vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [X R 6/23)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzug einer Vermögensabschöpfung als Betriebsausgabe

 

Leitsatz (redaktionell)

Stellt eine Zahlung an die Staatskasse sowohl eine Auflage gem. § 153a Abs. 1 Nr. 2 StPO als auch eine Vermögensabschöpfung nach § 73 Abs. 1 StGB dar und hat es das Strafgericht unterlassen, die einzelnen Komponenten des Zahlungsbetrages aufzugliedern, so hat das erkennende Gericht im Schätzungswege jenen Betrag zu ermitteln, der auf die Vermögensabschöpfung entfällt und als Betriebsausgabe abgezogen werden kann.

 

Normenkette

AO § 162 Abs. 1; EStG § 12 Nr. 4, § 4 Abs. 5 Nr. 8 S. 4; StGB § 73 Abs. 1; StPO § 153a Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob ein im Zusammenhang mit der Einstellung eines Strafverfahrens gezahlter Geldbetrag eine Vermögensabschöpfung darstellt und steuerlich abgezogen werden kann.

Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch gewerbliche Einkünfte aus einem Handel mit Telefon- und Kommunikationsanlagen. Der Kläger war zudem 2. Vorsitzender des Sportvereins…e.V. In dieser Funktion war er als Manager der Herrenfußballmannschaft zuständig. 1. Vorsitzender des Vereins war Herr E. Der Verein verfügte über eine Vereinsgaststätte, die mit Vertrag vom 1. Juli 2004 an Frau R. verpachtet wurde. Der Kläger erweiterte zum 30. Juni 2009 seine Gewerbeanmeldung um den Betrieb einer Schankwirtschaft. Außerdem erklärte sein Steuerberater, dass der Kläger seit dem 1. Juli 2009 die Bewirtschaftung des Fußballstadions in H übernommen habe.

Gegen den Kläger und E wurde im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Vereinsvorsitzende des…e.V. ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dabei ging es um den Vorwurf, dass der Verein für Spieler Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben nicht abgeführt und nicht sämtliche Umsätze aus dem Spielbetrieb erklärt sowie Arbeitsentgelte von Spielern vorenthalten und veruntreut habe. Diese Tatkomplexe kamen mit Anklageschriften vom 17. Mai 2017 (Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266a StGB) und 2. Juni 2017 (Steuerhinterziehung, § 370 AO) zur Anklage. Bereits im Vorfeld hatte am 28. November 2011 beim Kläger eine Hausdurchsuchung durch die Steuerfahndung stattgefunden.

In der Zeit vom 3. Mai 2012 bis zum 26. Februar 2014 fand beim Kläger eine Außenprüfung bezüglich des Handels mit Telefonanlagen statt. Ausweislich des Betriebsprüfungsberichts ergaben sich folgende Gewinnerhöhungen:

Gewinn vor BP

Gewinn nach BP

2006

./. 3.254,- €

+ 32.509,- €

2007

./. 1.405,- €

./. 1.759,- €

2008

+ 46.856,- €

+ 113.822,- €

2009

+ 36.997,- €

+ 52.534,- €

2010

+ 1.614,- €

+ 1.880,- €

Im Rahmen der Prüfung wurden auch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geprüft. Neben verschiedenen im Ergebnis unstreitigen Feststellungen ohne steuerstrafrechtliche Relevanz kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass der Kläger zu Unrecht Einkünfte für das im November 2007 im Rahmen einer Zwangsversteigerung erworbene Gebäude H nicht erklärt habe. Für dieses Objekt ermittelte er Einkünfte in Höhe von 139,- € (2008), 9.309,- € (2009) und 7.765,- € (2010).

Hinsichtlich der Gewinnerhöhungen für die Jahre 2008 und 2009 erklärten die damaligen Steuerberater, dass die Nichtversteuerung von ca. 71.000,- € aus Telefonverkäufen auf einem Büroversehen der Steuerberatungskanzlei beruhen würde. Der Kläger habe alle diesbezüglichen Einnahmen dem Steuerberater mitgeteilt. Die Einnahme sei auf einem ungewöhnlichen Konto verbucht worden. Da der Kläger zu dieser Zeit erhebliche Verluste im Zusammenhang mit der Finanzkrise erlitten und seine Konten durch Nachschießen von privaten Geldern habe stabilisieren müssen, habe der Steuerberater die betrieblichen Einnahmen irrtümlich übersehen und nicht gebucht. Der Kläger habe aufgrund der jahrelangen vertraulichen Zusammenarbeit mit dem Steuerberater die Steuererklärung nur kursorisch geprüft und das Fehlen der Einnahme nicht erkannt. Der Kläger hat die Feststellungen der Außenprüfung bezüglich des Handels mit Telefonanlagen akzeptiert und die im Jahre 2014 festgesetzten Steuern gezahlt.

Frau R hatte in der Vergangenheit für den Gaststättenbetrieb steuerliche Jahresabschlüsse eingereicht. Im Rahmen eines gegen sie eingeleiteten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erklärte sie, dass sie mit dem Kläger bereits 2004 vereinbart habe, für einen Stundenlohn von 9 € in der Vereinsgaststätte zu kellnern. Da bei der Hausdurchsuchung beim Kläger am 28. November 2011 einige Unterlagen (u.a. Aufzeichnungen über den Einkauf von Bier in 2005 und 2006; Gesamtübersicht der Einnahmen des Vereinsheims August bis Dezember 2007) vorgefunden wurden, die nach Ansicht der Steuerfahndung die Behauptungen der Frau R zu bestätigen schienen, ordnete der Beklagte mit Prüfungsanordnung vom 10. April 2013 gegenüber dem Kläger zu...

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