F mit Wirkung ab 01.08.1994, weil dieser ab August 1994 geringfügig zu viel verdiente. Am 21.08.1996 beantragte die Kl. erneut Kindergeld für F, nachdem sich der Grenzbetrag der unschädlichen eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes erhöht hatte. Durch Bescheid vom 23.08.1996 gewährte das AA erneut Kindergeld für F, jedoch wegen der Vorschrift des § 66 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) nur rückwirkend für 6 Monate, d.h. ab 01.02.1996.

Ende Juli 1996 beendete F seine Lehre. Vom 01.01.1996 bis zum Lehrabschluss hatte er eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 7.553 DM erhalten. Danach war er bis zum 03.09.1996 arbeitslos; für diese Zeit wurden ihm 1.001.60 DM Arbeitslosengeld gezahlt. Ab 04.09.1996 fand er einen Arbeitsplatz als Lackierer und verdiente im September 1996 2.935.37 DM.

Durch Bescheid vom 28.11.1996 widerrief das AA die Gewährung des Kindergeldes für F für das gesamte Jahr 1996 und forderte von der Kl. den für die Monate Februar bis September 1996 gezahlten Betrag in Höhe von 2.800 DM (8 x 350 DM) zurück. Zur Begründung berief es sich auf § 32 Abs. 4 Satz 1 Ziff. 1 in Verbindung mit § 32 Abs. 4 Sätze 2, 6 und 7 EStG. Dabei ging das AA davon aus, dass F für die Zeit bis Ende September 1996 ein berücksichtigungsfähiges Kind im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Ziff. 1 EStG war mit der Folge, dass seine in dem Zeitraum vom 01.01. bis zum 30.09.1996erzielten Einkünfte und Bezüge daraufhin geprüft werden müssten, ob sie den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Sätze 2, 6 und 7 EStG überschritten. Das AA kam zu dem Ergebnis, dass der Grenzbetrag überschritten sei. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Einspruchsbescheid vom 20.05.1997 Seite 4 (Bl. 100 Kindergeld-Akte) Bezug genommen. Es ist unstreitig, dass der Grenzbetrag überschritten ist, wenn man Fs Einkünfte aus seinem Arbeitsverhältnis im September 1996 einbezieht, unabhängig davon, ob man der Berechnung des AA in allen Einzelheiten folgt oder nicht. Den gegen den Rückforderungsbescheid eingelegte Einspruch wies das AA mit Einspruchsbescheid vom 20.05.1997 zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Kl. jedoch nicht mehr Kindergeld für den Monat September 1996 geltend macht. Sie meint, es gehe nicht an, ihr das Kindergeld rückwirkend für die Monate Februar bis August 1996 zu versagen. Sie habe ihren Sohn tatsächlich bis Anfang September 1996 unterhalten und das Kindergeld sei verbraucht. Die Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge von F sei fehlerhaft, weil zu Unrecht der im Monat September 1996 bezogene Arbeitslohn einbezogen worden sei.

Die Kl. beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

unter Änderung des Rückforderungsbescheides vom 28.11.1996 und des Einspruchsbescheides vom 20.05.1997 den Rückforderungsbetrag auf 350 DM herabzusetzen.

Das AA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es meint, nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 4 EStG müsse bei der Berechnung des Grenzbetrages der Arbeitslohn für September einbezogen werden.

Im übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die vorgelegte Kindergeldakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Das AA hat die Kindergeldfestsetzung für die Monate Februar bis August 1996 zu Unrecht rückwirkend aufgehoben. Das ergibt sich aus Folgendem:

Nach §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 a EStG in der für 1996 geltenden Fassung wird grundsätzlich für ein Kind, das - wie der Sohn F der Kl. - das 18., aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, Kindergeld bewilligt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird oder arbeitslos ist und der Arbeitsvermittlung im Inland zur Verfügung steht. Diese Vorauss...

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