Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Widerruf der Bestellung als Steuerberater
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung eines Steuerberaters nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG.
- Es liegt auf der Hand, dass die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerberaters nach der InsO eintretenden Rechtsfolgen nicht geeignet sein können, die Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen.
- Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse des insolvent gewordenen Steuerberaters sind noch nicht wieder hergestellt, solange dem Steuerberater nicht die Restschuldbefreiung erteilt und ein Insolvenzplan aufgestellt ist.
- Die Vereinbarung zwischen dem insolventen Steuerberater und seinen Gläubigern zur Abwicklung des Insolvenzverfahrens steht einem angenommenen und bestätigten Insolvenzplan nicht gleich.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2
Streitjahr(e)
2005, 2006, 2007
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist der Widerruf der Bestellung der Klägerin als Steuerberaterin.
Die … geborene Klägerin wurde … zur Steuerberaterin bestellt. Am 8. März 2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin eröffnet. Nach dem Insolvenzgutachten bestanden Verbindlichkeiten bei sechs Gläubigern in Höhe von 462.564,67 EUR, darunter fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 376.309,67 EUR, bei einer freien Masse in Höhe von 18.567,38 EUR. Die Verbindlichkeiten beim Finanzamt betrugen über 25.000 EUR. Die Klägerin hatte bei Insolvenzeröffnung Umsatzsteuerverbindlichkeiten in Höhe von über 11.000 EUR, die im Zeitraum November 2005 bis Februar 2007 fällig geworden waren, nicht entrichtet.
Außer dem Finanzamt hatte auch die Klägerin einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt und ihn mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung verbunden. Dem Antrag war die nach § 287 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO) erforderliche Erklärung, die pfändbaren Forderungen auf Bezüge abzutreten, nicht beigefügt. Über den Antrag auf Restschuldbefreiung ist noch nicht entschieden. Die Restschuldbefreiung ist der Klägerin bislang auch nicht angekündigt worden.
Die Gläubiger und die Klägerin trafen eine Vereinbarung zur Abwicklung des Insolvenzverfahrens. Dem diesbezüglichen Vorschlag des Insolvenzverwalters vom 12. Juni 2007 stimmten die Gläubiger mit Änderungswünschen, die die Klägerin akzeptierte, zu. Danach gab der Insolvenzverwalter die Einzelpraxis der Klägerin mit Schreiben vom 26. Juni 2007 aus der Insolvenzmasse frei. Die Klägerin verpflichtete sich im Gegenzug u. a., in einer Wohlverhaltensphase von 68 Monaten 66.000 EUR vom 1. Juli 2007 an in monatlichen Raten aus den abgetretenen Einkünften für eine Geschäftsführertätigkeit bei der X-Steuerberatungsgesellschaft mbH an den Insolvenzverwalter als Treuhänder zur Verteilung an die Gläubiger zu zahlen. Die Gläubiger erhalten nach dieser Vereinbarung eine höhere Quote (ca. 19 v. H.) als der Insolvenzverwalter in seinem Gutachten prognostiziert hatte (ca. 7 v. H.). Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf das an die Gläubiger gerichtete Schreiben von 12. Juni 2007 und die Niederschrift über die nichtöffentliche Verhandlung im vertagten Berichtstermin vom 13. Juni 2007 (Amtsgericht …) verwiesen.
Nach der Vereinbarung sollte das Insolvenzverfahren „kurzfristig abgeschlossen” werden. Der Schlussbericht des Insolvenzverwalters datiert vom 26. Mai 2008. Mit einem Schreiben vom gleichen Tag teilt er dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, ihm seien keine Gründe im Sinne des § 290 InsO bekannt, die bei der Klägerin für eine Versagung der Restschuldbefreiung sprächen.
Die Beklagte (die Steuerberaterkammer) widerrief mit Bescheid vom 28. August 2007 die Bestellung der Klägerin als Steuerberaterin wegen Vermögensverfalls gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz (StBerG), nachdem der Klägerin zuvor rechtliches Gehör gewährt worden war. Die Klägerin hatte dabei nach einem Aktenvermerk telefonisch mitgeteilt, das Insolvenzplanverfahren habe begonnen, und das Schreiben des Insolvenzverwalters vom 26. Juni 2007 vorgelegt.
Die Steuerberaterkammer begründete ihre Entscheidung damit, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin werde ein Vermögensverfall gesetzlich vermutet. Die Klägerin befinde sich auch tatsächlich in Vermögensverfall. Ausweislich des Insolvenzgutachtens könnten fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 376.309,67 EUR nicht durch die freie Masse in Höhe von 18.567,38 EUR gedeckt werden. Die gesetzliche Vermutung sei zwar widerlegbar, von der Klägerin aber nicht widerlegt worden. Die Klägerin habe keinen Insolvenzplan vorgelegt. Der Abschluss eines „Freigabevergleichs” sei kein dem Insolvenzplan gleichbedeutender Umstand.
Die Darlegungs- und Feststellungslast für den Ausnahmetatbestand („es sei denn”), dass Auftraggeberinteressen nicht gefährdet seien, habe die Klägerin zu tragen. Der Steuerberaterkammer seien...