rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nach Umbau der Wirtschaftsgebäude eines Hofes zu Wohnungen bildet jedes Gebäude für sich eine wirtschaftliche Einheit
Leitsatz (redaktionell)
- Es entspricht nicht der Verkehrsauffassung, den bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff und den Begriff des Grundstücks als wirtschaftliche Einheit gleichzusetzen.
- Wird das Wirtschaftsgebäude einer ehemaligen Hofstelle, auf der sich auch Scheune und Schafstall befinden, zu Wohnungen umgebaut, bildet jedes Gebäude für sich eine wirtschaftliche Einheit.
- Ein früher bestehender Funktionszusammenhang ist mit der Einstellung des landwirtschaftlichen Betriebes verloren gegangen.
Normenkette
BewG § 2 Abs. 1 Sätze 3-4, § 9 Abs. 2 S. 3
Streitjahr(e)
1997
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob die Gebäude einer ehemaligen Hofstelle eine wirtschaftliche Einheit bilden und im Ertrags- oder im Sachwertverfahren zu bewerten sind.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks B. 2 in G. Dieses Grundstück liegt rund 2,5 km von der Ortslage G. entfernt in einer Wald- und Wiesengegend. Die Grundstücksfläche beträgt 10.527 qm. Unmittelbar angrenzend befindet sich der Bauernhof B. 1, ansonsten ist die Umgebung unbebaut.
Das Grundstück B. 2 ist bebaut mit einem Gebäudeensemble, das einstmals zu einer Hofstelle gehörte. Um einen Hofplatz gruppieren sich das alte Wohnhaus, eine Scheune, ein Schafstall, ein Backhaus, ein ehemaliger Schweinestall sowie eine offene Wagenremise.
Der Kläger, von Beruf Zahnarzt, erwarb das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 5. November 1991. Zunächst baute er in den Jahren bis 1993 den damals verfallenen ehemaligen Schafstall zu einem Wohnhaus mit einer Wohnung um, in den Jahren bis 1996 folgte der Ausbau der ehemaligen Scheune und die Renovierung der Wagenremise nach. Backhaus und ehemaliger Schweinestall waren zum Stichtag 01.01.1997 ungenutzt und noch nicht wiederhergestellt; ebenso wenig wurde das Wohnhaus, das vom ehemaligen Landwirt aufgrund eines Wohnrechts bis heute bewohnt wird, modernisiert. Zum Stichtag 01.01.1997 wohnte der Kläger selbst im Schafstall; die Scheune hatte er fremd vermietet. Die Wagenremise stand den Bewohnern von Schafstall und Scheune zum Unterstellen ihrer Fahrzeuge zur Verfügung.
Im Rahmen der Umbaumaßnahmen wurde das Fachwerk von Schafstall und Scheune ausgefacht, Betonstreifenfundamente untergelegt und das Fachwerk geradegebogen; danach wurde das Fachwerk wieder ausgemauert. Der Schafstall hat nunmehr eine Wohnfläche von 74,61 qm. Im vom Hofplatz aus hinteren Gebäudeteil der Scheune befindet sich eine Wohnung mit 141 qm Wohnfläche, im vorderen Gebäudeteil eine Werkstatt, die damals mit der Wohnung nicht verbunden war.
Wohnhaus und Scheune sind jeweils mit Hartbedachung versehen, der Grundstücksabstand zwischen ihnen beträgt 8,50 m. Der Schafstall liegt rund 50 m von Wohnhaus und Scheune entfernt. Wohnhaus, Schafstall und Scheune sind jeweils mit einer eigenen Heizungsanlage ausgestattet und unabhängig von einander an das Stromnetz angeschlossen.
Der Beklagte stellte mit Nachfeststellungsbescheid auf den 01.01.1992 vom 5. April 1994 für das Grundstück einen Einheitswert von 42.100,- DM und die Grundstücksart Einfamilienhaus fest. Dabei bewertete er allein das alte Wohnhaus, und zwar im Ertragswertverfahren; bei der Berechnung des Einheitswertes ging er von einer Wohnfläche von 110 qm und einer Monatsmiete von 1,05 DM/qm aus. Da der Wert des Grund und Bodens den Einheitswert des Gebäudes erheblich überschritt, wurden gem. § 77 Bewertungsgesetz (BewG) 50% des Bodenwertes angesetzt.
Nach Fertigstellung des Schafstalls schrieb der Beklagte mit Einheitswertbescheid auf den 01.01.1994 vom 13. Juni 1995 den Einheitswert auf 57.800,- DM und die Grundstücksart auf Zweifamilienhaus fort; die Bewertung erfolgte weiterhin im Ertragswertverfahren. Dabei berücksichtigte er für den Schafstall folgende Besteuerungsgrundlagen: Wohnfläche 74,61 qm, Monatsmiete 3,88 DM/qm, Vervielfältiger 8,3 (Anlage 8 zum BewG, Bauausführung B, Baujahr 1908 - 1915).
Nachdem auch die Scheune und die Wagenremise wieder hergerichtet waren, ging der Beklagte davon aus, dass sämtliche Gebäude als eine wirtschaftliche Einheit zu bewerten seien und nunmehr das Sachwertverfahren zur Anwendung komme. Mit Bescheid vom 23. Juni 1998 nahm der Beklagte eine Art- und Wertfortschreibung auf den 01.01.1997 vor. Dabei wurde der Einheitswert auf 276.000,- DM fortgeschrieben und die Grundstücksart Mietwohngrundstück festgestellt. Der gegen die Bewertung der Gebäude im Sachwertverfahren gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Im Klageverfahren trägt der Kläger vor, dass seiner Auffassung nach die Gebäude im Ertragswertverfahren zu bewerten seien. Dieses sei das Regelbewertungsverfahren. Das Sachwertverfahren komme nur dann ausnahmsweise zur Anwendung, wenn weder eine Jahresrohmiete ermittelt oder die übliche Miete geschätzt werden könne. Das sei hier aber nicht der Fall. Für jedes einzelne Gebäude lasse sich ohne weiteres eine Jahresrohmiete ermitte...