vorläufig nicht rechtskräftig
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderausgaben-Abzug für beschränkt Steuerpflichtigen
Leitsatz (redaktionell)
- § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG verstößt gegen Art. 63 AEUV und ist deshalb nicht europarechtskonform.
- Daher kann auch ein beschränkt Stpfl. SA geltend machen.
Normenkette
EStG § 50 Abs. 1 S. 4; AEUV Art. 63
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG europarechtskonform ist.
Der Kläger ist deutscher Staatsbürger. Er lebt in Belgien, wo er als Arbeitnehmer berufstätig ist. Einen Wohnsitz in Deutschland unterhält der Kläger nicht; vielmehr ist der Kläger in Deutschland lediglich mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beschränkt steuerpflichtig.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 2. Dezember 2002 übertrug die verwitwete Mutter des Klägers im Wege der vorweggenommenen Erbfolge dem Bruder des Klägers, H.S., das Grundstück H., P-Straße 28. Gemäß Ziffer II. des Vertrages übertrug H.S. zum Ausgleich dafür, dass er das Grundstück P-Straße 28 zu Alleineigentum erhält, die ideelle Hälfte dreier Grundstücke in O. auf den Kläger. Bereits mit Vertrag vom 27. April 1992 hatte der Kläger von seinen Eltern das Grundstück H., W-platz 7 erworben. Das Grundstück war mit einem Nießbrauchsrecht zugunsten der Eltern belastet.
Gemäß III. § 1 des Vertrages vom 2. Dezember 2002 vereinbarten die Mutter des Klägers, der Kläger sowie sein Bruder, die in verschiedenen Grundbüchern zugunsten der Mutter eingetragenen Nießbrauchsrechte in eine lebenslängliche Geldrente umzuwandeln. Dabei verpflichteten sich der Kläger und sein Bruder, an ihre Mutter zu deren Versorgung eine lebenslängliche Geldrente von monatlich jeweils 1.000,- € zu zahlen. Die Rentenzahlung ist erstmals mit Wirkung auf den 1. Dezember 2002 zu leisten.
Der Kläger erzielt mit dem Grundstück W-platz 7 Vermietungseinkünfte. Gleiches gilt für die Grundstücksgemeinschaft H. und U.S. hinsichtlich der Grundstücke O.. In seiner Einkommensteuererklärung 2002 für die in Deutschland beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung machte der Kläger die an die Mutter geleisteten Rentenzahlungen als Sonderausgaben geltend, wobei der Kläger versehentlich an Stelle der tatsächlich in 2002 gezahlten 1.000,- € einen Betrag in Höhe von 2.000,- € in Ansatz brachte.
Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid 2002 vom 30. September 2004 die Sonderausgaben unter Hinweis auf § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG nicht. Der Bescheid wurde am 4. August 2005 nochmals aus für dieses Verfahren nicht erheblichen Gründen geändert.
Der gegen die Nichtberücksichtigung der Sonderausgaben gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Im anschließenden Klageverfahren vertritt der Kläger die Rechtsauffassung, dass § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG gegen Art. 43 EG-Vertrag verstoße, weil eine gebietsansässigen Steuerpflichtigen gewährte Steuervergünstigung gebietsfremden Steuerpflichtigen verwehrt werde.
Das Niedersächsische Finanzgericht hat mit Datum vom 14. Oktober 2009 ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet hinsichtlich der Frage, ob es Art. 56 EG-Vertrag bzw. Art. 12 EG-Vertrag widerspreche, wenn ein im Inland beschränkt steuerpflichtiger Angehöriger anders als ein unbeschränkt Steuerpflichtiger im Zusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehende Renten nicht als Sonderausgaben geltend machen könne und das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH gem. § 74 FGO ausgesetzt.
Mit Urteil vom 31. März 2011 hat der EuGH entschieden, dass Art. 63 AEUV dahingehend auszulegen ist, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats, die es einem gebietsansässigen Steuerpflichten erlaubt, die einem Elternteil, der ihm in diesem Staat belegene Immobilien übertragen hat, gezahlten Renten von Einkünften aus der Vermietung dieser Immobilien abzuziehen, gebietsfremden Steuerpflichtigen einen solchen Abzug jedoch nicht gewährt, entgegensteht, soweit die Verpflichtung zur Zahlung dieser Renten auf der Übertragung der Immobilien beruht. Hinsichtlich der Begründung der Entscheidung wird auf das Urteil des EuGH.
Der Kläger macht sich nach Beendigung der Aussetzung die Argumentation des EuGH zueigen und begehrt weiterhin den Abzug der Renten als Sonderausgabe.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid vom 30. September 2004 in Form des Änderungsbescheides vom 4. August 2005 und des Einspruchsbescheides vom 13. September 2010 dahingehend zu ändern, dass sich die Einkommensteuer 2002 dadurch ermäßigt, dass Sonderausgaben in Höhe von 1.000,- € zum Abzug zugelassen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, dass das Urteil des EuGH für die Entscheidung des Falles unerheblich sei. Der EuGH habe nicht entschieden, dass eine Regelung, die den Sonderausgabenabzug des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG beschränkt, grundsätzlich gegen das Unionsrecht verstoße. Das sei nur dann der Fall, wenn die Rente als A...