vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 43/07)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für eine Veranlagung gemäß § 46 Abs. 2 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen für eine Veranlagung gemäß § 46 Abs. 2 EStG.
- § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. des JStG 2007 ist auch auf VZ vor 2006 anzuwenden.
- Die Anwendungsregelung des § 52 Abs. 55j EStG erstreckt sich bei verfassungskonformer Auslegung nicht auf das Streitjahr 2001. Denn erfasst werden nach Sinn und Zweck der Anwendungsvorschrift nur Veranlagungsjahre, bei denen durch die Neufassung des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht nachträglich die Möglichkeit zur Abgabe einer ESt-Erklärung entfällt.
- § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. JStG 2007 ist – für den VZ 2001 – nicht nur auf positive Einkünfte anzuwenden.
Normenkette
EStG § 46 Abs. 2, § 52 Abs. 55j
Streitjahr(e)
2001
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kläger zur Einkommensteuer 2001 zu veranlagen sind.
Der Kläger ist Arbeitnehmer. Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die mit./. 10.594 DM beziffert werden.
Die Einkommensteuererklärung 2001 ging am 3. Juni 2004 beim Beklagten ein. Da die Zweijahresfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG bereits verstrichen war, stellte der Prozeßbevollmächtigte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er trug vor, die Einkommensteuererklärung bereits im September 2003 eingereicht zu haben. Ein Eingang dieser Erklärung ist beim Beklagten nicht feststellbar. Als Ersatz für die dem Original beigefügte Lohnsteuerkarte fügten die Kläger ihrer Einkommensteuererklärung eine besondere Lohnsteuerbescheinigung für 2001 bei, die am 16. Februar 2004 vom Arbeitgeber ausgestellt ist. Der Beklagte lehnte durch den angefochtenen Bescheid die Durchführung der Einkommensteuerveranlagung ab, da die Frist versäumt sei und auch die Frist für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bereits abgelaufen sei, denn spätestens mit dem Zeitpunkt der Ausstellung der besonderen Lohnsteuerbescheinigung für 2001 hätten die Kläger bzw. ihr Prozeßbevollmächtigter gewusst, dass die Zweijahresfrist abgelaufen sei. Die Wiedereinsetzungsfrist sei damit spätestens im März 2004 abgelaufen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie eine Veranlagung zur Einkommensteuer 2001 anstreben.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verpflichten, die Kläger unter Berücksichtigung der eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 zur Einkommensteuer zu veranlagen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner im Einspruchsbescheid vertretenen Auffassung fest. Soweit der BFH im Urteil vom 21. September 2006 (VI R 52/04, BStBl II 2007, 45) entschieden habe, dass auch negative Einkünfte von mehr als 800 DM zu einer Amts- statt einer Antragsveranlagung führten, habe der Gesetzgeber dieser Ansicht jedenfalls durch rückwirkende Gesetzesänderung im Jahressteuergesetz 2007 die Grundlage entzogen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
Die Kläger sind zur Einkommensteuer zu veranlagen.
Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, wird eine Veranlagung nur unter den in § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 8 EStG genannten Voraussetzungen durchgeführt. Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen nach § 46 Abs. 2 Nr. 1, 1. Alternative EStG vor. Nach dieser Vorschrift wird die Veranlagung durchgeführt, wenn die Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, vermindert um die darauf entfallenden Beträge nach § 13 Abs. 3 und § 24a EStG, mehr als 800 DM beträgt.
Der BFH hat durch Urteil vom 21. September 2006 (VI R 52/04, BStBl II 2007, 45) entschieden, dass sich die Vorschrift nicht nur auf positive Einkünfte bezieht, sondern auch auf negative.
Nach § 52 Abs. 55j EStG, der durch das Jahressteuergesetz 2007 eingefügt worden ist, ist zwar § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 „auch auf Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden”. Diese Regelung erstreckt sich bei verfassungskonformer Auslegung aber nicht auf das Streitjahr 2001. Erfasst werden nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Anwendungsvorschrift nur Veranlagungsjahre, bei denen durch die Neufassung des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht nachträglich die Möglichkeit zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung entfällt. Der Gesetzgeber hat nur eine „Klarstellung” der Vorschrift in den Mittelpunkt seiner Gesetzgebungsinitiative gerückt. Eine Absicht, darüber hinaus den Steuerpflichtigen auch bereits bestehende Ansprüche auf Veranlagung entziehen zu wollen, lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Gesetzgebungsverfahren ableiten. Im Streitfall besteht daher weiterhin die Verpflichtung des Finanzamts, die Kläger zur Einkommensteuer zu veranlagen.
Die Rechtslage ist (jedenfalls) für das Str...