Rz. 140
Die Qualifikation der Einkünfte des Nießbrauchers richtet sich nach der Art des Unternehmens. Denkbar wären Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Arbeit, wobei bei freiberuflicher Tätigkeit der Nießbraucher selbst tätig werden muss, während er im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bzw. Gewerbebetrieb auch einen Angestellten mit der Unternehmensleitung betrauen kann. In jedem Fall ist der Nießbraucher Unternehmer.
Damit ist er nach § 22 Abs. 2 HGB auch anstelle des Eigentümers ins Handelsregister einzutragen.
Rz. 141
Für die Beurteilung der Stellung des Nießbrauchüberlassers ist angesichts der BFH-Rechtsprechung, die eine Gleichbehandlung von dinglichen und obligatorischen Nutzungsrechten vorsieht, eine analoge Anwendung der Grundsätze zur Betriebsverpachtung zweckmäßig.
Rz. 142
Ertragsteuerlich ergibt sich damit für den Nießbrauchbesteller ein Wahlrecht. Er kann sich für die Fortführung des Betriebsvermögens als Gewerbebetrieb entscheiden und erzielt damit weiterhin – ebenso wie der Verpächter – Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die allerdings nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Die Rückerstattungsverpflichtung für Gegenstände des Umlaufvermögens erfordert die Passivierung einer Rückstellung in der Bilanz des Nießbrauchers; spiegelbildlich dazu erfolgt die Aktivierung einer Rückgabeforderung beim Nießbrauchbesteller. Im Zeitpunkt der Nießbrauchbestellung orientiert sich die Bewertung der Rückerstattungsverpflichtung am betragsmäßigen Ansatz der betreffenden Gegenstände des Umlaufvermögens; in der Folgezeit muss ein solcher Zusammenhang jedoch nicht gegeben sein. Sind die zurückzugebenden Gegenstände nicht mehr vorhanden, ist die Wertersatzverpflichtung des Nießbrauchers mit den Wiederbeschaffungskosten anzusetzen.
Rz. 143
Da die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens weiterhin im Eigentum des Nießbrauchbestellers verbleiben, sind sie auch in dessen Bilanz auszuweisen; analog dazu sind die betrieblichen Verbindlichkeiten zu behandeln. Die vom Nießbraucher im Rahmen seiner Substanzerhaltungsverpflichtung neu angeschafften Anlagegüter aktiviert der Nutzungsüberlasser in seiner Bilanz; ihm stehen auch die Abschreibungen auf die Wirtschaftsgüter seines Vermögens zu, unabhängig davon, ob sie vor oder erst nach Nießbrauchbestellung angeschafft wurden. Die Substanzerhaltungs- bzw. Erneuerungsverpflichtung ist beim Nießbraucher durch eine erfolgswirksame Rückstellung, beim Nießbrauchbesteller durch eine Forderung zu berücksichtigen, die dann den Ersatzanschaffungen folgend aufzulösen ist. Die Bilanzierung erfolgt i. H. d. Teilwerts; erhöhen sich die Wiederbeschaffungskosten, so ist auch die Rückstellung entsprechend zu erhöhen.
Rz. 144
Darüber hinaus kann der Nießbrauchbesteller die Betriebsaufgabe erklären; infolge des Nießbrauchverhältnisses erzielt er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Ein eventuell entstehender Betriebsaufgabegewinn ist einkommensteuerpflichtig, unterliegt jedoch ggf. den Begünstigungen der §§ 16, 34 EStG. Für die übernommenen Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens entfällt auf Seiten des Nießbrauchbestellers die Bilanzierung einer Rückgabeforderung; die Passivierungspflicht einer entsprechenden Verpflichtung beim Nießbraucher bleibt hingegen unberührt. Wertänderungen können sich folglich beim Nutzungsüberlasser nur im Zuflusszeitpunkt auf der Grundlage des § 11 EStG auswirken; Gleiches gilt für Ersatzbeschaffungen von Gegenständen des Anlagevermögens im Rahmen der Substanzerhaltungs- und Erneuerungspflicht des Nießbrauchers; steuerbare Zuflüsse i. S. v. § 11 EStG auf Seiten des Nießbrauchbestellers entstehen mit dem Zeitpunkt der Anschaffung der Gegenstände durch den Nießbraucher und deren Übergang ins Eigentum des Nießbrauchbestellers.