vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [I R 49/06)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerfreiheit der Entnahme eines Wohngebäudes ohne Nutzungswertbesteuerung (zehn Jahre Leerstand) nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 1 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Die Steuerfreiheit einer Entnahme nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 1 EStG setzt voraus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nutzungswertbesteuerung im Zeitpunkt der Entnahme oder Veräußerung erfüllt sind. Denn dadurch sollen Härten, die darauf beruhen, dass der Wegfall der Nutzungswertbesteuerung zur Zwangsentnahme von Wohnungen führt, beseitigt werden.
- Für Wohnungen, die nicht der Nutzungswertbesteuerung unterliegen, hat deren Wegfall keine Konsequenzen.
- Die Steuerfreiheit nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG erfordert, dass nicht andere Wohnungen für den Betriebsinhaber oder Altenteiler vorhanden sind, die der Nutzungswertbesteuerung unterlegen haben und die deshalb das Recht zur Abwahl der Nutzungswertbesteuerung eröffneten oder unter das Entnahmeprivileg des § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 1 EStG fallen.
Normenkette
EStG § 52 Abs. 15 Sätze 8-9
Streitjahr(e)
1996, 1997
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob das Gebäude Xstraße 3 (Häuslingshaus) nebst zugehörigem Grund und Boden steuerfrei aus dem Betriebsvermögen des Klägers entnommen werden konnte.
Der 1939 geborene Kläger war Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Zum Betriebsvermögen gehörten u.a. die Gebäude Xstraße 1 und Xstraße 3. Die Kläger wohnten zunächst – auch im Jahr 1986 – zusammen mit dem im Betrieb des Klägers als Arbeitnehmer beschäftigten Sohn in dem Gebäude Xstraße 1.
Das 1890 errichtete Häuslingshaus stand am 31. Dezember 1986 leer. Es diente ursprünglich den auf dem Hof beschäftigten Arbeitnehmern als Unterkunft. In den siebziger Jahren und Anfang der achtziger Jahre war es fremdvermietet. Danach wurde es – auch 1986 - in geringem Umfang als Lager- und Abstellraum eigenbetrieblich genutzt. Nach Renovierung des Gebäudes bezogen die Kläger im Dezember 1996/Januar 1997 das Häuslingshaus. Die bisherige Wohnung überließ der Kläger seinem Sohn unentgeltlich mit gesicherter Rechtsposition.
Der Kläger übergab mit notariellem Vertrag vom 7. Dezember 1998 seinem Sohn den Betrieb zum 1. Juli 1998 im Wege vorweggenommener Erbfolge. Er erhielt ein bis zum 65. Lebensjahr befristetes Nießbrauchsrecht an dem Hof mit Ausnahme der Gebäude Xstraße 1 und 3. Zugunsten der Kläger wurde ein mit dem Ende des Nießbrauchsrechts beginnendes Altenteil vereinbart, zu dem u.a. freie Wohnung in dem Gebäude Xstraße 3 gehörte. Der Kläger bewirtschaftete den Hof aktiv weiter. Der Sohn blieb als Arbeitnehmer im Betrieb des Klägers.
Der Beklagte (das Finanzamt) wertete im Anschluss an eine Außenprüfung die Nutzungsänderungen als Entnahmen der Gebäude und des zugehörigen Grund und Bodens. Es sah dem Prüfer folgend die Entnahme des Gebäudes Xstraße 1 als steuerfrei, die des Häuslingshauses hingegen als steuerpflichtig an und erhöhte den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1996/1997 um 155.000 DM. Das Einspruchsverfahren gegen die darauf beruhenden Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997 vom 1. Juni 2001, in dem auch eine Billigkeitsmaßnahme des Finanzamts begehrt wurde, blieb erfolglos (Einspruchsbescheid vom 19. März 2002). Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Kläger sind der Auffassung, das Häuslingshaus könne gemäß § 52 Abs. 15 Einkommensteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) steuerfrei entnommen werden. Zwar habe es 1986 nicht der Nutzungswertbesteuerung unterlegen. Es sei aber vor dem 1. Januar 1987 vermietet gewesen, sodass die Regelung des § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG einschlägig sei. Das Gesetz fordere nicht, dass die Wohnung auch im Jahr 1986 vermietet gewesen sei. Es sei nicht sachgerecht, das Häuslingshaus weder dem Grundfall des § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 1 EStG (mangels Nutzungswertbesteuerung) noch der Regelung des § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG (mangels Vermietung) zuzuordnen.
Es habe der Bedarf für eine Altenteilerwohnung bestanden. Die Hofübergabe an den Sohn sei bereits absehbar gewesen. Mit den Gebäuden Xstraße 1 und 3 seien zwei Gebäude vorhanden gewesen, die der Familie beim Generationenwechsel als Betriebsleiter- und Altenteilerwohnung dienen sollten. Die für den Generationenwechsel bereitgehaltene Wohnung sei nicht einmal vermietet gewesen.
Die Wohnung im Häuslingshaus sei eine Altenteilerwohnung, denn zu diesem Zweck sei sie vorgehalten worden. Damit habe es sich bereits 1986 um eine Altenteilerwohnung gehandelt, die nach dem BMF-Schreiben vom 12. November 1986 (BStBl I, 528) steuerfrei entnommen werden könne.
Dass die Hofübergabe mit der Bestellung des Altenteils erst ca. zwei Jahre nach dem Umzug der Kläger vollzogen worden sei, sei nicht schädlich. Die Renovierung des Häuslingshauses und der Umzug seien bereits im Hinblick auf die Hofübergabe...