Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein umsatzsteuerähnlicher Charakter von Nachzahlungszinsen; zwischenzeitliche Tilgung steht der Festsetzung von Nachzahlungszinsen nicht entgegen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Festsetzung von Nachzahlungszinsen stehen keine EG-rechtlichen Erwägungen entgegen. Insbesondere haben Nachzahlungszinsen auch dann keinen umsatzsteuerähnlichen Charakter i.S.d. Art. 33 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie, wenn sie auf einer Umsatzsteuer-Nachforderung beruhen.
  2. Aus diesem Grund ist auch keine Unvereinbarkeit zwischen § 233a AO und dem in Art. 33 der 6. EG-Richtlinie normierten Verbot umsatzsteuerlicher Abgaben gegeben.
  3. Der Festsetzung von Nachzahlungszinsen steht nicht entgegen, dass diese vom Stpfl. bereits getilgt worden sind. § 233a Abs. 1, 3 AO setzt lediglich einen Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer (Festsetzungssoll) und einer vorher festgesetzten Steuer (Vorsoll) voraus.
  4. Kassenvorgänge wie Zahlung, Aufrechnung oder sonstige Erfüllung können und müssen ggf. im Erlassverfahren berücksichtigt werden.
 

Normenkette

AO § 233 Abs. 1, 3; EWGRL 388/77 Art. 33

 

Streitjahr(e)

1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.11.2002; Aktenzeichen V R 75/01)

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) die Erschließung und Bebauung eines Grundstücks mit Eigentumswohnungen sowie deren anschließende Veräußerung an fremde Erwerber. Sie versteuert ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 UStG).

Im Streitjahr 1997 veräußerte die Klägerin u.a. vier fertiggestellte Eigentumswohnungen an die Erwerber S., G., W. und T. Zum 31. Dezember 1997 waren von den vereinbarten Kaufpreisen Zahlungen in Höhe von 251.439,00 DM zuzüglich 37.715,85 DM Umsatzsteuer noch nicht beglichen. Diese Beträge gingen erst im Folgejahr 1998 bei der Klägerin ein.

Mit ihrer Umsatzsteuererklärung 1997 erklärte die Klägerin Umsätze in Höhe von 698.790,00 DM. Darin waren die 1997 nicht eingegangenen Restkaufpreiszahlungen nicht enthalten. Diese unterwarf die Klägerin erst im Laufe des Jahres 1998 in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen und in ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung der Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuerjahreserklärung 1998 reichte die Klägerin am 6. April 1999 beim Beklagten ein. Hinsichtlich der Erfassung der Umsätze im Einzelnen wird auf die Anlage in Bl. 33 der Umsatzsteuerakte Bezug genommen.

Im Anschluss an eine steuerliche Außenprüfung unterwarf der Beklagte die erst 1998 vereinnahmten Entgelte für bereits 1997 ausgeführte Umsätze im Streitjahr 1997 der Umsatzsteuer und änderte mit Bescheid vom 26. Januar 2000 die Umsatzsteuerfestsetzung entsprechend. Zugleich setzte der Beklagte Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO für einen Zeitraum von neun Monaten (1. April 1999 bis 29. Januar 2000) in Höhe von 1.696,00 DM fest.

Hiergegen legte die Klägerin am 25. Februar 2000 Einspruch ein. Zugleich legte sie eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für 1998 vor, aus der sich aufgrund des Wegfalls der nunmehr 1997 berücksichtigten Umsätze ein Erstattungsanspruch zu ihren Gunsten in Höhe von 37.715,80 DM ergab. Daneben beantragte die Klägerin den Erlass aus Billigkeitsgründen. Mit Bescheid vom 12. März 2001 erließ der Beklagte die Nachzahlungszinsen in Höhe von 647,00 DM. Den Einspruch wies er mit Einspruchsbescheid vom selben Tag als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die festgesetzten Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer seien als eine Zusatzsteuer zur gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer anzusehen und verstießen damit gegen Art. 33 Abs. 1, 12 Abs. 3 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie (EWG) Nr. 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern vom 17. Mai 1977 (6. EG-Richtlinie). Das System der Umsatzsteuer müsse gewährleisten, dass auf allen Unternehmerebenen eine gleich hohe Belastung mit Umsatzsteuer erfolge.

Außerdem scheide eine Festsetzung von Nachzahlungszinsen vorliegend schon deshalb aus, weil die nachgeforderte Umsatzsteuer noch innerhalb der Karenzfrist des § 233a AO von 15 Monaten angemeldet und bezahlt worden sei. Es könne kein Anspruch, der bereits durch Erfüllung erloschen sei, der Verzinsung unterworfen werden.

Die Klägerin beantragt,

den im Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 26. Januar 2000 enthaltenen Zinsbescheid insoweit zu ändern, als die nicht erlassenen Zinsen in Höhe von 1.049 DM nicht festgesetzt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Antrags verweist er auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid vom 12. März 2001.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Steuerakten zu Steuer-Nr. … sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat die Nachzahlungszinsen zu Recht festgesetzt und zutreffend berechnet. Da die Klägerin ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten versteuert, ist die Umsatzsteuer für die 1997 erfolgten Verkäufe an die Erwerber S., G., W. und T. spä...

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