Unentgeltliche Einräumung = Übergang der Einkünfteerzielung auf den Nießbraucher: Die unentgeltliche Einräumung (Zuwendung) eines Nießbrauchs an einer vermieteten Immobilie führt einkommensteuerlich zum Übergang der Einkünfteerzielung vom Eigentümer auf den Nießbraucher, dem nunmehr die Erträge aus dem Objekt zufließen.
Ertragsteuerlich kann dies dann durchaus Sinn machen, wenn
- der Eigentümer der Immobilie einer hohen Steuerbelastung unterliegt, aus dem Objekt positive Einkünfte erzielt und diese
- nun auf einen Abkömmling verlagern will, der einer deutlich niedrigeren Steuerbelastung unterliegt oder mangels anderer Einkünfte bislang keiner Steuerbelastung unterlegen hat.
Entgeltliche Einräumung = Behandlung wie Grundstücksvermietung des Eigentümers an den Nießbraucher: Ein entgeltlich eingeräumter Zuwendungsnießbrauch wird wie eine Grundstücksvermietung des Eigentümers an den Nießbraucher behandelt. Der Eigentümer erzielt in Form des für die Nießbrauchsbestellung gezahlten Entgelts Einkünfte aus VuV. Beachten Sie: Dabei kann das Entgelt, sofern der Nießbrauch über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren vereinbart wurde, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilt werden, für den die Vorauszahlung geleistet wird (§ 11 Abs. 1 S. 3 EStG).
Aufgrund der Einkunftserzielung kann der Eigentümer nun auch
- die Gebäudeabschreibung sowie
- die von ihm kraft vertraglicher oder gesetzlicher Verpflichtung übernommenen Auf-wendungen
als WK absetzen.
Soweit der Nießbraucher nun seinerseits kraft seines Nießbrauchsrechts Vermietungseinkünfte erzielt, kann er das gezahlte Entgelt für die Bestellung des Nießbrauchs als WK unter Beachtung der Regularien des § 11 Abs. 2 S. 3 EStG absetzen.
Im Einzelnen ist wie folgt zu verfahren:
- Wird das Nießbrauchsrecht für nicht mehr als fünf Jahre vereinbart, sind Einmalzahlungen sofort als WK abziehbar.
- Einmalzahlungen für ein Nießbrauchsrecht, dessen Laufzeit mehr als fünf Jahre beträgt, sind auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den sie geleistet werden.
- Bei Einräumung des Nießbrauchs auf die Lebenszeit des berechtigten oder einer anderen Person sind die Aufwendungen auf die mutmaßliche Lebenszeit dieser Person zu verteilen, sofern diese mehr als fünf Jahre beträgt.
1. Zeitlich befristeter Nießbrauch zugunsten minderjähriger Kinder an einem langfristig an eine elterliche GmbH vermieteten Grundstück (FG Berlin-Brandenburg v. 21.3.2022 – 16 K 4112/20)
In dem vom FG Berlin-Brandenburg entschiedenen Streitfall ging es um die steuerliche Anerkennung der Bestellung eines zeitlich befristeten Nießbrauchs an einem vermieteten Grundstück durch Eltern zugunsten ihrer bei Bestellung noch minderjährigen Söhne. Das Grundstück ist langfristig bis zur Beendigung des Nießbrauchs an eine von den Eltern beherrschte GmbH vermietet.
Hat der Nießbraucher tatsächlich die Stellung eines Vermieters? Bei einem zeitlich begrenzten Zuwendungsnießbrauch, den Eltern ihren Kindern bürgerlich-rechtlich wirksam an einem Grundstück bestellen, erzielt der Nießbraucher Einkünfte aus VuV, wenn er tatsächlich im Verhältnis zum Mieter die Stellung eines Vermieters hat.
Im Streitfall = Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO: Im Streitfall entschied das FG jedoch, dass es bei der Nießbrauchseinräumung in erster Linie um die Ausnutzung
- der Freibeträge der Söhne oder
- zumindest des Progressionsgefälles zwischen Eltern und Söhnen
ging. Würden die Mieteinnahmen bei den Eltern anfallen, wäre die Steuerbelastung höher als sie bei den Söhnen ist. Dies hält das FG für gestaltungsmissbräuchlich i.S.d. § 42 AO.
Grundstückseinsatz für betriebliche Zwecke ihrer GmbH: Auch der Umstand, dass die Eltern das Grundstück im Rechtssinne nicht für sich selbst benötigen, sondern für eine GmbH, die sie bei wirtschaftlicher Betrachtung aber kontrollieren, macht bei der Prüfung, ob Missbrauch i.S.d. § 42 AO vorliegt, keinen Unterschied. Entscheidend ist, dass die Eltern das Grundstück für die betrieblichen Zwecke ihrer GmbH brauchen und derjenige, der ein Grundstück selbst benötigt, es bei wirtschaftlich sinnvoller Verfahrensweise nicht unentgeltlich (zunächst) einem anderen überlässt. Dieser Kerngedanke war auch im Streitfall einschlägig.
Maßgeblich für die Nichtanerkennung des Nießbrauchs war für das FG, dass bei der Prüfung der jeweiligen Kriterien die von den Eltern beherrschte GmbH nicht wie eine fremde dritte Person mit von den Eltern unabhängiger Willensbildung angesehen werden kann. Entsprechend würde die zeitlich befristete Übertragung des zeitlich identisch unkündbaren Mietvertrages zwischen Eltern und GmbH auf die Kinder
- unwirtschaftlich,
- umständlich,
- gekünstelt und
- überflüssig erscheinen und
- sich lediglich als formale Maßnahme (zur Steuerersparnis) erweisen.
Beraterhinweis Im zwischenzeitlich anhängigen Revisionsverfahren (Az. des BFH: IX R 8/22) wird nun zu klären sein, ob bei der Prüfung der steuerlichen Anerkennung eines Zuwendungsnießbrauchs an minderjährige Kinder von Bedeutung ist, dass Mieter nicht die zuwendenden Eltern selbst sind bzw. nicht diese selbst das zugewendete Grundstück benöt...