Rz. 118
Der IV. Senat hat in seinem Urteil vom 23.11.1995 auch zu einer viel diskutierten Sonderbehandlung von Nutzungsüberlassungen zwischen Angehörigen Stellung genommen. In der Begründung heißt es lapidar: "Für die Ermittlung der Einkünfte von Ehegatten gelten keine Besonderheiten." Damit werden Überlegungen zunichte gemacht, die auf der Grundlage des Beschlusses des Großen Senats vom 26.10.1987 aus der Feststellung, eine mögliche Abzugsfähigkeit der im Rahmen der unentgeltlichen Überlassung der Nutzung durch Angehörige entstehenden und entstandenen Aufwendungen als sog. Drittaufwand müsse nicht erörtert werden, den Schluss zogen, dass Aufwendungen von fremden Dritten im Rahmen der Nutzungsüberlassung generell nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig seien, während die Frage der Anerkennung des Drittaufwands von Angehörigen explizit offengelassen werde.
Rz. 119
Fraglich ist, welche Besonderheiten im Verhältnis zwischen Angehörigen eine Sonderbehandlung rechtfertigen und welche Folgen eine Abzugsfähigkeit der Aufwendungen Angehöriger haben könnte. Von Relevanz ist diese Fragestellung insofern, als die unentgeltliche Nutzungsüberlassung unter Angehörigen von praktischer Bedeutung ist, hingegen unter fremden Dritten kein Anreiz zur unentgeltlichen Nutzungsüberlassung besteht. Eine objektorientierte Zuordnung von Aufwendungen Angehöriger bei gleichzeitiger subjektiver Zuordnung von Aufwendungen Dritter scheint dennoch nicht gerechtfertigt.
Rz. 120
Der erkennende IV. Senat hat in seinem Beschluss vom 9.7.1992 den Großen Senat zu einer Entscheidung hinsichtlich der Frage nach der Anerkennung des Drittaufwands im Fall der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung aufgefordert und folgende Feststellungen, die gegen eine Sonderbehandlung von Angehörigen sprechen sollen, getroffen:
- Der Grundsatz des § 12 Nr. 2 EStG, demzufolge Zuwendungen eines Angehörigen dessen Einkünfte nicht mindern dürfen, könne nicht in der Weise umgedreht werden, dass Zuwendungen eines Angehörigen beim Empfänger einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.
- Das EStG enthalte keinen Grundsatz, demzufolge Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Gebäudes bei irgendeinem Steuerpflichtigen zu steuerwirksamen AfA führen müssen.
- Die zivilrechtliche Rechtsfigur der "unbenannten Zuwendung" lasse sich hier nicht anwenden, da ja gerade die Annahme einer solchen zur Entstehung des Drittaufwandsproblems führe.
- Die Konstruktion, der Nutzende sei wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes, führe nicht zur AfA-Befugnis.
- Billigkeitserwägungen im Wege der Rechtsfortbildung führten ebenfalls nicht zum Abzug des Drittaufwands.
Letzteres wird insbesondere damit begründet, dass nach der Ablösung der Haushaltsbesteuerung vertragliche Vereinbarungen zwischen Ehegatten zugelassen werden, die unter bestimmten Voraussetzungen auch steuerlich anzuerkennen sind; wird eine solche Möglichkeit nicht in Anspruch genommen, sind die damit verbundenen Nachteile entsprechend zu tragen. Mit den zuvor dargestellten Vorgehensweisen bezüglich der Drittaufwandsproblematik bei nahen Angehörigen, insbesondere Ehegatten, schien dieser Sachverhalt immer noch diskussionswürdig, wie auch die bisherigen Beschlüsse des BFH zeigen. In diesen setzt sich der BFH nochmals mit dieser Thematik auseinander, wenngleich keine von der bisherigen Rechtsprechung abweichenden Ergebnisse festgehalten werden:
- Sog. Drittaufwand kann vom Steuerpflichtigen mangels Subjektsbezogenheit grundsätzlich nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden.
- Ist der Steuerpflichtige an den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes, das seinem Ehegatten gehört und in dem er ein Arbeitszimmer beruflich nutzt, beteiligt, kann er die auf das Arbeitszimmer entfallenden AfA und auch laufende Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen. Wichtig ist also die tatsächliche finanzielle Beteiligung des Steuerpflichtigen bei der Anschaffung oder Herstellung; die bloße Nutzung ist nicht ausreichend.