Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Vorfälligkeitsentschädigungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein zur Finanzierung eines vermieteten Grundstücks aufgenommenes Darlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung getilgt, das Grundstück jedoch weiterhin zur Vermietung genutzt, dann ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Vorfälligkeitsentschädigungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Die Kläger sind verheiratet. Sie wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erzielten sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus insgesamt fünf Vermietungsobjekten. Dazu gehörten die Objekte X1 und X2.
Für die im Jahr 2013 erfolgte Anschaffung der beiden Objekte wurden von den Klägern zwei Darlehen aufgenommen. Ein Darlehen über 200.000 EUR diente dabei der Finanzierung des Objektes X1 und ein weiteres Darlehen über 195.000 EUR der Finanzierung des Objektes X2. Eine den Klägern ebenfalls gehörende Immobilie Y wurde von der Bank als Zusatzsicherheit neben den finanzierten Objekten für die beiden Darlehen hingenommen. Die Immobilie Y wurde von den Klägern zunächst selbst bewohnt und diente ihnen anschließend zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Im Jahr 2020 veräußerten die Kläger die Immobilie Y. Im Zuge dieser Veräußerung lösten sie auch die beiden Darlehen für die Objekte X1 und X2 ab, denn die Bank war nicht bereit, den Wegfall des „Sicherungsobjektes Y“ hinzunehmen oder durch eine andere Sicherung zu ersetzen. Dafür fielen Vorfälligkeitsentschädigungen an; und zwar 4.337,53 EUR und 4.279,55 EUR sowie für jedes Darlehen 200 EUR Bearbeitungskosten, in Summe somit 9.017,08 EUR.
In ihrer Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger für die Objekte X1 und X2 unter Berücksichtigung der Vorfälligkeitsentschädigungen und Bearbeitungsgebühren Werbungskostenüberschüsse, wobei auf die Klägerin und den Kläger jeweils 50 % der Beträge entfielen.
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für 2020 mit Bescheid vom 10. Dezember 2021 fest. Hierbei wich er von den Angaben der Kläger in der Steuererklärung ab. Unter anderem berücksichtigte er die Vorfälligkeitsentschädigungen und Bearbeitungsgebühren nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2021 Einspruch ein. Neben einem inzwischen nicht mehr streitigen Punkt zur Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für ein weiteres Objekt richtete sich der Einspruch auch gegen die Nichtberücksichtigung der Vorfälligkeitsentschädigungen und Bearbeitungsgebühren.
Die Bank habe sich nicht damit einverstanden erklärt, die für die „X1 und X2-Darlehen“ als Sicherheit dienende Immobilie Y, die verkauft werden sollte, durch eine andere Sicherheit zu ersetzen. Deswegen hätten die Darlehen zurückgezahlt werden müssen. Sonst hätte das Objekt Y nicht veräußert werden können.
Der Beklagte gab dem Einspruch teilweise statt. Mit der Einspruchsentscheidung vom 3. August 2023 änderte er die Einkommensteuerfestsetzung teilweise. Darüber hinaus wies er den Einspruch hinsichtlich der Vorfälligkeitsentschädigungen als unbegründet zurück. Es fehle an einem wirtschaftlichen Zusammenhang der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen mit steuerbaren Einkünften. Zwar beruhten die Zahlungen auf den mit Blick auf die Finanzierung der Objekte X1 und X2 aufgenommenen Darlehen. Das maßgebliche auslösende Moment für den Anfall der Vorfälligkeitsentschädigungen sei jedoch nicht der seinerzeitige Abschluss der Darlehensverträge, sondern deren vorzeitige Ablösung. Dies sei durch den Entschluss zum Verkauf des Sicherungsobjektes in Y veranlasst. Die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen stehe daher in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung der Immobilie Y.
Mit ihrer Klage begehren die Kläger weiterhin die Berücksichtigung der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen und Bearbeitungsgebühren als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die Aufwendungen stünden ausschließlich mit der Finanzierung der Vermietungsobjekte X1 und X2 im Zusammenhang. Es sei lediglich ein Sicherungsobjekt für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dienenden Darlehen veräußert worden, nicht die finanzierten Vermietungsobjekte selbst. Die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung habe durch die Veräußerung des Objektes Y und die Ablösung der Darlehen nicht geendet.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 10. Dezember 2021 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 3. August 2023 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten in Höhe von 9.017 EUR...