Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung als Steuerberater
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen des Widerrufs der Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls.
- Die Vermutung eines Vermögensverfalls ist widerlegbar.
- Eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen entfällt nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die damit verbundene Verfügungsbeschränkung des Insolvenzschuldners.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater.
Der Kläger wurde xxxx zum Steuerberater bestellt und führt eine Steuerberatungskanzlei in A.. Nachdem die Oberfinanzdirektion Hannover der Beklagten mitgeteilt hatte, dass der Kläger in Vollstreckung befindliche Steuerrückstände habe (zuletzt mit Schreiben vom 21. April 2011: i.H.v. 15.977,55 €), mehrere Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn ergriffen worden seien, der Kläger Ratenzahlungsvereinbarungen nicht eingehalten habe und beim Amtsgericht B. im dort geführten Schuldnerverzeichnis mit einer Haftanordnung gem. §§ 901, 915 der Zivilprozessordnung (ZPO) wegen Nichtabgabe der eidesstattlichen Versicherung (NZS 9 M 2397/10) eingetragen sei, hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 9. Mai 2011 zu einem möglichen Widerruf der Bestellung als Steuerberater mit Fristsetzung bis zum 9. Juni 2011 an.
Nachdem der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt nicht Stellung genommen hatte, widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juni 2011 die Bestellung des Klägers als Steuerberater. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Widerruf erfolge gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) aufgrund des Vermögensverfalls des Klägers. Der Vermögensverfall sei wegen der Eintragung des Klägers im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts B. zu vermuten. Im Übrigen befinde sich der Kläger auch tatsächlich in Vermögensverfall. Diese Annahme beruhe auf rückständigen Kammerbeiträgen und Zwangsgeldern (6.237 €), auf den Steuerrückständen des Klägers sowie weiteren Verbindlichkeiten gegenüber mehreren Gläubigern, die Frau Obergerichtsvollzieherin C., B. der Beklagten mit Schreiben vom 16. September 2010 sowie vom 31. Januar 2011 und vom 3. Mai 2011 mitgeteilt hatte (insgesamt 8.825,88 €). Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, dass Auftraggeberinteressen nicht gefährdet seien. Vielmehr sei im Streitfall von einer konkreten Gefährdung der Interessen der Auftraggeber auszugehen. Der Kläger habe seine Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren durch verspätete bzw. Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 2010 und von Umsatzsteuererklärungen für 2005, 2006 und 2008 verletzt. Das Finanzamt Stadthagen habe die Umsatzsteuervoranmeldung für das erste und zweite Quartal 2010 und die Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuer 2008 schätzen müssen. Darüber hinaus verwies die Beklagte auf zwei Urteile des Landgerichts D., in denen gegen den Kläger berufsgerichtliche Maßnahmen ausgeurteilt worden waren.
Gegen den dem Kläger am 25. Juni 2011 zugestellten Widerruf der Bestellung als Steuerberater hat der Kläger am 25. Juli 2011 Klage erhoben mit dem Hinweis, die Klage erfolge zunächst fristwahrend. Eine Begründung seiner Klage hat der Kläger im schriftlichen Verfahren nicht vorgetragen.
Mit Verfügung vom 5. September 2011 hat der Berichterstatter den Kläger nach § 79b Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgefordert, Tatsachen bis zum 5. Oktober 2011 anzugeben, durch deren Nichtberücksichtigung oder Berücksichtigung im Verwaltungsverfahren sich beschwert fühle. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 8. September 2011 mitgeteilt, dass sich der Kläger aufgrund eines Herzinfarktes stationär behandeln lasse. Der Kläger hat mit Schreiben vom 26. September 2011 mitgeteilt, dass er sich in eine stationäre Anschlussheilbehandlung begeben müsse. Aus den zusätzlich eingereichten Unterlagen geht eine Therapiedauer von drei Wochen hervor. Die mit Verfügung vom 5. September 2011 gesetzte Frist ist auf Antrag des Klägers bis zum 7. November 2011 verlängert worden. Der Kläger hat keine Angaben gemacht.
Mit Verfügung vom 14. November 2011 hat der Berichterstatter den Kläger nach § 79b Abs. 2 FGO aufgefordert, ein vollständiges Vermögensverzeichnis über Vermögenswerte und Schulden sowie eine Aufstellung über seine laufenden Einnahmen und Ausgaben vorzulegen und Nachweise über Ratenzahlungsvereinbarungen mit sämtlichen Gläubigern, Löschung aller Eintragungen im Schuldnerverzeichnis bis zum 16. Dezember 2011 nachzuweisen. Der Kläger hat keine Angaben gemacht.
Mit Schreiben vom 17. November 2011 hat die Beklagte mitgeteilt, dass der Kläger mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen und ihres Wissens wieder im Büro tätig sei. Der zwischenzeitlich als Vertreter der Praxis des Klägers bestellte Vertreter, Herr Steuerberater E., A., habe mitgeteilt, dass er seine Tätigkeit als Vertreter eingestellt habe.
Mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 hat das Amtsgericht E. das Insolvenzverfahren über das Vermög...