Entscheidungsstichwort (Thema)
Raumsicherungsübertragung als Grundlage eines Absonderungsrechts
Leitsatz (amtlich)
1. Die Sicherungsübereignung einer Sachgesamtheit im Rahmen einer Raumsicherungsübertragung (Sicherungsübereignung von in bestimmten Räumlichkeiten befindlichen Sachen) erfordert die hinreichend bestimmte Kennzeichnung der hiervon erfassten Gegenstände aufgrund derer jeder, der die zugrunde liegende Sicherungsabrede kennt, die übereigneten Sachen von anderen unterscheiden kann.
2. Diesen Erfordernissen ist nicht genügt, wenn eine Zuordnung von Sachen als Sicherungsgut weder in räumlicher noch in funktionaler Hinsicht möglich ist und auch das Eigentum Dritter an Sachen, die sich im Sicherungsraum befinden, nicht erkennbar ist.
Normenkette
InsO §§ 49-50
Tenor
I. Dem Kläger wird zur Rechtsverteidigung gegen die Berufung ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B bewilligt.
II. Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
III. Die Beklagte erhält Gelegenheit, hierzu innerhalb einer Frist von 3 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen und sich (aus Kostengründen) zu einer etwaigen Berufungsrücknahme zu erklären.
Gründe
Die Berufung der Beklagten hat nach dem gegebenen Sachstand offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Da die zugrunde liegende Rechtssache keine grundlegende Bedeutung hat und eine Entscheidung durch Urteil auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, soll über das Rechtsmittel durch Beschluss entschieden werden.
Das LG hat der Klage mit Recht stattgegeben. Der Beklagten steht kein insolvenzrechtliches Absonderungsrecht zu. Ein solches Recht lässt sich nicht aus der Raumsicherungsübertragung vom 6.11.2001 herleiten, weil diese Sicherungsvereinbarung mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam ist.
Die Sicherungsübereignung einer Sachgesamtheit wird zwar für möglich erachtet, um den Bedürfnissen der Wirtschaft Rechnung zu tragen, doch müssen die jeweils erfassten Gegenstände hinreichend gekennzeichnet sein, damit jeder, der die zugrunde liegende Parteivereinbarung kennt, die übereigneten Sachen von anderen unterscheiden kann (vgl. BGH, Urt. v. 12.2.1992 - XII ZR 7/91 - juris; BGH, Urt. v. 13.1.1992 - II ZR 11/91 - m.w.N.). Ergänzend können die Grundsätze zur sicherheitshalber erfolgenden Verpfändung von Sachgesamtheiten herangezogen werden, die in gleicher Weise dem Bestimmtheitsgebot unterliegen. Der BGH hat hierzu unter ausdrücklichem Hinweis auf die Parallelität der Rechtsinstitute von Verpfändung und Sicherungsübereignung entschieden, dass die Verpfändung von Beständen an Material, unfertigen Erzeugnissen, Fertigerzeugnissen und Handelswaren unwirksam ist, wenn ein außenstehender Dritter, der allein die zugrunde liegende Sicherungsabrede kennt, nicht in der Lage ist, ohne zusätzliche Unterlagen wie Warenbücher oder Rechnungen den Umfang der verpfändeten Sachen eindeutig zu identifizieren (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.1997 - IX ZR 341/95 -juris; BGHZ 21, 52, 56; 28, 17; BGH, Urt. v. 20.3.1986 - IX ZR 88/85, NJW 1986, 1985; v. 12.10.1989 - IX ZR 245/88, WM 1989, 1904).
Diese Grundsätze stehen vorliegend der Annahme hinreichender Bestimmtheit entgegen. Dem LG ist darin zu folgen, dass eine Zuordnung des Sicherungsguts weder in räumlicher noch in funktionaler Hinsicht möglich war. Das Anlagevermögen der Schuldnerin war vom Sicherungsvertrag nicht - mangels entsprechender Bestimmtheit jedenfalls nicht wirksam - erfasst. Dieses Vermögen überschnitt sich aber nach den unstreitigen Gegebenheiten in Gestalt der betrieblichen Gerätschaften notwendig mit dem Sicherungsgut, denn die Schuldnerin befasste sich mit dem Vertrieb von Hard- und Software sowie mit EDV-Dienstleistungen. EDV- Geräte benötigte sie daher auch im Rahmen ihrer eigenen Geschäftstätigkeit. Nach welchen konkreten Kriterien diesbezüglich eine Abgrenzung möglich gewesen sein soll, erschließt sich auch unter Zugrundelegung der Berufungsbegründung nicht.
Eine klare Zuordnung war aber auch in eigentumsrechtlicher Hinsicht nicht gewährleistet. Der Sicherungsvertrag sah vor, dass die einzubringenden Sachen entweder im Eigentum der Schuldnerin stehen oder zumindest mit der Anwartschaft des Eigentumserwerbs (bei Eigentumsvorbehalt zugunsten von Lieferanten) ausgestattet sein mussten (vgl. Ziff. 3 der Vereinbarung). Auch insoweit bestehen durchgreifende Bestimmtheitsbedenken, da zum Geschäftsbereich der Schuldnerin EDV-Dienstleistungen gehörten, die nach allgemeinem Verständnis Wartungs- und Reparaturarbeiten einschließen. Dafür, dass dem tatsächlich so war, spricht auch, dass die Anlagen zum Sicherungsvertrag - soweit sie überhaupt eine eindeutige räumliche Zuordnung erlauben - mehrere Bereiche erfassen, die als "Rep.-Comp. 1 und 2, Rep.-Kopierer". gekennzeichnet sind und damit ersichtlich Räume betreffen, in denen Reparaturen erfolgten. Dann war es aber unumg...