Entscheidungsstichwort (Thema)
Privates und notarielles Nachlassverzeichnis
Leitsatz (amtlich)
Dem Klagantrag des Pflichtteilsberechtigten, den Erben zu verurteilen, Auskunft über den Bestand des realen und fiktiven Nachlasses durch ein privates Nachlassverzeichnis zu erteilen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Pflichtteilsberechtigte bereits verurteilt ist, diese Auskunft durch ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erteilen. Dem Privatverzeichnis kommt im Verhältnis zum notariellen Nachlassverzeichnis keine höhere Richtigkeitsgewähr zu.
Normenkette
BGB § 2314
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 13.09.2021; Aktenzeichen 12 O 156/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13. September 2021 verkündete Teilurteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 3.750,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin verlangt Auskunft über den Nachlassbestand und über ausgleichungspflichtige Schenkungen durch privatschriftliche Erklärung, nachdem der Beklagte schon zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt worden ist.
Die am 12. Februar 2018 verstorbene Erblasserin M. S., die Mutter der Parteien, ist allein vom Beklagten beerbt worden, der der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 4. September 2018 (Bl. 1 und 2 Anlagenband Beklagter.) ein nicht unterzeichnetes "Nachlassverzeichnis" übersandt hat, in dem er auf weiteres vorhandenes Vermögen verwiesen hat, das durch den Bruder der Parteien Prof. Dr. H. S., in Besitz genommen und verwaltet werde, sowie auf einen oder zwei notarielle Übertragungsverträge vom 21. Februar 2014. Das Nachlassverzeichnis endet mit der Erklärung:
"Im Übrigen keine weiteren Zuwendungen."
Mit Stufenklage vom 13. August 2018 hat die Klägerin den Beklagten auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses und ausgleichungspflichtige Vorschenkungen in Anspruch genommen. Für die weiteren Stufen hat sie Antrag auf eidesstattliche Vollständigkeitsversicherung und Pflichtteilszahlung angekündigt.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien hat das Landgericht mit Beschluss vom 20. November 2018 das Ruhen des Verfahrens angeordnet (Bl. 30 d. A.).
Mit Schriftsatz vom 5. Februar 2021 hat die Klägerin das Verfahren aufgenommen und die Klage um den "ergänzenden" Antrag "erweitert", den Beklagten zu verurteilen, Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen.
Auf Anerkenntnis des Beklagten vom 19. Februar 2021 mit der Erklärung, den Notar schon am 23. August 2019 mit der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragt zu haben, hat das Landgericht den Beklagten mit Teilanerkenntnisurteil vom 9. März 2021 (Bl. 61 d. A.) verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin zum Zeitpunkt des Todes durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen.
Nach Hinweis des Landgerichts vom 12. April 2021 (Bl. 73 d. A.), den Auskunftsanträgen zu a) und b) aus der Klageschrift dürfte wegen des Teilanerkenntnisurteils das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, hat die Klägerin den Klagantrag zu a) für erledigt erklärt (Bl. 86 d. A.) und an dem Antrag zu b) festgehalten (Bl. 93 f. d. A.).
Mit Teilurteil im schriftlichen Verfahren vom 13. September 2021 hat das Landgericht die Anträge zu 1. a) und b) aus der Klageschrift vom 13. August 2018 abgewiesen.
Gegen dieses Urteil, auf das der Senat zu näheren Sachdarstellung verweist, wendet die Klägerin sich mit ihrer Berufung und beantragt,
unter Abänderung des Teilurteils vom 13. September 2021 den Beklagten zu verurteilen,
a) der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines geordneten Bestandsverzeichnisses, in dem sämtliche Aktiva und Passiva des Nachlasses sowie die wertbildenden Faktoren der einzelnen Nachlassgegenstände dargestellt sind,
b) Auskunft über ausgleichungspflichtige Vorschenkungen der Erblasserin an den Beklagten oder an Dritte zu erteilen bei Bekanntgabe des Schenkungsgegenstandes und dem Wert der Schenkung.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B. Die Berufung ist unbegründet.
I. Den Klageanträgen zu a) und b) fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin über den Vollstreckungstitel aus dem Teilanerkenntnisurteil vom 9. März 2021 verfügt und damit ihren geltend gemachten Auskunftsanspruch aus § 2314 Abs. 1 BGB in vollem Umfang durchsetzen kann. Daneben kann ein "Privatverzeichnis" wegen der "Rechtsmissbräuchlichkeit" dieses Zweitverlangens nicht mehr gefordert werden (vgl. Urteil des BGH vom 2. November 1960 zu V ZR 124/59, zitiert n...